John Boehner steif und fest
Nach vier Wochen skrupellosen Polit-Theaters um die Erhöhung der US-Kreditgrenze kennen sicher alle John Boehner: Republikaner, Sprecher des US-amerikanischen Repräsentantenhauses und hauptverantwortlich für die derzeitige Krise. Sollte Obama und seinem Vize etwas zustoßen, wird Boehner als Speaker of the House automatisch Präsident der Vereinigten Staaten. Bis zum Januar dieses Jahres war diese Ehre bzw. Bürde noch für Nancy Pelosi vorgesehen.
Obama, Boehner, Pelosi - lauter interessante Namen, die von ihrer unterschiedlichen Abstammung aus Afrika, Deutschland und Italien künden.
Boehners Vorfahren wanderten wahrscheinlich, wie so viele andere Deutsche, nach der fehlgeschlagenen Revolution von 1848 in die Staaten aus. Der deutsche Name Böhner ist für AmerikanerInnen schwer auszusprechen. Während Deutsche meist beflissen "Nju Jork" sagen und nicht "Neff Jork", sagen AmerikanerInnen entweder "Mjunick" (Munich) oder "Mantschen", und der Unterschied zwischen München und Mönchen spielt auch keine Rolle, wie wir bei der Berichterstattung über die Fußball-WM aus „Mantschen-Glädbäck“ hören konnten.
Die normale amerikanische Aussprache von "Boehner" klänge wie „boner“ - ein Slangwort für einen „Steifen“ oder „Ständer“ (von bone „Knochen“).
Diese Assoziation möchte Boehner gern vermeiden. Also lässt er seinen Namen wie „Bayner“ aussprechen. Alle halten sich freundlich an diese Ausspracheregelung.
Neulich scherzte Boehner, er sei immerhin froh, dass er nicht „Weiner“ heiße (wie der demokratische Abgeordnete Anthony Weiner, der Ende Juni wegen eines Sex-Skandals seinen Parlamentssitz räumen musste). Weiner wird in den USA wie „wiener“ ausgesprochen, und wiener ist ein weiteres Slangwort für den Penis wegen "Wiener Würstchen", auf US-amerikanisch kurz „wieners“. Anthony Weiner hatte versäumt, für seinen Namen eine asexuelle Aussprache zu verordnen („winner“ wäre doch besonders nett gewesen). Und so kam zu dem Schaden, den er sich durch sein Verhalten selbst zugefügt hatte, noch der Spott hinzu. Ganz Amerika lachte über Weiner und seinen wiener.
Würden die US-AmerikanerInnen die deutschen Namen deutsch aussprechen, hätten weder Boehner noch Weiner ein sprachliches Penis-Problem. Anders liegt der Fall bei dem Dirigenten Christof Prick. Denn bei „prick“ ist nicht die Aussprache das Problem, sondern das Wort selbst ist ein weiteres Slangwort für den Penis; es wird sogar als Schimpfwort für Männer benutzt: „What a prick!“ Christof Prick behilft sich damit, dass er sich Perick nennt. Warum, das wird nicht verraten auf seiner FrankenWiki-Seite. Wenig auskunftsfreudig heißt es da nur: „Im amerikanisch-englischen Sprachraum tritt Christof Prick unter dem Namen Christof Perick auf.“
Noch ein Slangwort für den Penis ist Dick. Früher störte das anscheinend niemand, weder Dick Nixon („Tricky Dicky“), Dick Cheney noch Dick Francis. Heute allerdings ist mann empfindlicher, höre ich, und als Kurzform für Richard sind nur noch Rick, Ricky oder Ritchie in Gebrauch.
Ich bin keine Männerforscherin, aber so viel habe ich schon verstanden, dass sich beim Manne fast alles um sein bestes Stück dreht. Andererseits ist es nicht professionell, einfach alles raushängen zu lassen, im Gegenteil. Im öffentlichen, professionellen Bereich sind beim Manne Assoziationen an sein Geschlecht und erst recht sein Geschlechtsteil tabu. Erst kommt das Business, und erst danach die Verbrüderung im Sex Club. Das Geschlechtliche wird seit altersher auf die Frau projiziert, um nicht zu sagen: der Frau vorgeworfen und zur Last gelegt. In der Öffentlichkeit ist nur die Frau ein Geschlechtswesen, der Mann steht dadrüber. Bei offiziellen Anlässen, z.B. der Oscar-Verleihung, erscheint der Mann stets hochgeschlossen, und die Frau lässt alles raushängen, so nackt wie gerade noch vertretbar. Selbst männliche Sexsymbole wie Brad Pitt oder Leonardo die Caprio erscheinen nicht im Lendenschurz, sondern im Smoking. Und diese Kleidervorschriften haben nicht Frauen gemacht.
