Faire Mütter, fiese Väter
Mütter und Väter sind dieser Tage wieder das Top-Thema - Mütter wegen dem Muttertagsgeschäft, Väter wegen ihrer sexuellen Geschäftigkeit:
Pater/Bischof Mixa wurde beschuldigt, minderjährige Schutzbefohlene nicht nur geschlagen, sondern auch sexuell "missbraucht" zu haben, und sein Chef, der Heilige Vater, hat ihn endlich abgesägt.
Vater Klaus Rainer Röhl, in den 60er Jahren mit Ulrike Meinhof verheiratet und Vater ihrer Zwillinge Bettina und Regine Röhl, wird von Anja Röhl, seiner Tochter aus erster Ehe, in einem ausführlichen Stern-Artikel beschuldigt, sie jahrelang sexuell belästigt zu haben. (Der Artikel ist jetzt online, auf Anja Röhls Webseite; außerdem hat sie dort kurz vorher noch einen theoretischen Artikel zum sexuellen Machtmissbrauch veröffentlicht.)
Vater Röhl bestreitet das als “absurd”: “Da war nichts.” Die beigefügten Belege aus seinem Sex-Blatt Konkret sprechen allerdings deutlich eine ganz andere Sprache.
Pater Mixa hat seine Vergehen auch lange bestritten. Insofern liegt die Vermutung nahe, dass der alte Vater Röhl dieser bewährten Taktik folgt. Beweisen lässt sich die Untat nach 42 Jahren nicht mehr - die Väter sind fein raus. Zumal die Opfer auch meist schweigen, weil sie sich an den Verbrechen, die gegen sie begangen werden, typischerweise mitschuldig fühlen: “Irgendetwas muss an mir schlecht sein, sonst würde Papa mich doch nicht so behandeln.”
Soweit die Väter, nun zu den Müttern.
Es muss am Muttertag doch einmal lobend hervorgehoben werden: Von sexuellen Übergriffen der Mütter gegen ihre Kinder hören wir kaum etwas. Dabei wird doch immer erzählt, die Täter seien zu 30-50 Prozent selber Opfer sexuellen Machtmißbrauchs. Was schützt die überwiegend weiblichen Opfer davor, sich ihrerseits in Sexualmonster zu verwandeln?? Diese Fragen werden nicht einmal gestellt.
Was immer man Ulrike Meinhof vorwerfen mag - sexuell belästigt oder vergewaltigt hat sie weder ihre Töchter noch ihre Stieftochter Anja. Im Gegenteil: Laut Jutta Ditfurth tat “Rabenmutter” Ulrike Meinhof alles, was sie unter den gegebenen Umständen vermochte, um ihre Zwillingsmädchen vor dem Vater in Sicherheit zu bringen. Aber er bekam das Sorgerecht.
Ein arte Themenabend beschäftigte sich vor kurzem ausführlich mit dem Thema des sexuellen Machtmissbrauchs. Vier Frauen und ein Mann - das entspricht etwa der Verteilung der Opfer auf die Geschlechter, jedes fünfte Missbrauchs-Opfer ein Junge - erzählten erschütternde Geschichten von Ängsten und Qualen, die sie als Kinder über Jahre durch männliche Verwandte, meistens Väter, erlitten.
Die Täter wurden in folgende Gruppen eingeteilt: • unreife Neurotiker (80%) • perverse Intellektuelle (15%) - dazu wäre dann wohl Klaus Rainer Röhl zu rechnen. Selbst wenn er nicht getan hat, was seine Tochter ihm vorwirft (aber warum sollte sie das erfinden?) hat er doch durch seine pädophilen Pornozeitschriften bewiesen, dass er diese Bezeichnung verdient. Auch die Missbrauchs-Priester wie Mixa gehören wohl in diese Gruppe. • sadistische Ausbeuter (5% - wie Fritzl aus Amstetten)
Am meisten enttäuscht zeigten sich die Opfer nicht von ihren Peinigern, sondern von ihren Müttern, die den Tätern über Jahre nicht das Handwerk legten.
