geboren am 5. Dezember 1934 in Sacramento, Kalifornien
US-amerikanische Schriftstellerin, Essayistin und Journalistin
90. Geburtstag am 5. Dezember 2024
Biografie • Literatur & Quellen
Biografie
Didions in Deutschland wohl bekanntestes Werk ist ihr Trauerprotokoll Das Jahr magischen Denkens (2005, 2006 in deutscher Übersetzung), in dem sie den plötzlichen Tod ihres Ehemannes, des Schriftstellers John Gregory Dunne, nach 40-jähriger Lebens- und Arbeitsgemeinschaft verarbeitet. Sie hat seit 1963 außerdem noch fünf Romane, mehr als acht Bände nichtfiktionaler Literatur und (mit Dunne) viele Drehbücher verfasst - und sich so einen Ruf als führende amerikanische Intellektuelle erworben. Ihre Reportagen über die kulturelle Landschaft (beginnend mit der plastischen Darstellung der Hippiekultur San Franciscos 1968) und das politische Klima (etwa die Analyse der Bush-Regierung und ihrer Manipulation der öffentlichen Meinung nach dem 9. September 2001) zeigen Didion als gewandte Stilistin und scharfsinnige Beobachterin ihres Landes durch viele Jahrzehnte.
Didions VorfahrInnen kamen im 19. Jahrhundert nach Kalifornien, und ihre Schriften behandeln oft den Verlust der alten PionierInnen-Werte (wie “self-reliance”) im amerikanischen Westen. Sie studierte englische und amerikanische Literatur an der Universität von Kalifornien in Berkeley, hatte aber schon immer viel gelesen und geschrieben. Hemingway war ihr großes Vorbild. 1956 gewann Didion einen Preis der Zeitschrift Vogue und ging nach New York, wo sie bis 1963 bei Vogue als Redakteurin arbeitete und Artikel und Erzählungen auch für andere Zeitschriften schrieb, unter anderem für die konservative National Review. (Später schrieb sie für eher liberale Zeitschriften wie The New York Review of Books und The New Yorker.)
1964 heirateten sie und Dunne und zogen nach Los Angeles, wo sie eine Tochter adoptierten. Obwohl Didion in den 60ern weiterhin schriftstellerisch produktiv war, konnte sie keinen Sinn mehr in ihrem Leben erkennen und litt unter Depressionen. Zum Teil führte sie das auf die Umwälzungen der Zeit zurück, zum Teil auf innere Probleme. Ein psychiatrisches Gutachten vom Sommer 1968 betont “ihre fundamental pessimistische, fatalistische und depressive Anschauung der Welt um sie herum…. Sie scheint zutiefst von dem Gefühl ergriffen, daß jedes menschliche Bemühen von vornherein zum Scheitern verurteilt ist….” (Das weiße Album, 17) Didions fatalistische “Weltanschauung” prägt auch ihre Schriften dieser Zeit, die beiden ersten Romane Run River (Menschen am Fluss) und Play It as It Lays (Spiel dein Spiel) und die Essaybände Slouching Towards Bethlehem (Stunde der Bestie) und The White Album (Das weiße Album) über die kalifornische Szene der 50er bis zu den frühen 70er Jahren. Mit ihren genauen Beobachtungen und der subjektiven Perspektive der Essays wurde Didion zur Exponentin des “Neuen Journalismus”.
In den 70er Jahren äusserte sich Didion kritisch über die Frauenbewegung und die Autorin Doris Lessing, lobte aber die Malerin Georgia O’Keeffe: “Manche Frauen kämpfen und andere nicht. Wie so viele erfolgreiche Guerillas im Krieg zwischen den Geschlechtern – scheint Georgia O’Keeffe schon frühzeitig mit einem unumstößlichen Gespür dafür ausgestattet gewesen zu sein, wer sie war, und der ziemlich deutlichen Gewißheit, daß sie es würde beweisen müssen.” (Das weiße Album, 143) Und obwohl Didions weibliche Romanfiguren eher Opfer als Kämpferinnen sind, belegen sie doch, darin den Frauen Marieluise Fleissers ähnlich, die Schädlichkeit der Frauenrolle.
Ihre pessimistische Weltanschauung hat Didion nicht daran gehindert, eine ungemein fleißige Journalistin und Schriftstellerin zu sein. In den 80er und 90er Jahren kamen Bücher über El Salvador, Vietnam, Miami und die politische Kultur Amerikas. Gerade in letzter Zeit wurden ihr viele Ehrungen zuteil. Das Jahr magischen Denkens zum Beispiel bekam 2005 den begehrten National Book Award für Nonfiction. Didion hat das Buch auch zu einem Monolog für die Bühne umgearbeitet, der von ihrer Freundin Vanessa Redgrave aufgeführt wurde.
Verfasserin: Joey Horsley
Literatur & Quellen
Didion, Joan. 1996 (1968). Stunde der Bestie. Essays (= Slouching Towards Bethlehem). Aus d. am. Engl. von Elke Schönfeld. Reinbek. Rowohlt.
Didion, Joan.1983 (1979). Das weiße Album. Eine kalifornische Geisterbeschwörung. Aus d. am. Engl. von Charlotte Franke. Köln. Kiepenhauer und Witsch
Didion, Joan. 1980 (1970). Spiel dein Spiel. Roman (= Play It As It Lays). Aus d. am. Engl. von Margarete Eberhardt. München. Droemer-Knauer.
Didion, Joan. 2006 (2005). Das Jahr magischen Denkens. Aus d. am. Engl. von Antje Ràvic Strubel. Berlin. Claassen.
Academy of Achievement. 2006. Interview: Joan Didion.
Comer, Krista. 2002. “Joan Didion.” The Literary Encyclopedia.
Concise Dictionary of American Literary Biography: Broadening Views. 1968-1988. 2007 (1989). Joan Didion. Reproduced in Biography Resource Center. Farmington Hills, MI. Gale. Document Number: K1654000006.
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Donaldo, Rachel. 2005. “Every Day Is All There Is.” New York Times. Books. 09. Oktober 2005.
Felton, Sharon, Hg. 1994. The Critical Responses to Joan Didion. Westport, CT. Greenwood.
Friedman, Ellen G., Hg. 1984. Joan Didion: Essays and Conversations. Princeton, N. J. Ontario Review Press
Henderson, Katherine Usher. 1981. Joan Didion. New York. Ungar
Joan Didion. 2008. Wikipedia. (Ausführliche Liste der Werke mit deutschen Übersetzungen).
Joan Didion. 2008. Wikipedia (englisch).
Mayer, Susanne. 2006. “Die Überlebende.” Die Zeit, 14.09.2006 Nr 38.
Winchell, Mark Royden. 1989 (1980). Joan Didion. Boston. Twayne
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