Die Göttin geht, Godus kommt
In den letzten Tagen bekam ich zwei Mails mit göttlicher Thematik. Die erste lud mich ein, Gott zu spielen, die zweite forderte mich auf, die Göttin zu retten. Die Göttin soll nämlich abgeschafft werden, bzw. sie wurde bereits abmontiert: Da gab es seit fünf Jahren ein schönes Schild an der Autobahn ins Land Tirol mit der Aufschrift „Grüß Göttin“. Dies Schild wurde kürzlich entfernt, deshalb läuft eine Petition mit dem Ziel, die Göttin wieder auf ihren angestammten Platz zu schaffen. Ich habe eben die Petition unterschrieben. (1)
Die andere göttliche Botschaft kam von iTunes' App Store. Ich fand darin das nebenstehende Bild:
Godus?? Ist „God“ nicht schon männlich genug? Ich klickte mich durch zur Beschreibung des Godus-Spiels und erlebte mein blaues Wunder:
Beschreibung DU stehst kurz davor, GOTT zu SPIELEN und über eine lebendige, atmende Welt zu herrschen. Das ist so EINFACH, wie es ATEMBERAUBEND ist. Fühle wahre Macht in der schönsten, charmantesten und greifbarsten Welt, die du je in den Händen gehalten hast. • Mit deinen Berührungen kannst du jeden Zentimeter der Landschaft formen und gestalten und sie so zu deinem einzigartigen Werk machen. • Werde geliebt und verehrt von winzigen und ergebenen Anhängern. Sieh zu, wie sie in einer vollständig simulierten Welt leben, lernen und wachsen. • Wirke Wunder voller Schönheit und Zerstörung: Forme Flüsse und lass Wälder wachsen oder wirf Meteore und lass Brände wüten.
Will ich vielleicht über eine lebendige Welt herrschen? Eigentlich nicht. Will ich von winzigen und ergebenen Anhängern geliebt werden? Iwo. Will ich Wunder voller Zerstörung wirken, Meteore werfen und Brände wüten lassen? Auf keinen Fall!
Also diese Anleitung zum Größenwahnsinn ist nichts für mich. Ich will höchstens besser klavierspielen können. Wir haben die Zeit des magischen Denkens (2-5. Lebensjahr) überwunden, sind mit Mühe erwachsen geworden, und nun dies?
Die armen Zurückgebliebenen, die mit „Godus“ Gott spielen wollen, werden bald unsanft darauf gestoßen werden, wer wirklich das Sagen hat. Die Macher von „Godus“ verbreiten das Spiel gratis, aber nur, um süchtige Spieler heranzuzüchten: ihre eigenen „winzigen und ergebenen Anhänger“. Nach etwa 5 Spielstunden verlangsamt sich das Spiel unerträglich, und um weiterspielen zu können, müssen die „winzigen Anhänger“ immer mehr In-App-Käufe von virtuellen Edelsteinen tätigen, für die allerdings sehr substantielle Summen verlangt werden.
„Allmächtige!“ möchte frau zornig ausrufen, „Gewähre den Jungs ein wenig weibliche Vernunft!“
------- (1) Nachtrag am 12.9.2014: Die Göttin darf noch eine Weile bleiben. Unser Protest hat gewirkt.
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6 Kommentare
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06.09.2014 um 16:39 Uhr Amy
Es gibt in der Schwyz Begriffe für Götti (männlich) und Gotte (weiblich), ein Ehrenamt für Menschen mit langem Atem, der Pate und die Patin. Götti-Bub , männliches Patenkind des Götti und/oder der Gotte. Schrecklich, dass es jetzt auch noch eine `Godus-App` gibt, eine Götter-Simulation, und zwar nicht die erste : In God Games können generell die Gamer Gott spielen mit mehr Waffen, neuen Tötungsarten, Erdbeben, Vulkanausbrüche als Waffen. Krawallgespinste sind wohl aus Männerköpfen nicht hinauszudenken? http://www.blogwiese.ch/archives/147
31.08.2014 um 17:25 Uhr Sabine
Godus: dann schon lieber toys r us
und gotte und göttine endgültig in die buchstabenwiederverwertungstonne…
(und meine kl. alte frage ist immer noch nicht beantwortet!)