Eigentlich ist das doch widersinnig. Unser Strafrecht urteilt anders: Der Täter wird natürlich härter bestraft als die Personen, die zugesehen haben, statt ihm Einhalt zu gebieten. Der Papst ist noch nicht zurückgetreten, stattdessen legte Mixa seine Ämter nieder.
Ich kann mir diese größere Enttäuschung durch die Mütter nur dadurch erklären, dass den Vätern eh alles mögliche zugetraut wird. Sie haben schon ein mieses Image, das sie durch solche Taten nur bestätigen. Die Mutter aber - von ihr erwarten wir alle viel zu viel, um nicht zu sagen Übermenschliches. Vor allem soll sie uns beschützen vor dem ganzen Unheil in der Welt. Das Unheil wird in aller Regel von den Männern angerichtet - damit haben wir uns schon abgefunden.
Die Mutter, die dem Ideal nicht entspricht, wird schnell als "Rabenmutter" verunglimpft - das männliche Pendant ist anscheinend die Norm, deshalb gibt es die Ableitung “Rabenvater” erst seit kurzem. Ebenso ist die “böse Stiefmutter” sprichwörtlich; später wird sie von der bösen Schwiegermutter, dem “Schwiegermonster”, abgelöst. Böse Stiefväter und Schwiegerväter - gibt es anscheinend nicht.
Zu der fatalen Idealisierung der Mutter trägt auch der Muttertagsrummel bei. Wir sollten die Erwartungen etwas niedriger hängen und den Muttertag umwidmen zu einem Dankestag für diejenigen, die ihre Kinder fair behandeln und nicht missbrauchen. Darunter können ja auch ein paar Väter sein, die verdienen dann auch besonderes Lob und ein Sträußchen Männertreu. Am “Fairziehungstag” bekommen “faire” Erziehungspersonen eine Anerkennung in Anlehnung an das Siegel “fair trade”. Von den damit Zertifizierten erwarten wir auch nicht, dass sie ihre ArbeiterInnen auf Händen tragen und lieben bis in den Tod. Wir erwarten nur, dass sie sie fair behandeln statt der üblichen kapitalistischen Praxis, sie auszubeuten.
Während ich dies schreibe, ist das Ergebnis der Wahlen in NRW noch unentschieden. Mit etwas Glück bekommen wir dort ein weibliche Doppelspitze, zwei neue Landesmütter, Kraft und Löhrmann. Dazu unsere Landesmutti in Berlin - es geht auf- bzw. mütterwärts! Also fairwärts.
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11 Kommentare
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11.05.2010 um 14:34 Uhr sabine
was nur treibt frauen, in das machtpralle “männerbündnis”(s.o.) der kirchen + GLAUBENSgemeinschaften eindringen zu wollen??
wo sind die aufgeklärten und einflußreichen frauen, die sich gegen religiöse einflüsse und für die trennung von staat + (männer-)kirche engagieren???
“UNSERE landesMUTTI”?? (ich rieche muttermilch…) MEINE ist nicht eine, die dieser Cdu/Csu vorsteht. frausein reicht mir nicht.. lg, sabine
10.05.2010 um 21:26 Uhr Papierschiff
dann können sie die arbeit für die frauen auch gleich einstellen.
in diesem system darauf zu hoffen, dass sich ein großer teil von selber bewegt, ... ein hoffungsloses unterfangen.
natürlich wäre es schön, wenn sich mehr männer damit beschäftigen würden, ihre denkweise / verhalten ändern würden. aber sowas passiert doch nicht von “innen” heraus.
erst recht wenn es genügend frauen gibt, die sich in dieser patriarchalen welt “wohl fühlen”, es unterstützen. bzw. zu wenig nein sagen. wie soll es ihnen auffallen?
10.05.2010 um 21:03 Uhr Irmgard
männer drehen sich erfahrungsgemäß nicht von alleine und es ist bestimmt nicht die aufgabe von uns frauen, männern zu helfen, das zu erkennen , was wir erkennen - und sie anschließend an eine andere sichtweise heranzuführen.
kurz gesagt: diese arbeit an sich müssen die männer schon selbst erledigen! das werden wir frauen nicht auch noch machen (was eigentlich sonst noch alles sollen wir tun?)
wir sind nämlich keine bedürfnisanstalt, und viele frauen haben es längst satt, die hebamme für männliche bewusstseinsbildung zu spielen.
