Biographien Liselotte Welskopf-Henrich
(Prof. Dr. Elisabeth Charlotte Welskopf (wissenschaftlicher Autorinnenname), geb. Henrich)
geboren am 15. September 1901 in München
gestorben am 16. Juni 1979 in Garmisch-Partenkirchen
deutsche Schriftstellerin, Althistorikerin, Fürsprecherin der Dakota
45. Todestag am 16. Juni 2024
Biografie • Zitate • Weblinks • Literatur & Quellen
Biografie
Elisabeth Charlotte Welskopf wuchs gut behütet als Tochter einer Hausfrau und eines Rechtsanwalts in München, Stuttgart und Berlin auf. Schon früh entdeckte sie durch die Lektüre der Lederstrumpf-Erzählungen von James F. Cooper die Welt der indigenen Völker Amerikas. Mit 10 Jahren schrieb sie dem mexikanischen Präsidenten einen langen Brief, in dem sie ihn aufforderte, gegen die aufständischen Yaqui-Indianer human vorzugehen.
Bereits mit 14 Jahren traf sie die Entscheidung, Schriftstellerin und Historikerin zu werden. Zu den Freizeitvergnügen ihrer Jugend gehörten Bergsteigen und Klettern in den Alpen. 1921 machte sie das Abitur und studierte dann Ökonomie, Geschichte und Philosophie an der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin (heute Humboldt-Universität), wo sie 1925 promovierte. Danach arbeitete sie unter anderem an der Sozialen Frauenschule Charlottenburg, bevor sie von 1928 bis 1945 Angestellte beim Statistischen Reichsamt Berlin war. Ihre Ablehnung des NS-Staates führte sie zur Bekennenden Kirche und in die illegale Arbeit. Ab Ende der 30er Jahre unterstützte sie verfolgte Juden und KZ-Häftlinge mit Lebensmitteln und Medikamenten und versteckte schließlich ihren späteren Ehemann, den geflüchteten Kommunisten Rudolf Welskopf. Die Erfahrungen jener Zeit schilderte sie später in dem Roman „Jan und Jutta“.
Nach dem Krieg heiratete sie 1946 Rudolf Welskopf und trat im selben Jahr der KPD bei. Der gemeinsame Sohn Rudolf wurde 1948 geboren. Zunächst arbeitete sie bei der Baustoff-Beschaffungs-GmbH in Berlin und wirkte dann von 1952 bis 1959 als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Humboldt-Universität. Nach ihrer Habilitation wurde sie 1960 Professorin für Alte Geschichte und 1964 als erste Frau ordentliches Mitglied der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin.
Bekannt wurde Liselotte Welskopf-Henrich vor allem durch ihren Romanzyklus „Die Söhne der großen Bärin“, der seit 1951 in verschiedenen Ausgaben erschien, eine millionenfache Auflage in Ost- und Westdeutschland erreichte sowie in 18 Sprachen übersetzt wurde. Die Autorin beschreibt darin spannend, detailliert und liebevoll den tragischen Weg einer Stammesgruppe von Prärieindianern Ende des 19. Jahrhunderts. Erster Kontakt mit den weißen Eroberern, die verheerenden Wirkungen von Alkohol, Kampf um Gold, Verrat und Niederlage, schließlich die Flucht aus der Reservation in die kanadischen Berge - dies sind einige der Lebensstationen der Helden. Den Plan, diese Geschichte aufzuschreiben, hatte Liselotte Welskopf-Henrich bereits mit 17 Jahren gefasst und begann mit der Umsetzung, als sie 21 war. Zu ihren Quellen gehörten damals anerkannte Werke von Völkerkundlern, aber auch die Auseinandersetzung mit den Romanen von James F. Cooper oder mit dem Maler George Catlin. Wegen ihrer scharfen Kritik an der US-amerikanischen Indianer-Politik scheiterte die Herausgabe in den 20er Jahren. Nach mehrfachen Überarbeitungen erschien dann ein Teil des Zyklus erstmalig 1951 in der DDR im „Altberliner Verlag Lucie Groszer“.
Viele der vor allem jugendlichen Leserinnen und Leser sahen sich durch die historisch fundierte Geschichte ein für alle Mal gegen die triviale Wild-West-Romantik eines Karl May immunisiert.
Von 1963 bis 1974 besuchte Welskopf-Henrich auf mehreren Reisen in die USA und nach Kanada die Dakota-Indianer und studierte deren Traditionen. Für ihre Verdienste um ein realistisches Bild der nordamerikanischen Indianer wurde die Schriftstellerin mit dem Titel einer “Lakota-Tashina” (= Schutzdecke der Dakota) geehrt. Liselotte Welskopf-Henrich pflegte intensiven schriftlichen und persönlichen Kontakt zu führenden Persönlichkeiten der American Indian Movement (AIM) und empfing Dennis Banks und Clyde Bellecourt auch in ihrem Haus in Berlin. Später führte sie, in Reaktion auf die Besetzung von Wounded Knee 1973 und der Gefängnisinsel Alcatraz 1969, die Geschichte der „Söhne der Großen Bärin“ in dem fünfbändigen Romanzyklus „Das Blut des Adlers“ im 20. Jahrhundert fort. Hier spielt im Gegensatz zur ersten Romanfolge auch eine Frau eine der Hauptrollen, die junge Tashina Queenie, die als Künstlerin Traditionen und Gegenwart verbinden will.
