Gegen die “korrigierende Vergewaltigung”
Ich bekomme viele Emails, die mich auffordern, gegen Missstände zu protestieren und für wichtige Anliegen einzutreten. Viele Aufrufe bekomme ich gleich mehrfach. Letzte Woche wurde ich insgesamt 16mal gebeten, gegen die sogenannte „korrigierende Vergewaltigung“ („corrective rape“) in Südafrika zu protestieren. Ich hatte das schon getan, genau wie vor mir Hunderttausende andere.
Falls Sie noch nicht protestiert haben, können Sie die entsprechende Seite von Avaaz.org gleich aufsuchen und mit unterzeichnen und den rasanten Zuwachs an Stimmen live beobachten.* Ein kleiner Trost.
Nie zuvor bekam ich so viele Weiterleitungen eines Aufrufs; nie zuvor waren die begleitenden Kommentare so erschüttert und angewidert. Offenbar hatte die Nachricht die Weitersenderinnen unvorbereitet getroffen, sie hatten von diesen Gräueln noch nie gehört.
Joey Horsley hat allerdings bereits vor einem Jahr im Vorwort zu unserem Buch „Frauengeschichten“ auf die Untaten in Südafrika hingewiesen. Sie schreibt:
Wir leben in einer Zeit wachsender Akzeptanz gleichgeschlechtlicher Beziehungen, zumindest im Westen. […] Aber mit der größeren Sichtbarkeit kommt auch die negative Reaktion, der backlash. In Südafrika, wo die Rechte von Lesben und Schwulen im Grundgesetz verankert sind, werden Lesben „zwecks Umpolung“ von Männerbanden gekidnappt und vergewaltigt.
Und sie verweist auf den Artikel von Rebecca Harrison vom 9. März 2009: "South African gangs use rape to "cure" lesbians". •••••••••••••••• Die barbarische Praxis ist also schon jahrelang im Gange und seit mindestens zwei Jahren bekannt - wie schön, dass Avaaz.org nun eine Kampagne startet nach den vielen Rettungsversuchen für Bienen, das Klima und wer weiß was noch.
Trotzdem: Besser spät als nie.
Die „korrigierende Vergewaltigung“ ist nicht etwa eine Erfindung der kruden Neuzeit oder Südafrikas. Der aufgeklärte Westen fand auch schon immer, dass eine Lesbe nur mal gut durchgefickt werden müsste, um zur Vernunft gebracht zu werden. Zur Not muss lesbe eben zu ihrem Glück gezwungen werden.
Was aber ist mit den armen Schwulen? Wo finden sich die selbstlosen Frauengangs, die sie mal „gründlich durchficken“ und durch aufopfernden Körpereinsatz zu guten Heterohs umfunktionieren? Wo bleibt die korrigierende Vergewaltigung für Schwule?
Solche Frauengangs gibt es nicht. Die Vergewaltigung von Männern als Volkssport hat unter Frauen noch nicht recht Fuß fassen können.
Wie wäre es dann ersatzweise mit „korrigierender Kastration“?
Alles zu unsicher, scheint mann in Uganda zu denken. Besser kurzen Prozess machen: Todesstrafe für Lesben und Schwule.
Tatsächlich plante Uganda die Einführung der Todesstrafe für Lesben und Schwule; auch dagegen hat Avaaz.org eine Kampagne gestartet.
Das Ergebnis dieser mittelalterlichen Politik in Uganda ist die Anerkennung des Lesbisch- oder Schwulseins als Asylgrund in westlichen Staaten. Aktuell ist der Fall Brenda Namiggade in London. Man glaubt ihr nicht, dass sie lesbisch ist. Nun - wie soll sie das beweisen? Ein delikates Problem. Ihr Anwalt betont mit Recht, dass das nun gar keine Rolle mehr spielt. Eben wegen der Diskussion in den Medien sei ihr Leben auf jeden Fall in Gefahr, würde sie nach Uganda abgeschoben.
Wenn diese arme Uganderin nun in England als Lesbe Asyl bekommt, ist damit ihr Problem natürlich nicht gelöst. Jederzeit kann es auch braven Briten einfallen, sie mal „gut durchzuficken“, egal aus welchem Grund. Frausein genügt.