Irmgard
10.05.2010 um 20:37 Uhr Papierschiff
@anne kann ihnen da nur zustimmen… auch wenn ich mir wünschen würde, dass es mehr frauen wären… dann drehen sich die männer schon von ganz alleine.
@irmgard ist mir egal wie man es beschreibt, und wenn sie es so beschreiben wollen. auch gut.
10.05.2010 um 20:19 Uhr Irmgard
@ papierschiff: männer brauchen gar nix anfangen und auch nicht mitmachen. AUFHÖREN mit dem patriarchalen scheiß sollen sie!
10.05.2010 um 15:44 Uhr Anne
wie der sog. `vatertag, sprich männertag sich z.b. zu christi himmelfahrt` gestaltet, zeigt die statistik: aufgrund des erhöhten alkoholkonsums und den häufig durchgeführten massenveranstaltungen gibt es an diesen tagen erheblich mehr schlägereien und durch alkoholmissbrauch verursachte verkehrsunfälle - die zahl steigt an bis auf das dreifache des durchschnitts der sonstigen tage und erreicht einen jahreshöhepunkt.
frauen waren insb. in früheren zeiten bei diesen feucht-fröhlichen herrenpartien und -touren nicht zugelassen.
auch in den bordellen, sprich laufhäusern herrscht an den männertagen rege männerwirtschaft - dort wird heftigst geworben mit vatertags-pornoparty - wie heisst es immer so passend: mann muss mal richtig einen drauf machen…
http://www.lfs-berufskolleg-geldern.de/Solwodi.htm
@ papierschiff
was glauben sie eigentlich tun feministinnen, frauenverbände etc. nicht alles seit mehr als unzähligen jahrzehnten, um dieses `jetzige` system zu entpatriarchalisieren - wenn da nicht die patriarchale `betonwand` und all die hüter der gläsernen decke wären, gegen die sie ständig anlaufen müssen, wären wir schon längst weiter..
das gilt natürlich insb. auch den pornographie-prostitutionsbefürwortern - gerade hier sieht frau
die männliche entschlossenheit, um das system aufrechtzuerhalten ... !!
10.05.2010 um 14:38 Uhr Papierschiff
@anne… da haben sie natürlich recht und ich würde da auch nichts anderes behauptet.
@irmgard… mir ist unklar warum soweas gemacht wird? ich mag keine schaufensterpuppen, erst recht nicht in entsprechenden posen. doch wie entsteht sowas? die aussage “das liegt an den männern” wäre mir zu einfach. da sind viele frauen leider auch nicht viel weiter, was nicht heist, dass es sie nicht gibt. aber es sind noch zu wenig. wir stützen damit das “jetzige system”, obwohl wir in sovielen sachen viel weiter sein könnten… es müssen nur genügend anfangen und mitmachen. frauen und natürlich besonders männer.
10.05.2010 um 14:23 Uhr Irmgard
Statt “Muttertagsrummel” las ich eben doch glatt “Muttertagsgrummel” ;-)
Was die Herren mit oder ohne Nadelstreif/Ordensgwandl/Blaumann usw usf… alles mit Frauen&Mädchenkörpern und Frauen&Mädchenseelen anstellen, kann schon längst nimmer “Männerwirtschaft” genannt werden (das klänge ja gar zu gastlich!).
Während so manche über den Muttertag grummelt, marschieren die Väterrechts-Papis auf: “Daddys Pride” nennt sich das! In Wien am 12.Juni. Eine diesbezügliche Website nennt sich passenderweise “Vaterverbot” (!).
Soeben habe ich in einer Auslage eines Modegeschäftes folgende Grauslichkeit entdeckt: Die weiblichen Schaufensterpuppen waren allesamt am ganzen Körper mit Stricken gefesselt, der männliche Schaufensterpupperich hingegen trug nur ganz leger seinen Nadelwürgstreif, ganz ohne Strick’ - wie schick.
Frau kriegt das Patriarchat echt alle drei Meter reingewürgt!!!
LG,
Irmgard