Über den Autor
Mein Buch “Das Deutsche als Männersprache” gibt es nun schon seit 26 Jahren. Obwohl es viel gekauft wurde und wird, hat es anscheinend wenig bewirkt. Dass die Frauensprache in diesen 26 Jahren nicht recht vorangekommen ist, erkenne ich deutlich an dem Amazon-Kurztext über mein Buch:
Kurzbeschreibung Die feministische Linguistik entlarvt die Geschichte und Struktur der Sprachen als Männergeschichte und Männerstruktur. Die feministische Linguistik fundiert und dokumentiert die sprachkritische, sprachschöpferische und sprachpolitische Arbeit der Frauen. Speziell zum Deutschen gibt es bislang nur die wissenschaftlichen und journalistischen Arbeiten der Konstanzer Linguistin Luise F.Pusch, die hier erstmals gesammelt vorgelegt werden.
Über den Autor Luise F. Pusch, geb. 1944, Professorin für Sprachwissenschaft und freie Publizistin.
Viele erboste Leserinnen haben mich schon auf diese coole Unverschämtheit aufmerksam gemacht, und beschwert habe ich mich auch schon bei Amazon:
Dear Amazon, FemBio.org ist eine feministische Website und hat viele Links zu Amazon. Wir bekommen häufig Beschwerden, dass Sie bei den Angaben zu den Büchern immer schreiben: "Über den Autor", obwohl es sich meist eindeutig um Autorinnen handelt. Das stößt potentielle Kundinnen förmlich ab. Heute schrieb mir eine Benutzerin, sie würde mein Buch "Frauengeschichten" erst dann kaufen, wenn darunter geschrieben stünde "Über die Herausgeberinnen" - denn tatsächlich sind es zwei Frauen, die das Buch herausgegeben haben. Bitte geben Sie den Verlagen für das Einstellen ihrer Bücher zusätzliche Optionen wie "Über die Autorin / Autorinnen / Herausgeberin / Herausgeberinnen".
Ein Herr von Amazon antwortete mir:
Guten Tag, vielen Dank für Ihre Anfrage ….. Ich habe eine Kopie Ihrer E-Mail Im Hinblick Ihres Wunsches bezüglich des Hinweises "Über die Autorin / Autorinnen / Herausgeberin / Herausgeberinnen" an die zuständigen Kollegen weitergeleitet. Wir hören gerne wieder von Ihnen. Konnte ich Ihr Problem lösen? Wenn ja, klicken Sie bitte hier: Wenn nein, klicken Sie bitte hier:
David Winter, Amazon.de Partnerprogramm
Ich habe “nein” angeklickt und nie wieder etwas zu meinem Anliegen gehört.
Wie frau an David Winters gedrechselter Schreibe (“Kopie Ihrer E-Mail Im Hinblick Ihres Wunsches bezüglich des Hinweises” undsofort) unschwer erkennen kann, beherrscht er die deutsche Sprache nicht besonders gut. Mein Anlauf prallte vielleicht nicht nur an seiner kaltschnäuzigen Gleichgültigkeit ab.
Mein erster Verlag, der mit “Deutsch als Männersprache” noch immer recht gut verdient, hat auch niemals seine Vertragsformulare geändert, auf denen steht:
Vertrag zwischen dem Verlag und Luise F. Pusch, im folgenden “der Autor” genannt.
Als ich mich mal darüber beschwerte, wurde ein Satz eingefügt, wonach mit “Autor” auch “Autorin” gemeint sei, der Rest blieb unverändert - wir kennen das.
Mein zweiter Verlag war da entgegenkommender. In meinen Verträgen werde ich höflich als Autorin bezeichnet - das bedarf wirklich keiner Mühe und sollte heute eine Selbstverständlichkeit sein.
