(Johanna Bertha Julie Jenny von Westphalen [Geburtsname])
geboren am 12. Februar 1814 in Salzwedel
gestorben am 2. Dezember 1881 in London
deutsche Vorkämpferin des Sozialismus; Frau von Karl Marx
210. Geburtstag am 12. Februar 2024
Biografie • Zitate • Weblinks • Literatur & Quellen
Biografie
»Ach lieb lieb Liebchen, nun mengelierst Du Dich noch gar in die Politik. Das ist ja das Halsbrechendste. Karlchen, bedenk nur immer, daß Du daheim ein Liebchen hast, das da hofft und jammert und ganz abhängig von Deinem Schicksal ist.« (Jenny von Westphalen 1841 an Karl Marx).
1843, nach siebenjähriger Verlobungszeit, heiratet die »Ballkönigin von Trier« den vier Jahre jüngeren Dr. Karl Marx. Als begeisterte Demokratin »mengeliert« sie sich fortan mit ihm in die Politik, wird seine Sekretärin, führt für ihn die umfangreiche Korrespondenz mit Genossen, Verlegern, kopiert seine Texte, diskutiert sie mit ihm; auf ihr politisches Urteil hat Marx stets großen Wert gelegt.
Ein Bericht in der Deutschen-Brüssel-Zeitung über das Neujahrsfest des Deutschen Arbeitervereins 1847/48 vermerkt, daß »Frau Marx ihr geniales Deklamationstalent« in einer »dramatischen Vorstellung« zeigte. Sie hat durchaus also eine eigenständige Rolle in der sozialistischen Bewegung gespielt. Und nicht nur dort: 1875 veröffentlicht die Frankfurter Zeitung ihre Artikel über das Londoner Theater und den Shakespeare-Darsteller Irving.
Aber die Abhängigkeit von Marx' Schicksal hat ihr auch genügend Jammer gebracht: ein Leben im Exil (Brüssel, Paris und London), durch Mietschulden bedingte ständige Umzüge; ein Leben in Armut, die gelegentliche Erbschaften und ständige Zuschüsse von Engels nicht beseitigten; der frühe Tod von vier ihrer sieben Kinder, bedingt durch die miserablen Lebensverhältnisse; zunehmende Depressionen. Erst 1867 erscheint, nach 17-jähriger Arbeit, Marx' erster Band des »Kapital«, und der Alpdruck in der Familie lässt nach. 1876 erkrankt Jenny Marx, die Diagnose lautet Krebs. Am 2. Dezember 1881 stirbt sie.
Text von 1989. Bilder korrigiert und Neuerscheinungen eingefügt am 03.03.2014. Herrn Manfred Schöncke danke ich herzlich für den Hinweis auf falsch zugeordnete Bilder. AN
Verfasserin: Kathrin Grothe
Zitate
Sie besaß einen heiteren und glänzenden Geist. Die an ihre Freunde gerichteten Briefe, welche ihr mühe- und zwanglos nur so aus der Feder flossen, sind wahrhaft meisterliche Leistungen eines lebhaften und originalen Geistes. Es galt für ein Fest, einen Brief von Frau Marx zu erhalten…
(Paul Lafargue in seinen Erinnerungen an Karl Marx, 1890)
Frau Jenny Marx hatte ich bereits kennengelernt, sie war eine vornehme Erscheinung, die sofort meine Sympathie gewann, die ihre Gäste in der scharmantesten und liebenswürdigsten Weise zu unterhalten verstand. […] Als ich am Tage vor unserer Abreise noch einmal die Marxsche Familie besuchte, lag Frau Marx zu Bett. Auf meine Bitte, mich verabschieden zu dürfen, führte mich Marx zu ihr mit der strengen Weisung, nicht länger als eine Viertelstunde mit ihr zu plaudern. Aber wir gerieten sofort in eine so animierte Unterhaltung, daß ich ihren Zustand ganz vergaß, und aus der Viertelstunde wurde mehr als eine halbe Stunde. Da trat der ungeduldig gewordene Marx ein und hielt mir eine Strafpredigt, ich wolle ihm wohl seine Frau zugrunde richten? Wehmütig nahm ich Abschied von ihr, denn das Leiden, an dem sie litt, war unheilbar. Ich sah sie nie wieder. Sie starb bereits im nächsten Jahr.
(August Bebel, in: Aus meinem Leben, Bd. 3, S. 139 ff.)