Liselotte Welskopf-Henrich nutzte alle ihre Möglichkeiten, um die Sache der Indianer zu unterstützen – ihren Status als Wissenschaftlerin, ihr Ansehen als Schriftstellerin und ehemaliges Mitglied des antifaschistischen Widerstandes. Nach Kräften half sie auch materiell, indem sie Kleidung, Schuhe und Bücher sammelte und ihren Bekannten in die Pine Ridge Reservation schickte.
Von der Autorin erschienen neben der Romantrilogie „Zwei Freunde“ einige Kinderbücher, darunter das Lakota-Märchen „Der Steinknabe“.
Liselotte Welskopf-Henrich starb 1979 in Garmisch-Partenkirchen. Beigesetzt wurde sie auf dem Friedhof Berlin-Adlershof.
Verfasserin: Ulrike Henning
Zitate
Ich liebte Winnetou, wie ich Unkas geliebt hatte. Old Shatterhand war mir zu eitel und zu selbstgefällig, ich konnte ihn nicht ausstehen. Auch glaubte ich, daß der Schriftsteller gelogen haben müsse, wenn er behauptete, daß ein Apatschenhäuptling Madonnenaugen gehabt und nur um seines Freundes Scharlieh willen eine Bahn für den Feind mitten durch das Stammesgebiet fertig gebaut habe. Ich beschloß, selbst zu studieren, was in Wahrheit geschehen sei und was für Charaktere jene Indianer gewesen seien, die ihre Heimat und ihre Freiheit verteidigt hatten.
Links
Webseite zum Andenken an Liselotte Welskopf-Henrich .
Link geprüft und korrigiert am 7. Juni 2019 (AN)
Literatur & Quellen
Romanzyklus „Söhne der Großen Bärin“ Harka. Antiquarisch in verschiedenen Ausgaben. 2005. Der Weg in die Verbannung. Leipzig. Altberliner Verlag. 2005. Die Höhle in den schwarzen Bergen. Leipzig. Altberliner Verlag. Heimkehr zu den Dakota. Antiquarisch in verschiedenen Ausgaben. 2004. Der junge Häuptling. Leipzig. Altberliner Verlag. 2004. Über den Missouri. Altberliner Verlag in der Baumhaus Buchverlag GmbH
Romanzyklus „Das Blut des Adlers“ 2004. Nacht über der Prärie. Weinheim. Beltz & Gelberg 2000. Licht über weißen Felsen. Weinheim. Beltz & Gelberg. Stein mit Hörnern. Antiquarisch in verschiedenen Ausgaben. Der siebenstufige Berg. Antiquarisch in verschiedenen Ausgaben. 2001. Das helle Gesicht. Weinheim. Beltz & Gelberg.
Wissenschaftliche Veröffentlichungen: Welskopf, Elisabeth Charlotte. 1957. Die Produktionsverhältnisse im Alten Orient und in der griechisch-römischen Antike. Berlin. Akademie-Verlag.
1962. Probleme der Muße im alten Hellas. Habilitationsschrift. Berlin. Rütten-Loening.
1973. Hellenische Poleis - Krise, Wandlung, Wirkung. (Leitende Hg.) Berlin. Akademie-Verlag
1981-1985. Soziale Typenbegriffe im alten Griechenland und ihr Fortleben in den Sprachen der Welt. 7 Bände. (Hg.) Berlin. Akademie-Verlag.
Sekundärliteratur: Thomas Kramer. 2006. Heiner Müller am Marterpfahl. Bielefeld. Aisthesis.
Erik Lorenz. 2009. Liselotte Welskopf-Henrich und die Indianer: Eine Biographie. Chemnitz. Palisander-Verlag. 272 Seiten, mit zahlreichen Abbildungen. Uli Otto u. Till Otto. 2001. Auf den Spuren der Söhne der Großen Bärin. Untersuchung zum historischen und kulturgeschichtlichen Hintergrund der Jugendbücher “Die Söhne der Großen Bärin” von Liselotte Welskopf-Henrich. Regensburg. Kern.
Isolde Stark (Hg.) 2005. Elisabeth Charlotte Welskopf und die Alte Geschichte in der DDR. Beiträge der Konferenz zum 100. Geburtstag vom 21. bis 23. November 2002 in Halle/Saale. Stuttgart. Franz Steiner Verlag.
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