Weniger einfach ist eine gerechte und zugleich stimmige und elegante Lösung im folgenden Fall zu ermitteln - das Deutsche ist halt immer noch eine Männersprache. In diesem Monat hat mein Verleger ein Buch herausgegeben mit dem Titel: “Seiltanz: Der Autor und der Lektor”. Ich war ehrlich gesagt ziemlich erschüttert. Ich bin eine Autorin dieses Verlags und habe seit drei Jahren immer nur mit meiner Lektorin zu tun. Die Verlagsankündigung beschwichtigt allzu düstere Vorahnungen mit der Formulierung: "Deutsche Autorinnen und Autoren schreiben in diesem Band über ihre Arbeit mit dem Lektor." Mehr hier. Die namentliche Aufzählung der Mitwirkenden ergibt, dass auf je drei Autoren eine Autorin kommt.
Wie hätte der Verleger sein Buch denn sonst noch betiteln können? Ich hätte folgendes vorgeschlagen:
Nicht was viele jetzt denken mögen. Nein - nicht "AutorInnen und LektorInnen". Erstens mögen Liebhaber der deutschen Sprache das große I nicht - das ist nur was für den schnelllebigen Journalismus, nichts für die Ewigkeit, die für ein Buch erhofft wird. Außerdem soll ja eine Beziehung zwischen “Autor” und “Lektor” angedeutet werden, und sei es auch nur die Arbeitsbeziehung. Dieser Aspekt geht bei der Pluralformulierung irgendwie verloren.
Auch hätte ich einfühlsam auf kühne Vorschläge wie “Das Autor und das Lektor” verzichtet - das mögen die Sprachliebhaber erst recht nicht. Und das umfassende Femininum "Die Autorin und die Lektorin" ist zwar unbeschreiblich weiblich, kommt aber auch nicht überall gut an, obwohl alle Männer immer herzlich mitgemeint sind. Keine radikalen Vorschläge also diesmal, sondern nur: Immer schön abwechseln, und zwar im Singular, und wir bekommen dieses:
Die Autorin und der Lektor Oder meinetwegen auch Der Autor und die Lektorin
Ich finde, das klingt viel interessanter als das “geschlechtsneutrale” Der Autor und der Lektor. Da ist doch Musik und erotische Spannung drin - und alle werden fragen: “Wieso denn Autorin?” Oder “Wieso denn Lektorin?” Und der Herausgeber braucht nur noch vielsagend zu lächeln und die reichlich fließenden Gelder einzustreichen.
Und zum traurigen Ende: Was soll frau davon halten, wenn Christa Wolf ein Buch mit dem Titel “Die Dimension des Autors” veröffentlicht? 1986 haben wir Feministinnen uns heftig darüber aufgeregt, dass “unsere Christa” sich diesen Fauxpas geleistet hat. Aber inzwischen ist es für reuige Einkehr vermutlich zu spät. "Die Dimension der Autorin" ist ihr vielleicht zu leibhaftig.
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34 Kommentare
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31.07.2010 um 17:16 Uhr Gondlir
Ich wurde auch mal in einem Arbeitsvertrag als Mitarbeiterin und Frau bezeichnet. Vermutlich durch unachtsame Mehrfachverwendung derselben Vorlage. Ich hatte mich nicht darüber beschwert, nur amüsiert darauf hingewiesen, dass es da eine Diskrepanz zu meinem biologischen Geschlecht gibt.
Etwas anderes mag ich dagegen gar nicht: Wenn jemand mich mit dem Namen meiner Ehefrau anredet, nur weil er oder sie wie selbstverständlich davon ausgeht, dass Ehepartner immer denselben Namen hätten.