26.08.2014 um 13:39 Uhr Amy
Die fadenscheinigen Gründe, warum die Göttin weichen musste, sind u.a. Angst vor `Vandalismus und Verkehrsunfällen`. Andere jammerten: die Begrüßungsformel sei Unsinn, schade dem Land und mache uns lächerlich. Gruß Göttin sei keine Tiroler Grußform (FP-Landtagsklub- ObMann Hauser) .
“Grüß Göttin” sei sehr wohl ein Tiroler Gruß - schon der Wortursprung verweist auf die Verehrung des Weiblichen: Tirol leitet Beiler von “Terriolis” ab - der Begriff setzt sich nämlich aus “Terra” (Erde) und “Oli” (Göttin) zusammen - die Erde der Göttin. Die Oli ist die Ali, Ala, Ana - unsere Ahnin. Die Flüsse Inn-Anna, Rosanna, Trisanna ebenso. Hinzu kommen zahlreiche Tiroler Namen, die mit “Maria”, der Mutter Gottes, verbunden sind - für Beiler ein weiterer Hinweis auf die Allgegenwart des Weiblichen in Tirol. Die Zirler Vizebürgermeisterin und Kulturreferentin Johanna Stieger (Zirl Aktiv) bezeichnet Beilers Projekt als eine “reizvolle Geschichte”.
Es gibt in Gottes Namen nichts, was es nicht wirklich gibt. Die FPÖ in Österreich beantragte damals (2008) im Landtag die Entfernung des Schildes. Probleme mit der Aufstellung gibt es nun auch weiter westwärts: ” Dass die weibliche Form der Tiroler Grußformel auch an anderen Orten für Probleme sorgen kann, erfährt Ursula Beiler im Moment weiter westwärts. Schon seit 2012 bemüht sie sich um eine Wiederauflage des Kunstprojektes in einem Steinbruch in Zirl, der ebenfalls von der Autobahn eingesehen werden kann. Die Genehmigungen von Gemeinde und Pächter liegen längst vor. Doch auf die Antwort der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck-Land wartet Beiler nun schon über ein Jahr.” (lt. Presse)
Na, wen wundert`s , wenn die Entscheidung letztlich bei der BezirkshauptMannschaft liegt. Auch in den Bundesländern Niederösterreich , Kärnten , Tirol und Vorarlberg ist im Rechtsinformationssystem der Republik Österreich immer noch keine landesgesetzliche Verankerung der weiblichen Funktionsbezeichnung (Bezirkshauptfrau) registriert.
http://www.salto.bz/article/14082014/gruess-goettin
25.08.2014 um 19:30 Uhr anne
zu der film-staffel GoT , in die ich aus interesse mal reingeschaut habe, lässt sich noch anmerken, nicht nur extreme brutale gewalt zur unterhaltung bestimmt das spektakel, auch die sprache `spricht` für sich. äußerst mies wie frauen durch worte wie f…n und f…e herabgewürdigt werden, die sich gebetsmühlenartig wiederholen. sex, gewalt, auch durch sprache, ist das neue konzept , das nicht aufklärt sondern die tatsachen verharmlost , da die gier nach entsprechender unterhaltung größer ist.
ja und es gibt ein göttinnenspiel von Luisa Franca, nicht zu vergleichen mit dem Godus-spiel, denn es hat eine andere qualität.
Aus dem Vorwort des Begleitbuches:
Goettinnen sind die Wesen, die vor allen anderen da waren. so wie Frauen alle geboren haben, die auf dieser Erde leben, haben Goettinnen die Pfade und Kraefte in die Welt gebracht, die uns leiten.
Die Goettinnenkraft lebt in vielen Facetten in den Menschen und will sich manifestieren.
Das Goettinnenspiel bringt diese Kraft ins Bewusstsein und ermoeglicht ein spielerisches Darstellen und Ausprobieren.
Die von mir ausgewaehlten und gemalten Goettinnen gehoeren zu den unterschiedlichsten Kulturkreisen der Erde und illustrieren alle Kraefte, die im menschlichen Leben auftreten und wichtig sind. Von der schoeperischen Energie ueber die Bewaeltigung von Krisen bis zu Liebe und Tod sinde alle Facetten des Lebens vertreten.
