Biographien Wilhelmine von Bayreuth
(Friederike Sophie Wilhelmine von Preußen; Wilhelmine von Preußen)
geboren am 3. Juli 1709 in Berlin
gestorben am 14. Oktober 1758 in Bayreuth
deutsche Komponistin und Kunstmäzenin; Lieblingsschwester und Vertraute Friedrichs des Großen
315. Geburtstag am 3. Juli 2024
Biografie • Zitate • Weblinks • Literatur & Quellen • Bildquellen
Biografie
Wilhelmine von Bayreuth, die älteste Schwester Friedrichs des Großen, wurde als Friederike Sophie Wilhelmine von Preußen am 3. Juli 1709 in Berlin geboren. Ihre Eltern waren der Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I., der durch seine Militärschule und die »Langen Kerls« in die Geschichte einging, und Königin Sophie Dorothea aus dem kurfürstlichen Haus Hannover. Ihr Empfang auf dieser Welt war alles andere als freudig; das Königspaar erwartete sehnsüchtig einen Prinzen, nachdem das zuvor 1707 geborene Kind (Friedrich Ludwig) das erste Jahr nicht überlebt hatte.
Sophie Dorothea ließ ihren zehn Kindern eine gute humanistische und musikalische Erziehung angedeihen. Sprachen, Altertumskunde und Musik hatten in der Ausbildung eine zentrale Bedeutung, wenn auch nicht ohne tieferen Grund: die Königin strebte gute Partien für ihr Haus an, und sie hatte die fixe Idee, die beiden ältesten Kinder mit dem englischen Königshaus zu verheiraten. Unter diesen jahrelangen Heiratsverhandlungen litten die Geschwister und besonders Wilhelmine; in ihren Memoiren schildert sie eindrucksvoll die schweren Jahre ihrer Kindheit.
Die Briefe, die Wilhelmine und Friedrich über 30 Jahre lang wechselten, haben der Nachwelt ein sehr persönliches Bild von dem innigen Verhältnis der beiden und ihren Sorgen, Nöten und Interessen vermittelt. Den Flöte spielenden Bruder begleitete Wilhelmine am Cembalo oder auf der Laute. Über Musik korrespondierten sie lebenslang und tauschten Kompositionen, Hofmusiker und Instrumente zwischen Berlin und Bayreuth aus.
Wilhelmine entzückte bereits als Sechsjährige die Berliner Hofgesellschaft mit ihrem Cembalospiel, ab 1728 nahm sie Unterricht bei dem Lautenisten Sylvius Leopold Weiß. Den Flöte spielenden Bruder konnte sie fortan begleiten, und beide titulierten ihre Instrumente liebevoll: »La principessa« war die Flöte und »Prinz Dickbauch« die Laute.
1731 heiratete Wilhelmine den Erbprinzen von Bayreuth und gebar am 30. August 1732 ihr einziges Kind, Friederike. Ab 1735, als Markgräfin von Bayreuth, verwandelte sie die Provinzhauptstadt in einen »Musentempel«. Als Bauherrin, Akademiegründerin, Philosophin, Komponistin und Mäzenin brachte sie das Flair der großen Höfe nach Bayreuth. Sie ließ nach Plänen der italienischen Brüder Bibiena das noch heute erhaltene Opernhaus errichten, der Ausbau der Eremitage mit den Anlagen fortschrittlichster Gartenkunst wurde an allen fürstlichen Höfen gerühmt und kopiert, und auch der Neubau des durch einen Brand 1753 vernichteten Stadtschlosses beeindruckte durch die Besonderheiten seiner Inneneinrichtungen.
Die Mäzenin ließ begabte SängerInnen und KomponistInnen in Venedig ausbilden, um sie mit Engagements an ihre Oper zurückzuholen. Als Leiterin der Bayreuther Oper war Wilhelmine für die Musikaufträge und die Besetzungen zwanzig Jahre lang verantwortlich. Von ihren eigenen Kompositionen sind leider nur wenige überliefert. Zu den bisher gefundenen Werken der Komponistin Wilhelmine gehören die Oper »L’Argenore«, eine Flötensonate und zwei Cavatinen zur Oper »L’Huomo« von Andrea Bernasconi. Ferner wissen wir von verschiedenen Opern, von denen lediglich die Libretti erhalten sind, deren Musik von »diversii autori« komponiert wurde, also von den Hofmusikern und sicher auch der Opernintendantin Wilhelmine selbst.