Der Frau wird also genau das vorgeschrieben, was der Mann für sich als tabu setzt: die Identifikation mit dem geschlechtlichen Aspekt der Persönlichkeit. Feministinnen ignorieren die Vorschrift und kleiden sich, wie sie wollen. Frauen, die in der Männerwelt Karriere machen wollen, müssen auf einem unmöglich schmalen Grat balancieren: Sie sollen sexy sein "wie eine Frau" und „professionell wie ein Mann“. Im Weltbild des Mannes schließen sich Sex und Kompetenz allerdings gegenseitig aus. Die Erinnerung an sein Geschlecht untergräbt die Autorität des Mannes.
Untergraben wir also fleißig. Fürs erste könnten wir John Boehners Namen normal aussprechen - in aller Unschuld natürlich.
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6 Kommentare
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01.08.2011 um 11:12 Uhr Lena Vandrey
Aufällig für den besagten Gegenstand ist, dass er meistens weiblich betitelt wird.
Da haben wir auch die PINE, wohl vom Pinienzapfen hergedacht, und mancherlei Frauen vermuten, dass sie in dem Wort “opiniâtre” steckt, welches bedeutet, dass jemand hartnäckig an seiner Meinung festhält. Nur Männer sind opiniâtres.
Entschieden interessant sind auch die Hoden, weibliche COUILLES. Wenn etwas wirklich schlecht geht, so ist das eine “couille”. Davon abgeleitet der “couillon”, auf Deutsch Kujon. Eine “couillonne” aber gibt es nicht.
Und die QUEUE (Schwanz), mit der Billard gespielt wird. Frauen mögen das Spiel nicht: mit einer queue in der Hand werden Bälle, also couilles, geschubst und sollen in Löchern landen.
Das ist nichts für UNSEREINS.
Dann gibt es auch die VERGE (Zweig, Ast, Prügelstock), im Deutschen auch “sein Prügel”. Peinlich ist, dass ein Obstgarten “verger” heiBt. Das Wort ist zu meiden, denn sonst wird gegrinst. Kinder werden mit der verge gezeugt und dann von ihr verprügelt.
Ebenfalls nicht schön zu gebrauchen ist die PIPE (Pfeife). Eine Fellation heiBt: “faire une pipe”. Arbeitsuchenden Frauen per Annonce kann es passieren, unanständige Angebote zu bekommen: ob sie sich um eine Pfeifensammlung kümmern könnten, sie schön säubern, blasen und lecken?
Selbstverständlich gibt es die Wurst, la saucisse. Eine tüchtige Frau meinte, dass sie in Hungersnot ja zwei Würste hätte - Mann und Sohn. Und “je vais te la couper!”(ich werde sie dir abschneiden!) ist im Sprachgebrauch durchaus Usus. Eine Amerikanerin hat es ja getan. Wo knoffs, vielleicht wird das einmal ein Sport!
Vieles Ärgerliche und Gemeine wird im Französischen leider weiblich zugeordnet.
In diesem Sinne ist die Benennung SALAUD (sale=schmutzig) nicht das Schlimmste, aber wenn ein Mann eine SALOPE (Schlampe) genannt wird, oder SALOPERIE (schmutzige Sache), dann funkt es. Aber müssen wir uns diese Selbstbeleidigung antun? In den Schimpfwörtern ist schon ein grober Missbrauch, was Tiere betrifft: dumme Gans, blöde Kuh, doofes Schaf, Zicke…Und sich bei geistig Kranken zu bedienen ist auch nicht richtig.
Ich optiere für Arschloch, Nillenkopp und Ähnliches. TÊTE DE NOEUD ist prima: Knotenkopf!
Halten wir uns doch in aller Unschuld, wie unsere Luise es so schön sagt, an den Sachverhalt!