Zwar mag England für eine Frau/Lesbe im Moment sicherer erscheinen als Uganda oder Südafrika. Oder Afghanistan. Pakistan. Kongo. Mexico. Indien. Sudan. Iran. Etc.
Aber gegen die "Heimatlosigkeit der Frau im Patriarchat" (Christa Mulack) hilft auf die Dauer nur Power: Intelligente Bevölkerungspolitik, Abbau des Männerüberschusses** durch korrigierende Abtreibung (corrective abortion). Weniger ist mehr. _______________ *Sie können bei der Gelegenheit auch gleich die Kampagne „Stand with the people of Egypt“ unterzeichnen.
**Statistisch gesehen fehlten im Jahre 2007 70 Millionen Frauen. Inzwischen dürften es wieder etliche Millionen mehr sein. Schuld sind die selektive Abtreibung weiblicher Föten, besonders in China, die gezielte Benachteiligung von Mädchen und Frauen (schlechtere Ernährung, Hygiene, Gesundheitsfürsorge usw.) und die Verbrechen der Männer gegen Mädchen und Frauen (Sexindustrie). (Vgl. Christine Ockrent. Hg. 2007. Das Schwarzbuch zur Lage der Frauen: Eine Bestandsaufnahme [=Le livre noir de la condition des femmes]. Aus dem Franz. von Enrico Heinemann. München; Zürich. Pendo.)
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55 Kommentare
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01.02.2011 um 00:00 Uhr boxi
wie sie beweisen soll, dass sie lesbisch ist? vielleicht gibt es ja wie bei schwulen entsprechende “phallometrische tests”, nur halt für frauen. witz beseite, wegen mir soll sowieso einfach jeder eingebürgert werden, erst recht wenn er aus einem land kommt, in dem homosexuelle verfolgt werden.
und in vielen ländern “der westlichen welt” geht es ja auch ohne entsprechende “beweis-tests”...
31.01.2011 um 15:22 Uhr Lena Vandrey
@“Corrective rape”: Wie kann Brenda Namigadde beweisen, dass sie lesbisch ist?
Die Justiz hat doch sonst immer die Psychiater dabei und fordert sie auf, die Sexualmörder zu entschuldigen - und diesmal kein G u t a c h t e n für ein potentielles Opfer toll gewordener Männer? Die Psychiatrie hat es doch sonst immer so eilig, eine Deviation von der Norm festzustellen zum Schaden von Lesben? Und diesmal nicht?
“Corrective abortion” wäre die richtige Sache, aber das Gegenteil ist der Fall. Alle In-vitro-Kinder, auch von lesbischen Müttern, sind männlich, da die Spermien in diesem Sinne aussortiert werden. Zuerst einen Jungen, dann Zwillingsjungen. Von Mädchen keine Spur. Frauen stellen ihre Vergewaltiger selber her, und die Kunst, Mädchen zu machen, scheint in Vergessenheit geraten zu sein, oder umgekehrt, die Alten kannten die Weise, eher K E I N E zu bekommen.
“Corrective castration”: Die Kastration von Sexualverbrechern wurde im französischen Parlament erwogen. Ein früherer Justizminister schrie daraufhin im TV, dass niemals an die Integrität des Menschen in diesem Lande gerührt würde. Hunderte von afrikanischen Mädchen werden in Paris verstümmelt, dagegen hat er N I E geschrien. Wir wollten unser Erbe der UNICEF überlassen, damit S I E d a g e g e n kämpft. Es erwies sich als unmöglich: ein derartiger S o n d e r f a l l ist nicht vorgesehen!! Das Geld soll für kleine Jungen auf Madagaskar dienen…
In unserem besseren Westen gibt es genau das gleiche Unheil und Gewalttäter gegen Lesben werden äußerst milde bestraft. In einem Fall wurden vier Vergewaltigungen gar nicht bestraft - nur der Diebstahl eines Zeltes und anderer S a c h s c h a d e n !!
Selbst wenn in Frankreich nicht die Zustände wie in Uganda herrschen, so finden sich Lesben immer wieder mit sprachlicher Gewalt konfrontiert.
