(Maria Fassnauer)
geboren am 28. Februar 1879 in Ridnaun (Südtirol)
gestorben am 4. Dezember 1917 in Ridnaun (Südtirol)
Südtiroler Schaustellerin; (vermutlich) größte Frau ihrer Zeit
145. Geburtstag am 28. Februar 2024
Biografie • Weblinks • Literatur & Quellen • Bildquellen
Biografie
Maria Faßnauer, Tochter einer Bauernfamilie, war ein Kind wie alle anderen. Aber im Alter von drei Jahren begann sie enorm zu wachsen und hatte mit 15 Jahren eine Körpergröße von 2,27 Metern erreicht. Bald wurde sie von der Öffentlichkeit entdeckt; die Tiroler Medien berichteten immer wieder über die »größte Frauenperson Tirols«. Nach Abschluss der Schule arbeitete Maria in der Landwirtschaft, bis Schaubudenbetreiber auf sie aufmerksam wurden. Ständig bedrängten sie die Eltern und boten der Familie viel Geld an für die Erlaubnis, das junge Mädchen als Attraktion auf Jahrmärkten und Festen vorzuführen. Doch die Eltern lehnten strikt ab, obwohl sie das Geld dringend gebraucht hätten.
1906 gab Maria Faßnauer den ständigen Angeboten und Überredungsversuchen nach und begann eine siebenjährige Reisetätigkeit durch ganz Europa. Begleitet wurde sie von ihrer Schwester. Wien, Berlin, Hamburg, London, Manchester – Maria wurde zur Attraktion auf Jahrmärkten und Festen, ob auf dem Kohlmarkt in Wien, dem Oktoberfest in München oder der Weltausstellung in Brüssel. Zeitungsanzeigen sollten neugierig machen auf das »größte Weib, das je gelebt hat«. Das verdiente Geld sparte sie, um es ihren Eltern zu geben. In Kleidung investierte sie wenig; bei all ihren Auftritten trug sie eine Tracht samt Tirolerhut, was sie noch größer und grotesker erscheinen lassen sollte.
Obwohl sie im Rampenlicht stand, lebte sie sehr isoliert. Die Schaubudenbetreiber ließen es nicht zu, dass sie sich außerhalb ihrer Auftritte in der Öffentlichkeit zeigte – das hätte die Einnahmen vermindert. Als tief religiöse Frau, die in den Briefen an ihre Eltern über Einsamkeit und Heimweh klagt, begab sich Maria Faßnauer lediglich in Gotteshäuser, um zu beten.
Ein Kapitel in Inga Hosps Buch »Die Riesin von Tirol« ist überschrieben »Monster für Millionen«. Maria Faßnauer musste durchhalten, wenn es hieß: »Kommen Sie meine Herrschaften, treten Sie heran, hier sehen sie Mariedl, die Riesin von Tirol.« Das lange Stehen fiel ihr schwer, sie litt an Beingeschwüren, aber:
»Eine sitzende Riesin will kein Unternehmer ausstellen. Ausstellen heißt es, nicht aussetzen (…), obwohl sie immer ausgestellt und zugleich den Schaulustigen ausgesetzt ist. Schaulustig. Lustig ist das Schlimmste daran.« (Inga Hosp)
1913 gab Maria Faßnauer das Leben als »Monster für Millionen« auf und kehrte zurück nach Ridnaun. Seelisch und körperlich angeschlagen, verbrachte sie ihre letzten Lebensjahre auf dem elterlichen Hof, wo sie, erst 38 Jahre alt, am 4. Dezember 1917 starb.
Dass Menschen mit mit ungewöhnlichen körperlichen Eigenschaften einer gaffenden Öffentlichkeit als Attraktion dargeboten werden, gehört nicht der Vergangenheit an. Auch heute noch werden solche Menschen in Talkshows und im Internet zur Schau gestellt wie Tiere im Zoo.
(Text von 2012)
Verfasserin: Barbara Stocker
Links
Hosp, Inga: Die Riesin. Eine Tiroler Karriere. In: Podium Literaturzeitschrift 119. PDF-Datei.
Online verfügbar unter https://www.podiumliteratur.at/app/download/12329390625/Podium%20119-120%20Inga%20Hosp.pdf?t=1452786118, zuletzt geprüft am 15.02.2024.
Widmann, Heinz: Tiroler Riesin Maria Faßnauer. Bergbaumuseum Ridnaun.
Online verfügbar unter http://schneeberg.org/deutsch/geschichte/tiroler-riesin-maria-fassnauer/, zuletzt geprüft am 15.02.2024.
Wikipedia: Maria Fassnauer.
Online verfügbar unter http://de.wikipedia.org/wiki/Maria_Fassnauer, zuletzt geprüft am 15.02.2024.
Literatur & Quellen
Schneider, Samantha; Hosp, Inga (2001): Die Riesin von Ridnaun. Abnormitäten, Kuriositäten, Schaustellungen. Bozen. Raetia. ISBN 88-7283-157-1. (Suchen bei Amazon | Eurobuch | WorldCat)
Bildquellen
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