Der Haushaltsführende
Vor einer Woche hat sich der Deutsche Hausfrauenbund umbenannt und teilt dazu mit:
Nach über 90 Jahren orientiert sich der Deutsche Hausfrauen-Bund (DHB) neu. Seit dem 23.9.2009 heißt der Verband nun »DHB – Netzwerk Haushalt, Berufsverband der Haushaltsführenden e.V.«.
Die Begründung ist geradezu klassisch:
Die veränderten Familienstrukturen, die stärkere Einbindung der Väter in die Kindererziehung und die Hausarbeit waren ein Anlass zur Namensänderung. Frauen und Männer empfinden sich als Haushaltsführende, der Begriff Hausfrau ist geschlechtsspezifisch. Der DHB verzeichnet jedoch seit Jahren eine steigende Zahl von männlichen Mitgliedern. (meine Hervorhebungen)
Mit anderen Worten: Die paar Männer finden es genierlich, Mitglieder des Hausfrauenbundes zu sein. Ich selbst bin Mitglied des Berufsverbands “Women in German” (Studierende und Lehrende des Fachs Germanistik), dem auch etliche Männer angehören. So viel ich weiß, sind sie als echte Feministen stolz auf diese Bezeichnung, sehen sich sozusagen als “Frauen ehrenhalber”.
“Hausfrau” ist nett und kurz und knapp - etwas, was die feministische Sprachkritik ja angeblich zu untergraben sucht mit ihren dämlichen Doppelformen à la Bürgerinnen und Bürger oder ihren komischen geschlechtsneutralen Partizipien à la Studierende statt Studenten.
Nun aber bekommen wir statt der handlichen Hausfrau das Wortungetüm Haushaltsführende/r aufgebrummt. Es ist mit 18 Buchstaben fast doppelt so lang wie Hausfrau und mit der kaum aussprechbaren Konsonantenfolge l-t-s-f ein extra fieser Zungenbrecher.
“Berufsverband der Haushaltsführenden” besteht aus zehn Silben und hat 37 Buchstaben. "Hausfrauenbund" hat 4 Silben und besteht aus 16 Buchstaben.
Und das alles nur, weil die paar Hausmänner die Bezeichnung Hausfrau nicht vertragen? Und schon wird der altehrwürdige Verband weich in den Knien und gibt nach?
Die Frauenbewegung hat die Bezeichnung Hausmann als männliches Pendant für Hausfrau durchgesetzt. Nach den bewährten Beispielen
Ehemann - Ehefrau - Eheleute Fachmann - Fachfrau - Fachleute Geschäftsmann - Geschäftsfrau - Geschäftsleute Gewährsmann - Gewährsfrau - Gewährsleute Kaufmann - Kauffrau - Kaufleute Obmann - Obfrau - Obleute Ombudsmann - Ombudsfrau - Ombudsleute Putzmann - Putzfrau - Putzleute Vertrauensmann - Vertrauensfrau - Vertrauensleute
hätte also als zweitbeste Lösung des Scheinproblems die Bezeichnung Hausleute nahegelegen: Deutscher Hausleutebund. Klar und knapp, noch knapper als Hausfrauenbund. Die eleganteste Lösung wäre natürlich die Null-Lösung, Beibehaltung des traditionsreichen Namens, wobei die paar Hausmänner sich herzlich mitgemeint fühlen dürfen - so wie sonst immer wir Frauen.
Wir haben keinen Einblick in den Prozess der Namensfindung im Deutschen Hausfrauenbund. Ich denke mir, es war so:
Zum einen gibt es maulende Männer, die sich in der Bezeichnung “Hausfrau” nicht wiederfinden wollen - während wir Frauen bis heute eine kaufmännische Ausbildung machen müssen, Bauherren und Patentanten sind und alle möglichen Patronate und Schirmherrschaften übernehmen.
Zum andern die Klage der Frauen über den niedrigen bis überhaupt fragwürdigen Status ihres “Berufs”, dem alle Charakteristika eines Berufs fehlen, vom Gehalt über geregelte Arbeits- und Urlaubszeiten bis hin zu Kranken- und Rentenversicherung. Statt nun den undankbaren “Beruf” endlich abzuschaffen, wird Wortkosmetik betrieben wie damals bei der Putzfrau, die erst zur Raumpflegerin wurde und dann - weitgehend unter männlicher Regie - zur Gebäudereinigerin, die ein kostspieliges Produkt herstellt, nämlich Sauberkeit. Das sind dann aber schon überwiegend Männer, zu deren guter Bezahlung eine Bezeichnung wie Putze oder Putzerich einfach nicht passt. Denn männliche Beteiligung bringt einem Beruf Würde und Status und verlangt nach einer entsprechenden würdevollen Bezeichnung.
Eben so etwas wie Haushaltsführende/r. Kann gar nicht lang und getragen genug sein. Haushaltsführender ist mit 18 Buchstaben schon fast so lang und silbenreich wie Obersturmbannführer.
••••••••••••••••••
Noch mehr zum Thema in meiner (langen) Glosse "Hausfrau und Haustier: Das Sprachbild der Haus- und Familienarbeit", abgedruckt in Die Eier des Staatsoberhaupts und andere Glossen. Wallstein Verlag Göttingen 2008. S. 66-72.
[Dank an Anne Beck für den Hinweis auf den neuen Namen des Hausfrauenbunds.]
Kommentieren für diesen Channel-Eintrag nicht möglich
9 Kommentare
Nächster Eintrag: Santa Claus und die Heilige Nikolaus
Vorheriger Eintrag: Weibliche und ältere Zielgruppen
30.11.2009 um 08:43 Uhr Dana
Der Verband »DHB – Netzwerk Haushalt, Berufsverband der Haushaltsführenden e.V.«
vermittelt mir im ersten Moment das Gefühl, als wenn der Haushalt seit neuestem Männersache wäre… sehr irreführend. Bestimmt sitzen die paar Männer auch bald in DER Vorstandschaft und sagen den Frauen, wo es lang geht… Das Wort Toleranz treibt seit Jahren die seltsamsten Blüten…