Eine Lesbe ist “une vieille fille mal baisée”, eine schlecht gefickte alte Jungfer. Lesben bleiben im Sprachgebrauch immer Mädchen = filles, was auch der Ausdruck für Prostituierte ist.
Ich wurde auf der Sparkasse gegen meinen Willen als Mademoiselle = Fräulein eingeschrieben, und meine Freundin und ich sind “les filles”, und sollten wir neunzig werden, wird sich das nicht ändern.
Andererseits gibt es stolze Frauen, die auf dem Titel “Fräulein” bestehen, weil er eindeutig besagt, dass sie mit Männern nichts zu tun haben. Das aber können sie sich erst im Alter erlauben, denn vorher gibt es die neckisch-libidinöse Frage, von männlicher Seite, “Madame oder Mademoiselle?”, die mit Madame beantwortet werden muss, sprich: Ich bin Hetera und mein Kerl wird dich verhauen!
Sollte eine Lesbe einmal ein Problem haben - natürlicherweise haben wir keine - so heißt es gleich: Die braucht mal einen dicken PAF (Schwanz) und ein paar Gören am Hals. Das regelt alle Probleme.
Und das ist auch die Meinung von Frauen, die nur einen einzigen Satz kennen: Mein Mann, mein Sohn!
Richtige Bevölkerungspolitik kann nur stattfinden, wenn Frauen, vor allem in maßgeblicher Situation, sich von ihrem “Sohnes-Bonus” trennen und homosexuelle und unverheiratete Frauen als gleichwertig anerkennen. Und wenn lesbische Mütter die Freundlichkeit hätten, weibliche Babies zu fordern.
Ansonsten gibt es nur: Asyl-Grund: Lesbe!
Aber kriegt das mal hin!!
31.01.2011 um 11:33 Uhr boxi
@dürr… alle männer als dumm zu bezeichnen hilft natürlich sehr viel bei der überwindung der männlichen schandtaten. aber solange das weltbild so einfach ist, ist ja alles gut.
und von massenvernichtung kann man hier ebenso nicht sprechen. war es nicht auch die frauenbewegung die die wortwahl der abtreibungsgegner kritisierte, weil sie z.b. von tötung sprach? aber hier ist natürlich alles ganz anders…
sprechen sie denn auch vonmassenmorden in deutschland an föten mit behinderungen? vermutlich nicht.
30.01.2011 um 22:30 Uhr Gudrun Nositschka
Doch, es gibt noch einige Flecken auf der Erde, auf denen Frauen keine Angst vor Vergewaltigern haben müssen - bei den Völkern mit matriarchalen Gesellschaftsstrukturen. Völker wie die Khasi kennen noch nicht einmal ein Wort für diese schändliche Tat. Patriarchale Gesellschaften dagegen gründen sich auf Vergewaltigungen, zumindest was ihre Mythen (wie Zeus) und monotheistischen Religionen angeht. Da ist es schon fast ein Wunder, dass mittlerweile nach langen Kämpfen durch Frauengruppen bei uns sogar Vergewaltigung in der Ehe ein Verbrechen ist. Wir werden wohl noch weiter kämpfen müssen, ohne Föten mit einem Y - Chromoson abzutreiben. LG, Gudrun
30.01.2011 um 21:29 Uhr Dürr
Ja, liebe Luise, Frau sein genügt, um mit “gutem” Grund vergewaltigt zu werden. Selbständige Frauen werden grundsätzlich von Männern in jene Gruppe eingeteilt, denen ein “echter Mann einmal den Meister zeigen müsste”, die “einmal richtig zugeritten werden sollten”. Und wenn dann eine nicht ganz Vogelscheuche ist, also eigentlich einen “abgekriegt” haben sollte, sagt mann ihr das noch mit über 60 ins Gesicht! Was wollen die Kerle damit erreichen? Dass FRauen sie dann lieben? Wenn die Folgen für Frauen nicht furchtbar wären, könnte frau sich nicht mehr einkriegen vor Lachen über soviel Dummheit.