Wilhelmines künstlerische Idealvorstellung war eine interdisziplinäre Kunstgattung, die bildende Kunst, Architektur, Literatur, Philosophie und Musik verbinden sollte. 1756 gründete sie in Bayreuth daher eine Kunstakademie, um den Dialog zwischen den Künsten zu fördern.
Durch die enge Beziehung zu Voltaire, der viele Monate in Bayreuth verbrachte und Wilhelmine als Gesprächspartnerin schätzte, war die Markgräfin philosophisch geschult. Als Verfechterin der Lehre des Aufklärers Christian Wolff wurde sie gegen diverse Anfeindungen zu einer fortschrittlichen Philosophin.
Trotz verletzender Intrigen bei Hofe und schwerer Krankheit hat Wilhelmine durch ihren immensen Wissensdrang bis zum Ende ihres kurzen Lebens kreative Impulse gegeben. In ihr sehen wir eine der ersten sich emanzipierenden Frauen der Aufklärung – gebildet, geistreich, kreativ und gesellschaftspolitisch aktiv.
»Du, Schwester, die zur Göttin ich erhob, […] Kraft Deiner Tugend hielt der Welt ich stand […]« schrieb Friedrich II. 1758 aus dem Kriegslager an die Schwester. Am 14. Oktober 1758 starb Wilhelmine von Bayreuth, kurz bevor die Zeilen des Bruders eintrafen.
Verfasserin: Adelheid Krause-Pichler
Zitate
Die Musik zu Argenore enthüllt uns Wilhelmine als eine ambitionierte, kenntnisreiche und sorgfältig gestaltende Komponistin: Die handwerklich solide und affektisch differenzierte Ausarbeitung der bemerkenswert groß dimensionierten und mit virtuosem Koloraturenwerk prunkvoll ausgestatteten Arien beeindruckt ebenso wie die deklamatorisch präzise und harmonisch anspruchsvolle Gestaltung der Rezitative. Der von Akt zu Akt anwachsenden affektischen Heftigkeit der Opernhandlung trägt Wilhelmine in der Ariengestaltung, aber auch im Einsatz von Accompagnato? Rezitativen im III. Akt Rechnung; hierin wie in anderen Details zeigt sich ein feines Gespür für den dramaturgischen Bogen der Opernhandlung
(Wolfgang Hirschmann 1995 im Vorwort zur gedruckten Ausgabe der Argenore-Partitur, gefunden hier)
Ich bin wie Du der Musik treu geblieben und habe eine Leidenschaft für das Adagio; allerdings braucht man, um es recht klagend herauszubringen, ein wenig Schwermut, ich aber werde, wenn ich Dich erst sehe, nur freudiger Gefühle fähig sein.
(Friedrich der Große in einem Brief an seine Schwester, 29. Dezember 1751, gefunden hier)
Links
Bayerische Verwaltung der staatlichen Schlösser; Gärten und Seen: Das Bayreuth der Markgräfin Wilhelmine. (Link aufrufen)
Bayreuth.de: Wilhelmine von Bayreuth. Downloads (Briefe, Vorträge…) (Link aufrufen)
Fiedler, Daniel (2001): Wilhelmine von Bayreuth. Enthält umfangreiche Informationen zu Leben und Wirken mit besonderem Augenmerk auf die Oper »Argenore«. MUGI – Musik und Gender im Internet. (Link aufrufen)
Musikhaus Dassler: Noten von Wilhelmine von Bayreuth. (Link aufrufen)
Wilhelmine Doppeljubiläum. Der Blog zum Doppeljubiläum von Wilhelmine Markgräfin von Bayreuth. (Link aufrufen)
Wilhelmine von Bayreuth: Memoiren der Markgräfin Wilhelmine von Bayreuth. Online-Text der im Insel-Verlag 1923 erschienenen Ausgabe. Projekt Gutenberg-DE. (Link aufrufen)
Links geprüft und korrigiert am 26. Juni 2019 (AN)
Literatur & Quellen
Quellen
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Weiterführende Literatur
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