31.07.2010 um 13:36 Uhr Anne
liebe Luise , wie schön, dass es dich gibt !
so geht es vehemt sprachlich lustig weiter mit der `männerschublade`. das zitat `männer können nicht zuhören` zeigt nicht nur der amazon überdeutlich, nein, männer `wollen` nicht zuhören. es scheint ihnen lästig zu sein, frauen sprachlich sichtbar und als selbst/ständiges individuum anzunehmen bzw. i.d. dt. männersprache darzustellen. das `-in` es ist ja soo unbeqem anzuwenden, denn bei jeder anwendung assoziiert mann gedanklich `zum weiblichen`, ruft die anwesenheit von `frauen/dasein` ins gedächtnis und das scheint vielen körperliche kopf/schmerzen zu bereiten?
so ergeht es mir häufig, wenn mir newslettas von ....zugeschickt werden - die direkte anrede lautet meistens `liebe freunde `- manchmal haben meine schriftl. proteste erfolg und die nächste newsletta lautet `liebe freundinnen und freunde`. auch hier ist man/frau häufig zu bequem, bei der übersetzung aus dem engl. ins deutsche uns frauen direkt anzusprechen.
ich hoffe sehr, dass auch andere frauen heftigst protestieren und die verlage, die zeitungshäuser - überall dort, wo wir sprachlich ausgemerzt werden - pausenlos um korrekturen erbitten. allein unsere zahlreichen proteste könnten hie und da im männlichen bewusstsein der redakteure, journalisten, autoren, lektoren platz einnehmen - schließlich brüstet sich mancher mann stolz mit der feststellung, das männergehirn sei größer als das weibliche. also platz ist dort doch genügend vorhanden .....:-( oder gibt es für ihn doch nur das eine geschlecht? das andere geschlecht wird eher als `gebrauchsgegenstand` , je nach lust und laune, sichtbar gemacht?
und gerade bei der neutralen sprachform zeigt mann beständig weitere lese- bzw. lern-schwächen.
ein full-time-job / so habe ich inzwischen gelernt / gegen die `ausmerzung` von frauen nicht nur in der sprache anzugehen, und das insbesonder als weiblicher mensch. die meisten männerpostings sind mit häme und dümmlichen sprüchen gespickt - also nichts neues;
wird aber endlich in größerem umfange frauenwirken z.b. in frauenporträts (dieStandard) sichtbar gemacht , unternimmt mann unter garantie die nächsten klöpse. in den postings erlebe ich selten anerkennung von männl. usern - übliche pubertäre bemerkungen, abwertung gegenüber frauenschicksale, frauenwirken seitens der maskulisten/antifeministen - wie: `wir wollen euch (das) in uniform sehen´ etc. und pp.
also, wir frauen sollten uns auch in der männersprache nicht von denen `uniformieren` lassen.
ich weise bei meinen protestschreiben auch gerne auf das `umfassende femininum` hin - ein faires angebot, immerhin sind männer (künstlerin) deutlich sichtbar mit/gemeint. die neue ard-sendung `deutschland, deine künstler` richtet uns ebenso auf das maskulinum ab - ich habe mir erlaubt sie darauf hinzuweisen, daß ich mit fräude vernommen habe, brillante künstler wie maffay und schneider sind nun endlich auch in den kreis bedeutender künstlerinnen aufgenommen worden.
“in der herrkömmlichen geschichtsschreibung und in allen abendländischen gesellschaften sind frauen unsichtbar gemacht worden: die namen und leistungen von frauen wurden vergessen, ignoriert, ausgelöscht. wir kennen zwar die geschichte der kaiser und könige, generäle und diktatoren und die jahreszahlen der kriege, die sie geführt haben (manche männer scheinen auf ihre zerstörerischen besonders stolz zu sein).
überall begegnen wir männern in der literatur, kunst, wirtschaft, industrie, religion, wissenschaft, politik.”
” für nichts wird soviel reklame gemacht wie für männer . unentwegt erinnern sie an sich selbst: auf geldscheinen, briefmarken, gedenkmünzen, strassenschildern, in lexika, zitatensammlungen.”
(Luise F. Pusch) - quelle frauenwissen.at
und das gilt ja auch für das deutsche als männersprache.
llg Anne - pardon f.d. abschweifen und die vielen zeilen und, und, und