Was die Massenvernichtung von weiblichen Föten in Indien und China betrifft, so reden Zahlen von 80 Millionen (Indien) und 120 Millionen (China) Frauen, die fehlten. Frau darf sich nicht vorstellen, was das an Aggression und Frauenhass bedeutet. Was sagte Einstein über Dummheit und Unendlichkeit? Die Dummheit der Menschen ist unendlich - und mit Menschen MUSS er die Männer gemeint haben.
lg
Dürr
30.01.2011 um 21:25 Uhr Anne
sicher vor vergewaltigern sind wir frauen/lesben in keinem land. und das bedeutet, dass wir uns nicht wirklich frei und unbeschwert in der öffentlichkeit bewegen können.
ganz provokant gesagt, müsste es eigentlich heissen: ” über männer abends eine ausgangssperre verhängen…” - frauen wollen auch mal ohne angst vor sex. anmache, nötigung und (verbalen) übergriffen leben können.
vergewaltigen ist in südafrika ein volkssport.
mehr als ein viertel von allen erwachsenen südafrikanern haben lt. studie (2009)schon einmal eine frau vergewaltigt. `schädliche männlichkeits-botschaften` werden vermittelt, die männern ein `recht auf sex` oder eine grössere anzahl an freundinnen zugestehen. lust an der macht sei ein häufiges motiv vieler vergewaltigungen. für eine in südafrika geborene frau ist die wahrscheinlichkeit, sexuell missbraucht zu werden höher als die, lesen und schreiben zu können.
sogar der südafrikanische präsident zuma (genannt der schwarze berlusconi) wurde wegen vergewaltigung und korruption angeklagt, aber nie verurteilt.
in uganda kam es bei der beerdigung eines ermordeten schwulen menschenrechts-aktivisten zu einem eklat. “vernichtenswerte sünderInnen” wurden die trauernden (lesben und schwule) von einem anglikanischen geistlichen genannt. auch dort gibt es eine hatz auf lesben und schwule .
im kongo/angola/ruanda fanden/ finden massenvergewaltigungen (2010 ca. 15ooo) statt. verbrechen als racheakt, und die dunkelziffer ist weitaus höher.
sexuelle gewalt in alaska. auf eine gemeldete kommen neun, die nicht angezeigt werden. auch dort heisst es lt. studie `von drei frauen hat mind. eine in ihrem leben schon sexuelle gewalt erlebt.`
auch in china werden jetzt immer mehr frauen verschleppt und zur prostitution gezwungen, weil männer als sog. freier den markt bestimmen und für die nachfrage garantieren.
lt. presse wird in den u.s.a vergewaltigung nur selten strafrechtlich verfolgt. nach angaben von juristInnen/strafverfolgerInnen gehört dieses verbrechen zu den am seltensten erfassten und geahndeten; 15-20 der fälle werden überhaupt gemeldet und 15 von 16 vergewaltiger kommen straffrei davon.
und diejenigen, die sich genüsslich in den heimischen vier wänden zur sexuellen befriedigung pornografien mit gewaltinhalten bis hin zu massenvergewaltigungen an frauen anschauen, sind auch nicht anders .....
mio-fach erleiden frauen/mädchen sexuelle verbrechen durch ihre männlichen peiniger . homophobie wird auch tag-täglich vor `unserer europ. haustür` gelebt - viele lesben und schwule wagen gar nicht erst sich zu outen.
sex. terrorismus durch männer an frauen hat eine lange tradition und ist die waffe, um männliche dominanz und macht zu signalisieren. hinzu kommt, dass die täter kein unrechtsbewusstsein haben und
sex. verbrechen allgemein verharmlosen.
ja, sexismus ist international, aber sexismus hat auch ein `geschlecht` !
http://www.taz.de/1/politik/afrika/artikel/1/wie-wilde-tiere/
30.01.2011 um 20:06 Uhr Kalinka
Ja genau! So abscheulich die Zustände in vielen ärmeren Ländern sein mögen, finde ich es wichtig, darauf hinzuweisen, dass das keine Erfindung der “unzivilisierten Neger” ist. Dass eine Lesbe entweder einfach zu hässlich ist um einen Mann zu finden oder eben nur noch nicht richtig gefickt wurde, ist auch in Westeuropa eine weit verbreitete Meinung. Wir haben kein Recht, vom unbefleckten Elfenbeinthrone aus kopfschüttelnd auf diese “Wilden” herab zu sehen. Sexismus ist international und muss international mit geeinten Kräften bekämpft werden!