Stumpf blieb mit der Familie Marx befreundet. Es war im Sommer 1875, als ich von ihm ein Billet erhielt: »Kommen Sie bestimmt heute abend 8 Uhr ins Hotel Landsberg; interessanter und lieber Besuch.« Ich erschien pünktlich im Hotel und fand dort Stumpf mit einer, wie man sagt, distinguiert aussehenden Dame vor, deren Alter ich auf 55 bis 60 Jahre taxierte. Ein scharf geschnittenes, geistvolles und anziehendes Antlitz, eine stolze Haltung und ein außerordentlich liebenswürdiges Wesen – so trat mir Jenny Marx entgegen, die Lebensgefährtin von Karl Marx, deren Großvater, Herr von Westphalen, der geniale bürgerliche Generalstabschef des Prinzen Ferdinand von Braunschweig im siebenjährigen Kriege und deren Bruder der preußische Reaktionsminister von Westphalen war. Sie brachte mir Grüße von ihrem Gatten und ihrer Tochter Eleanor. Die Unterhaltung, während der wir von Stumpf sehr opulent bewirtet wurden, war so anregend, daß wir bis gegen drei Uhr morgens zusammen blieben.
(Wilhelm Blos, in: Denkwürdigkeiten eines Sozialdemokraten. München: G. Birk, 1914 und 1919, Bd. 1, S. 190)
Aber viel näher als alle diese Dinge ging mir ein schmerzliches Ereignis um diese Zeit, das mich tief bewegte. Am 2. Dezember 1881 war Jenny Marx gestorben, die Gattin unseres großen Vorkämpfers. Wir hatten öfter miteinander korrespondiert, und ich hatte sie nur einmal – in Mainz – gesehen, aber der Eindruck, den die seltene Frau auf mich machte, war ein dauernder geblieben. Sie war damals etwas über sechzig Jahre alt gewesen, hatte aber den Eindruck einer rüstigen Fünfzigerin gemacht. So gut hatte ihre treffliche Konstitution und ihr unerschütterlicher Lebensmut den schrecklichen Widerwärtigkeiten, die sie erdulden mußte, widerstanden. Man kann sich denken, was der Verlust dieser Lebensgefährtin für Karl Marx bedeutete, die sein ganzes Dasein erhellte und erwärmte. »Sie hat«, sagte Engels in einem Nachruf, »die Schicksale, die Arbeiten, die Kämpfe ihres Mannes nicht nur geteilt, sie hat daran mit dem höchsten Verständnis, mit der glühendsten Leidenschaft Anteil genommen.«
(Wilhelm Blos, ebenda, Bd. 2, S. 37)
Links
Jenny Marx Gesellschaft für politische Bildung e.V. – Rosa Luxemburg Stiftung Rheinland-Pfalz.
Online verfügbar unter http://www.jenny-marx-gesellschaft.de/, zuletzt geprüft am 11.02.2019.
DNB, Katalog der Deutschen Nationalbibliothek: Jenny Marx. Veröffentlichungen.
Online verfügbar unter http://d-nb.info/gnd/118578510, zuletzt geprüft am 11.02.2019.
Engels, Friedrich (1881): Rede am Grab von Jenny Marx. In: Karl Marx/Friedrich Engels – Werke. Dietz, Berlin. Band 19, 4. Auflage 1973, Berlin, S. 293/294.
Online verfügbar unter http://www.mlwerke.de/me/me19/me19_293.htm, zuletzt geprüft am 11.02.2019.
Friedrich-Ebert-Stiftung: Museum Karl-Marx-Haus Trier.
Online verfügbar unter http://www.fes.de/marx/index.htm, zuletzt geprüft am 11.02.2019.
International Institute of Social History: Karl Marx / Friedrich Engels Papers. Alle online verfügbar!
Online verfügbar unter http://hdl.handle.net/10622/ARCH00860, zuletzt geprüft am 11.02.2019.
Internet Movie Database: Jenny Marx, la femme du diable (TV 1993).
Online verfügbar unter http://www.imdb.com/title/tt0366637/, zuletzt geprüft am 11.02.2019.
Marx, Jenny (1865): Eintrag im Poesiealbum von Tochter Jenny (März 1865).
Online verfügbar unter http://www.zeit.de/zeit-geschichte/2009/03/Poesiealbum-Jenny-Marx/seite-2, zuletzt geprüft am 11.02.2019.
