(Johanna Bertha Just)
geboren am 10. Juni 1861 in Dresden
gestorben am 17. März 1929 in Potsdam
Gründerin und Direktorin der Staatlichen Handels- und Gewerbeschule für Mädchen in Potsdam
95. Todestag am 17. März 2024
Biografie • Zitate • Literatur & Quellen
Biografie
Johanna Just bewegte sich innerhalb der Traditionen ihrer Zeit und nutzte zugleich die gesellschaftlichen Veränderungen, um ihre Ziele durchzusetzen. 1889 gründet sie eine private Schule und vermittelt dort zunächst hauswirtschaftliche Kenntnisse an künftige Ehefrauen aus bürgerlichen Kreisen.
Fünf Jahre später nimmt sie die berufliche Ausbildung von Frauen ins Schulkonzept auf und eröffnet in Potsdam die “Frauengewerbe-, Haushaltungs- und Kochschule nebst Töchterpensionat”. 1904 setzt sie die staatliche Anerkennung der Anstalt durch und erarbeitet gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen die Grundlagen für eine einheitliche Ausbildung von Gewerbelehrerinnen.
Die Kaufmannstochter Johanna Just kann dabei auf ihre eigene fundierte Ausbildung zurückgreifen. Nach dem Abschluss eines Lehrerinnenseminars beginnt die fast 19-Jährige in verschiedenen hauswirtschaftlichen Bereichen zu arbeiten. Von 1880 bis 1885 lernt sie in Dresden und Berlin Kochen, Plätten und Wäscheanfertigen. 1887 schließt sie eine Schneiderinnenausbildung ab. Zwei Jahre später eröffnet sie gemeinsam mit ihrer Schwester Margareta und ihrer Mutter Laura das “Haushaltungspensionat für Töchter gebildeter Stände” in Hirschgarten bei Köpenick.
Rückblickend sagt sie, „äußere Verhältnisse“ hätten sie veranlasst, sich „auf eigene Füße zu stellen“. Was damals geschehen ist, kann nur vermutet werden. Möglicherweise starb der Vater, oder die Eltern hatten sich getrennt und die Frauen waren nun gezwungen, ihren Lebensunterhalt allein zu verdienen.
Mit drei Schülerinnen und der finanziellen Unterstützung eines Verwandten gehen sie das Wagnis ein und eröffnen das Haushaltungspensionat. Die Resonanz ist gut, denn die technischen Entwicklungen des 19. Jahrhunderts beeinflussen auch den bürgerlichen Alltag. Den zukünftigen Ehefrauen fehlt häufig das Wissen für die fachgerechte Bedienung der neuen Haushaltsgeräte. Hinzu kommt, dass durch die Einführung neuer technischer Hilfsmittel zunehmend weibliche Hausangestellte entlassen werden. Diese müssen sich, sofern sie nicht von ihrer Familie ernährt werden können oder wollen, nach anderen Erwerbsmöglichkeiten umsehen. Zudem streben immer mehr Frauen von sich aus nach finanzieller Unabhängigkeit.
Johanna, Laura und Margareta Just reagieren auf diesen Bedarf und eröffnen 1894 eine neue Schule in Potsdam. Hier bieten sie nun auch Seminare an, in denen Frauen einen Beruf in der Hauswirtschaft, Schneiderei oder Wäscherei erlernen oder Gewerbelehrerinnen werden können. Von Anfang an bemüht sich Johanna Just um die staatliche Anerkennung der Schule. Nur mit einer regelmäßigen Finanzierung ist es aus ihrer Sicht möglich, eine fundierte Lehrerinnenausbildung zu garantieren. Am 1. April 1904 ist es soweit. Die Anstalt wird als dritte preußische Handels- und Gewerbeschule für Mädchen mit Lehrerinnenbildungsanstalt von der königlichen Staatsregierung übernommen und Johanna Just zur „Königlichen Gewerbeschul-Vorsteherin“ ernannt. Damit verpflichtet sie sich zugleich zum so genannten Lehrerinnenzölibat: Sollte sie heiraten, muss sie ihren Dienst aufgeben, und ihre bis dahin erworbenen Pensionsansprüche erlöschen.