31.07.2011 um 17:16 Uhr anne
anscheinend gleitet der bayrisch/österreichische name boehner von bohner = bohnenbauer ab - ulkig: da gibt es noch die penis-bohne, sprich männer-bohne (penis-beans) , z.b. bei pferden eine erkrankung aufgrund von unsauberkeit des geschlechtsteils.
aber `männer-bohnen` heisst es beim pferd - ist doch lustig, wie begriffe umgeleitet werden, wenn es um die männliche potenz, kraft geht bzw. um das `männliche` geschlechtsteil. “ein mann wie ein pferd” - darauf sind doch viele stolz? und sogar potenzsteigernde mittelchen gibt es für den mann. ein kombi-produkt mit grünem hafer. sex-hungrige männer profilieren ebenso davon wie pferde.
kleine männer-bohnen große wirkung…interessiert mich nicht die bohne..
übrigens marlene dietrich zitierte einmal: ich habe schon als kleines mädchen immer jungenkleidung angezogen. ich schätze seit jeher die freiheit, die mir männerkleidung gibt.
schrecklich empfand ich es auch als kind, kleidchen mit puffärmeln oder röckchen zu tragen und empfand das früh als sehr einengend, puh!
danke für die prima glosse!, die mich ein wenig auf andere wege `verleitet` hat :-(
31.07.2011 um 13:47 Uhr Amy
“Tea Party Bewegung” klingt so nett und harmlos nach Kaffeekränzchen mit heissem Tee und leckeren Kuchenstückchen - beängstigend , welches alte Weltbild hinter radikalen christl. Fundis steckt. Und ca. 80 erzkonservative Fundis als Abgeordnete haben inzwischen bedrohlich die Richtung und den (schmutzigen) Wahlkampf-Auftakt für 2012 übernommen?
Die Tea-Party-Bewegung zählt nach eigenen Angaben 17 Mio Beteiligte; Schwarze und Asiaten sind nur je mit 1 Prozent vertreten, der Anteil der Latinos noch geringer. Dass die Weißen in diesem landesweiten Bündnis weitgehend unter sich bleiben, liegt nicht nur an ihrer ultra-rechten Agenda, sondern auch am Rassismus, der an Demos, auf Plakaten und Spruchbändern immer wieder aufblitzt. Also Tee mit einem kräftigen Schuss Rassismus(lt. Presse)
http://watch-salon.blogspot.com/2011/07/usa-schuldendrama-es-ist-rassismus.html#more
Ja, Frau soll `sexy` sein, verengt, aufgepolstert, glatt rasiert, deformiert mit High Heels,
geschlechts/bestimmt. Damit schmücken sich gerne Männer im Smoking , wie die Gockel auf dem Laufsteg der Eitelkeiten. Im umgekehrten Fall - würden Männer sich so kleiden und alles raushängen lassen, kämen sie sich lächerlich vor, wären im Ernstfall als Exhibitionisten enttarnt. Ihr Unwesen treiben sie versteckt, hinter Mauern, in Hotelzimmern, in Sex-Clubs oder im Urlaub getarnt als Biedermänner und Sex-Touristen. Hier können sie ordentlich die Wuzz rauslassen, ohne große Reden zu schwingen, denn in Bezug auf Frauen beschränkt sich ihr Sprachschatz nur auf wenige (obszöne) Worte..
“Wenn genügend Frauen ihre (äusseren und inneren) Korsetts lockern, ihre Schlankheitspillen in die Toilettenspülung schütten und ihre hochhackigen Schuhe von den Füßen schleudern, dann ist die Welt nicht mehr ganz das, was sie vorher war.” (Rita Freedam, Psychologin/Die Opfer der Venus, vom Zwang schön zu sein)
31.07.2011 um 12:00 Uhr Gudrun Nositschka
Es sind hier die Namen der Väter, die von den männlichen Ahnen künden. Sinnvoll ist vorrangig die Abstammung mütterlicherseits zu wissen, doch ihr Gewicht bei der biologischen und kulturellen Vererbung wird nicht nur bei und von Männern vergessen. Im gleichen Maße wie wir unermüdlich auf eine frauengerechte Sprache hinwirken, sollten wir uns auch aller weiblicher Ahnen bewusst sein, mütterlicher- und väterlcherseits. Es lohnt sich!
