Biographien Nelly Mann-Kröger Biografie von 1993 über Nelly Mann-Kröger von Marianne Krüll
Biografie von 1993 über Nelly Mann-Kröger von Marianne Krüll
Fünf Jahre lang bis zu ihrem Selbstmord am 17. Dezember 1944 war sie Heinrich Manns Ehefrau, die blonde Nelly, 27 Jahre jünger als er. Kennengelernt hatte sie den fast 60jährigen 1929 im Berliner Nachtleben, wohin Heinrich aus seiner Ehe geflohen war. Sie arbeitete als Animierdame in einem Nachtlokal am Kurfürstendamm. Er hat sich wahrscheinlich in sie verliebt, weil sie aus seiner Heimat stammte. Sie scheint aber auch seine politischen Ansichten geteilt zu haben, denn einer ihrer Freunde, der ihr dann bei der Flucht vor den Nazis half, war Kommunist.
1933 folgte Nelly Heinrich in die Emigration, zunächst nach Frankreich, dann in die USA. Anders als sein Bruder Thomas konnte Heinrich im Ausland nicht Fuß fassen. Materiell und psychisch ging es ihm und Nelly vor allem in den USA sehr schlecht. Thomas Mann unterstützte seinen Bruder, sah dabei auf dessen – wie er fand – ordinäre Lebensgefährtin herab und riet Heinrich, sich von ihr zu trennen. Nelly trank, weil ihr Leben sonst nicht auszuhalten gewesen wäre. Sie arbeitete als Tellerwäscherin in einer Klinik, während Heinrich einen unverkäuflichen Roman nach dem andern schrieb. Als sie wegen Trunkenheit straffällig wurde, versuchte sie einen Selbstmord und kam deshalb in die Psychiatrie. Ein Brief an Heinrich aus der Klinik ist ein herzzereißendes Dokument des Leidens, aber auch der berechtigten Vorwürfe gegen ihn.
Wenige Monate später war sie tot. Heinrich an einen Freund:
Sie starb in der Ambulanz [...]. Es war ihre fünfte Vergiftung, [...] schon der vorletzte Versuch wäre beinahe gelungen. [...] Dieses letzte Jahr war Jammer und Schrecken. [...] Einem schuldloseren Leiden war ich niemals nahe. [...] Personen, die nichts wissen, versuchen mir anzudeuten, es sei besser so. [...] Nein. Zurückkehren an Orte, wo ich sie hatte, und bringe sie nicht mehr mit? Ich verlasse kaum noch die Wohnung, die doch ihre war.
Nelly hieß eigentlich gar nicht Kröger und ist auch nicht in Niendorf als Fischerstochter geboren, wie es in allen Biographien heißt. Sie hieß Emmy Johanna Westphal und ist am 15. 2. 1898 als uneheliches Kind der Dienstmagd Bertha Margaretha Elise Westphal in Ahrensbök, nicht weit von Lübeck, geboren. Wer ihr Vater ist, weiß man nicht. Denkbar ist, daß es der Dienstherr der Mutter war, ein jüdischer Händler namens Troplowitz. Nelly und ihre ältere, ebenfalls uneheliche, Schwester wurden vom späteren Ehemann der Mutter, dem Fischer Kröger in Niendorf, adoptiert. Nelly war da aber schon 22 Jahre alt.
In seinem Roman Ein ernstes Leben hat Heinrich ihr Leben ziemlich getreu wiedergegeben, allerdings ohne die uneheliche Geburt einzubeziehen. Wie die Romanfigur Marie scheint auch Nelly sich schon früh durch Männerbekanntschaften ihr Leben angenehmer gemacht zu haben. Sie heiratete in Berlin einen Bankier, ein ungewolltes Kind wurde weggegeben. Heinrichs Geliebte und dann seine Frau zu werden, muß für sie die Erfüllung ihrer Träume gewesen sein. Doch der Traum war kurz.
(Text von 1993)
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