1907 erlässt das Preußische Handels- und Gewerbeministerium Vorschriften zur einheitlichen Ausbildung von Gewerbeschullehrerinnen. Dies ist auch das Ergebnis der jahrelangen Bemühungen von Johanna Just sowie ihren Kolleginnen und Kollegen aus Einrichtungen, die ebenfalls Lehrerinnen ausbilden. Die Potsdamer Schule expandiert und so wird 1908 in der heutigen Berliner Straße 114/115 ein repräsentativer lichtdurchfluteter Neubau eingeweiht, den die Kaiserin Auguste Viktoria ideell unterstützt hat.
In den nächsten Jahren gründet Johanna Just den „Potsdamer Hauswirtschaftsverband“ und den „Bund Hirschgarten-Potsdam“, um die ehemaligen Schülerinnen sowie Lehrerinnen und Lehrer fachlich zu vernetzen. Darüber hinaus sucht sie den Austausch mit ähnlichen Schulen wie den „Fachschulen für das weibliche Geschlecht“ in Hamburg oder der „Ostpreußischen Mädchengewerbeschule“ in Königsberg. Nach der Abdankung des Kaisers Ende 1918 wird die Anstalt in “Staatliche Handels- und Gewerbeschule für Mädchen zu Potsdam” umbenannt. Johanna Just bleibt Direktorin, bis sie 1926 in den Ruhestand geht. Von den 15 Jahren ihrer außerstaatlichen Lehrtätigkeit werden ihr allerdings nur fünf Jahre auf die Pension angerechnet.
Das 25-jährige Jubiläum der Schule erlebt sie nicht mehr. Sie stirbt am 17. März 1929 und wird auf dem Bornstedter Friedhof bestattet. Bei der Einweihung eines vom „Bund Hirschgarten-Potsdam“ ihr zu Ehren gestifteten Brunnens auf dem Schulgelände sind viele Gäste anwesend, darunter auch die ehemalige Lehrerin Gertrud Behrendsen. Sie hatte seit 1890 maßgeblichen Anteil an den Erfolgen der Schulen. Die Frauen standen sich offenbar sehr nah, denn in einer kurz vor ihrem Tod verfassten Rede zum Schuljubiläum bedankt sich Johanna Just ausdrücklich bei ihrer Arbeits- und Lebensgefährtin Gertrud Behrendsen.
Nach Jahren der Nutzung durch verschiedene Fachschulen befindet sich heute in dem Schulgebäude das Städtische Oberstufenzentrum III „Johanna Just“. Hier können junge Menschen eine Ausbildung in den Bereichen Ernährung, Hauswirtschaft, Gesundheit und Soziales absolvieren. Darüber hinaus erinnert eine Straße im Potsdamer Kirchsteigfeld an die ehemalige Gründerin und Direktorin der “Staatlichen Handels- und Gewerbeschule für Mädchen”.
Verfasserin: Jeanette Toussaint
Zitate
Einem jeden ernsten Streben ist Kampf beschieden, und es ist daher selbstverständlich, daß auch unsere Arbeit nicht immer den erhofften Erfolg erzielt, sondern gar oft bittere Enttäuschungen mit sich brachte. Die Liebe zur Jugend aber und die Freude, an den uns anvertrauten jungen Menschen Bildungs- und Erziehungsarbeit leisten zu können, ließ den Mut niemals sinken!
(Johanna Just in der Festschrift zum 25jährigen Bestehen der Staatlichen Handels- und Gewerbeschule für Mädchen zu Potsdam am 1. April 1929. Potsdam 1929, S. 3)
Literatur & Quellen
Hoßfeld, Dagmar/Renate Wullstein: Das weibliche Potsdam. Kurzbiographien aus drei Jahrhunderten. Potsdam 1998, S. 69.
Toussaint, Jeanette: Zwischen Tradition und Eigensinn. Lebenswege Potsdamer Frauen vom 18. bis 20. Jahrhundert. Hg. vom Autonomen Frauenzentrum Potsdam e.V. Potsdam 2009, S. 39-53.
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