31.07.2011 um 10:21 Uhr Lena Vandrey
Was für ein witziger Text in all diesem Elend! Wir haben uns gerade krumm gelacht, und welch’ gute Waffe ist das Lachen!
Keine Männerforscherin, unsere LFP?
Leider wird es den Frauenforscherinnen aufgehalst, weil sie das DING ja überall treffen. Es gibt auch noch das Wort COCK (cock-sucker für Schwule). Ich kannte eine Dame, die immer von ihrem little cock redete. My little cock! Darüber wurde auch sehr gelacht, denn der Gegenstand ihrer Zuneigung war ein kleines Zwerghuhn.
Im Französischen gibt es 365 verschiedene Namen für das weibliche Geschlecht und nur 26 für das männliche. Die aber hauen drauf!
Am meisten wird das Wort BITE gebraucht, und eine Französin konnte deshalb nicht in Deutschland leben, woselbst sie es dauernd zu hören bekam, auch noch in Verbindung mit schön: Bitte schön! Das war ihre Meinung, und deshalb blieb sie ihrem Mutterland treu. Wie sehr die Sprache doch das Schicksal bestimmen kann!
BITEN gibt es im Hafen, um die Schiffe festzumachen, vor Hauseingängen, um die Autos zu stoppen und überall dort, wo ein- und abzugrenzen ist. Frauen, die das Wort nicht aussprechen wollen, haben dementsprechend Probleme. Wie sollen sie die Dinger bloB nennen? Ich habe gerade vor der BITE geparkt?
Die Kleiderfrage ist auch sehr gut beschrieben. Wenige unserer weiblichen Polit-Stars verstehen die Kunst der Darstellung über Kleidung. Sie meinen, dass sie übertreiben müssen mit Make-up, Rüschen, schaukelnden Ohrringen und roten Fingerkrallen oder künstlichen weiBen Nägeln.
Eine Schauspielerin-ihrer-selbst, die diesen Teil der Arbeit gut versteht, ist Christine Lagarde - sie stellt sich dar wie eine elegante Lesbe. Gewisse “weibliche” Zutaten scheinen ironisch gemeint zu sein…
Feministinnen kleiden sich, wie sie wollen. Ja! Und das verdanken wir Amerika! Jeans, T-shirts, karrierte Hemden, Westernhüte, eine Kleidungs-Reform zu Gunsten unserer Androgynität, ohne die ich mich überhaupt nicht hätte anziehen können, denn in Frauenkleidung sehe ich aus wie ein Transvestit - und ganz in männlich wie eine Bar-Dame im lesbischen Berlin der 20er Jahre.
Es kommt aber immer noch vor, dass Damen mich mit “Monsieur” anreden, wenn ich ihnen die Türe öffne. Ganz erschrocken, wenn sie ihren Irrtum erkennen, “oh Pardon!”
Aber nicht doch! Das ist ja ein Kompliment! sage ich. Ah nein! sagt die Dame, das ist eine Beleidigung! Wir wollen doch nicht zu dieser Rasse gehören! Die “Rasse” steht daneben und schämt sich. Denn: Für Französinnen gibt es nur 2 RASSEN, Männer und Frauen, und sie begreifen nicht, wie die eine sich mit der anderen mischen konnte. SALE RACE, sagen sie: Schmutzige Rasse.
Woher der Dreck kommt, wissen wir ja. Das steht immer mal wieder bei Luise!
31.07.2011 um 00:35 Uhr Alison
“John Boehner: Republikaner, Sprecher des US-amerikanischen Repräsentantenhauses und hauptverantwortlich für die derzeitige Krise.”
Ganz verantwortlich ist auch er nicht; er kann seine 87 Neulinge aus den Tea Party auch nicht baendigen. Anderseits, er hat selber gesagt, sein ganzes Politik ausgerichtet ist, Obama aus dem Weissen Haus zu vertreiben, und sei es noch so ungemuetlich fuer die StaatsbuergerInnen sein.
Wenn alles kaput geht (was immer wahrscheinlicher scheint), werden aber die Amis es Obama in den Schuhen schieben - obwohl das Abgeordnetenhaus alle Finanzgesetze zuerst einbringen muss, laut Verfassung.
Freuen tut mir meine Zugehoerigkeit dieser Nation derzeit gar nicht. Laute “Cocksuckers” am Werk.