Das Goettinnenspiel ist ein Orakelspiel, das allein oder mit anderen wie ein Tarotspiel oder das chinesische I GING befragt werden kann.
Ich habe 40 goettinnen aus vielen Laendern dargestellt und habe nicht so sehr die bekanntesten, sondern eher interessante unbekannte Goettinnen ausgewaehlt, die alle Facetten der lebendigen Kraft darstellen.
Aus der Einfuehrung:
Im folgenden stelle ich jede Goettin in ihrem Kulturkreis vor, beschreibe die Bedeutung der Karte und schliesslich auch, was es bedeutet, wenn diese Goettin im eigenen Leben auftaucht und welche Kraft sie mitbringt….
danke an LFP für die hinweise!
http://lillemorsfrauenliteratur.blogspot.de/2012/08/lesung-mit-spiel-das-gottinnenspiel-mit.html
25.08.2014 um 14:21 Uhr Amy
Gruselig und wie in der Realität; mit Feuer und Schwert darf nun jedeR in Gottes Namen spielerisch die Spur von Verwüstung gestalten und hinterlassen. Es ist bedrückend und nicht mehr nachvollziehbar, was sich die Computer-Götter ausdenken, um das nach visuellen Gewalthandlungen darbende und zumeist männliche Volk zu motivieren. In Gottes Namen wurden und werden heute noch die schlimmsten Verbrechen an der Menschheit begangen. Das Maskuline in seiner übelsten Form findet auch in der Computerspiel-Branche seine AnhängER . Es gibt Spiele, da darf mann Frauen vergewaltigen. Rape Play bietet virtuelle sexuelle Belästigung und Vergewaltigung.
Ach, ich möchte einmal Göttin spielen können und mit weiblicher Vernunft diesem göttlichen Gemetzel auch in den Medien ein Ende bereiten. Es gab einen riesigen Aufschrei seitens der Gottesgläubigen als frau den Gruss an die Göttin wagte. Als eine Provokation verschrien, dabei wollte die Künstlerin zur `Aktion im öffentlichen Raum` nur die weibliche Identität sichtbar machen.
N.B. Auf die Menschheit losgelassen werden Filme wie Game of Thrones ; dort wird massakriert, vergewaltigt, Gewalt mit Lust produziert bis hin zur Abstumpfung. Für mich gehören die Initiatoren samt Autor in die Psychiatrie. Wobei der US-Autor meint und sich damit herausredet, er fühle sich berufen, die Geschichte der menschlichen Natur wahrheitsgemäß wiederzugeben. Die menschliche Natur ? sicher meinte er die männliche Natur, denn mit der Entstehung des Patriarchats wurde und wird uns Gott als männlich vorgeführt. Wie sähe die Welt aus, wäre Adam aus Evas Rippe geformt, wobei ja jedes Lebewesen von einem weiblichen Menschen geboren wird. Zitat: ” Ursprünglich, d.h. in der Epoche der Naturunterworfenheit und der beginnenden Erhebung des Menschen aus der Natur war die Wortbedeutung für Mensch gleich Mann (mhd “man”: Mensch; Krieger, Mann)” http://www.astrolantis.de/mystik-blog-Lilith.php
25.08.2014 um 11:18 Uhr Lena Vandrey
Das Godus-Spiel hat wohl als Sinn, junge Leute noch aggressiver zu machen. Jeden Tag erleben wir Zerstörungen, Katastrophen, Überschwemmungen und Brände, Vergewaltigungen, Mord und Totschlag. Aber das scheint nicht zu genügen! Was können wir diesem “Spiel” entgegensetzen? Die Nachrichten im Fernsehen!! Schau sie dir an, deine Welt!! Da ist es doch, dein Spiel!!
In Frankreich dauern die Nachrichten insgesamt zwei Stunden, deshalb sitzen die SprecherInnen auch und haben es gemütlich. Aber die Bilder!
Ein perverses und zynisches Elends-System krallt sich die Gehirne und zeigt uns jeden Abend neues Entsetzen. In diesem Sinne ist der Titel Godus ganz richtig. Könnte man den Schund nicht verbieten? Ach je! Ich fürchte, er landet üppigst auf dem Weihnachtsgabentisch!
Gute Miene zum bösen Spiel, heißt das!