Marxists Internet Archive: Jenny von Westphalen Biography. Kurzbiografie und Link zu Briefen und Theaterkritiken (engl.).
Online verfügbar unter http://www.marxists.org/archive/marx/bio/family/jenny-vw.htm, zuletzt geprüft am 11.02.2019.
Literatur & Quellen
Quellen
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Löwen, Walter (1977): Jenny Marx. Roman. Hannover. Moorburg-Verlag.
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Zimmermann, Ruth (1984): Jenny Marx und ihre Töchter. Frauen im Schatten des Revolutionärs. Orig.-Ausg. Freiburg im Breisgau, Basel, Wien. Herder. (Herderbücherei, 1176) ISBN 3-451-08176-8.
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Weiterführende Literatur
Ambrosi, Marlene (2017): Jenny Marx - eine bedeutende Frau. 1. Auflage. Trier. Verlag Michael Weyand. ISBN 978-3-942429-25-2.
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Beinert, Claudia; Beinert, Nadja (2018): Revolution im Herzen. Die heimliche Liebe des Karl Marx. München. Knaur. ISBN 9783426654330.
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Deeken, Annette (Hg.) (2018): Jenny & Karl Marx. Eine Liebe in Briefen. Unter Mitarbeit von Anne Moll, Douglas Welbat und Peter Kaempfe. Eppstein, Taunus. MultiSkript UG; MultiSkript. ISBN 9783942878227.
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Giroud, Françoise (1998): Das Leben der Jenny Marx. Biographie. (=Jenny Marx ou la femme du diable) Aus dem Französischen von Sylvia Koch. 2. Aufl. München. Deutscher Taschenbuchverlag. (dtv, 30632) ISBN 3-423-30632-7.
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Hecker, Rolf und Limmroth, Angelika (Hg.) (2014): Jenny Marx. Die Briefe. Berlin. Dietz. ISBN 978-3-320-02297-6.
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Limmroth, Angelika (2014): Jenny Marx. Die Biographie. 1. Aufl. Berlin. Dietz. ISBN 978-3-320-02296-9.
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Marx, Jenny (1989): Ein bewegtes Leben. Zusammenstellung und Einleitung von Renate Schack. Berlin. Dietz. ISBN 3-320-01024-7.
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Marx, Jenny (1989): »Sie können sich denken, wie mir oft zu Muthe war…«. Jenny Marx in Briefen an eine vertraute Freundin. Herausgegeben von Wolfgang Schröder. 1. Aufl. Leipzig. Verlag für die Frau. ISBN 3-7304-0233-1.
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Mäuer, Jürgen Wolfgang (2014): Jenny Marx in ihrer Zeit. Leben für Veränderung! ; Jenny-Marx-Gesellschaft zum 200. Geburtstag am 12. Februar 2014. Neuwied. Jenny-Marx-Ges. für politische Bildung. ISBN 978-3-944-50804-7.
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Mehr dazu unter http://www.wvttrier.de/
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Schütrumpf, Jörn (Hg.) (2008): Jenny Marx oder: Die Suche nach dem aufrechten Gang. Rosa-Luxemburg-Stiftung Berlin. Dietz. ISBN 978-3-320-02147-4.
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Mehr dazu unter www.dietzberlin.de
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Schwerin von Krosigk, Lutz (1976): Jenny Marx. Liebe und Leid im Schatten von Karl Marx ; eine Biographie nach Briefen, Tagebüchern und anderen Dokumenten. 2. Aufl. Wuppertal. Staats-Verlag. ISBN 3-87770-015-2.
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Stephan, Inge (1989): Das Schicksal der begabten Frau. Im Schatten berühmter Männer. 12. Aufl. Stuttgart. Kreuz-Verl. 2000. ISBN 3-7831-0987-6.
Teusch, Ulrich (2011): Jenny Marx. Die rote Baronesse. 1. Aufl. Zürich. Rotpunktverlag. ISBN 3-85869-459-2.
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Vongries, Caroline (2018): Jenny und Karl Marx. Liebe als Kapital. Leipzig. Buchverlag für die Frau. (Minibibliothek) ISBN 389798542X.
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Worobjowa, Olga; Sinelnikowa, Irma (1988): Die Töchter von Marx. (=Dočeri Marksa) Aus dem Russischen von Waldemar Dölle. 5. Aufl. Berlin. Dietz. ISBN 3-320-01036-0.
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