Verstopfung im Urinalmuseum Lüchow
Kaum hatte ich am 16. Januar meine Glosse „Über das Urinieren auf Leichen und Frauen“ veröffentlicht, da machten Männer mit ihrem Urin schon wieder Schlagzeilen. Die Urinale im Männerklo des neuen Rolling-Stones-Museums in Lüchow sehen aus wie weit geöffnete, grell geschminkte Frauenmünder – gierig, den „Urinsekt“ zu empfangen. Als Frauen sich über diese sexistische Entgleisung beschwerten, wie zuvor schon in New York und in Wien, wurde ihnen wie üblich „Humorlosigkeit“ vorgeworfen. Zudem betonte der Museumsbesitzer, die Urinale - sie heißen übrigens „Kisses“ - seien von einer Künstlerin gestaltet worden und wären schweineteuer gewesen.
Mich wundert vor allem, dass MÄNNER sich nicht über die Zumutung beschweren, in Frauenmünder pinkeln zu sollen. Da m.W. aber von männlicher Seite keine Proteste eingegangen sind, müssen wir schließen, dass Männer im Durchschnitt tatsächlich so frauenfeindlich sind, wie wir es schon immer befürchtet haben.
Hätte das Museum „im Scherz“ das Klopapier mit Bibelsprüchen oder Koransuren bedrucken lassen, hätte es einen Riesenaufstand gegeben. Die Papierrollen, ob künstlerisch gestaltet, schweineteuer oder was auch immer, wären umgehend verschwunden, und der Museumsbesitzer hätte eine Strafanzeige wegen Religionsbeschimpfung bekommen.
Es wäre auch mal interessant zu erfahren, wie das Publikum, insbesondere die Nutzer der künstlerischen Pissoirs, reagieren würden, wenn die Urinale als Männermünder stilisiert würden, sagen wir mit einem feschen Schnurrbart. Die Klobrillen und -schüsseln in den Damentoiletten könnten auf dieselbe Weise zu hoher Kunst werden.
Sicher hätten die Männer Humor und Kunstverstand genug, das alles witzig und künstlerisch wertvoll zu finden. Nur die Frauen, schätze ich mal, würden diese abartigen Klos meiden und sich beschweren.
Aber wer sagt denn, dass wir ALLES ohne Gegenwehr „schlucken“ müssen?! Ein kleiner Vorschlag an die Besucherinnen der Damentoiletten im Stones-Museum Lüchow: Tampons, Hygienebinden und dergleichen wandern ab sofort direkt ins Klo, nicht in das Eimerchen daneben! Dessen Inhalt wandert vielmehr auch ins Klo. Heillose Verstopfung wird nicht lange auf sich warten lassen. Wenn die Damentoiletten verstopft sind, wird die Aktion in den Herrentoiletten fortgesetzt. Dazu künstlerisch gestaltete Haftzettel auf den Klodeckel kleben: „Die Verstopfung wird aufhören, wenn die sexistischen Urinale verschwunden sind.“
Die Rolling Stones hätten sicher ihre Freude an dieser anarchischen Frauen-Kunst-Aktion.
Dieses einfache Rezept für ebenso kunstsinnigen wie durchschlagenden weiblichen Widerstand lässt sich vielfach variieren. Den Freier, der zur „Gesichtsbesamung“ ansetzt, könnte z.B. eine oral applizierte „bluttriefende Tamponade“ gehörig aus dem Konzept bringen ...
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12 Kommentare
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21.02.2012 um 02:55 Uhr lfp
Es gibt noch was besseres für Pee & Poo: Die phantastische Peepoo-Tüte:
http://www.peepoople.com/
20.02.2012 um 09:13 Uhr undine
ich glaube schon, das Männer ihre ganz eigene Protestform gegen eklige Toiletten gefunden haben: sie benutzen sie einfach nicht, sondern pinkeln draußen vor dem Lokal an die Wand. Ich habe jetzt schon so oft gehört, dass Männern die Männertoiletten zu eklig zum benutzen waren, meist weil die Vorgänger weder zielen noch spülen konnten, ich glaube es stimmt. Selbst in Schulen kann man Jungs- und Mädchenklos meist schon am Geruch unterscheiden.
Was folgt daraus? Wild-Pinkler sind keine Ferkel, sondern Protestler, und sollten unterstützt werden. Denn wenn ich mir überlege, was die Alternative ist: dann lieber an die Hauswand dieses Museums oder was auch immer, als drinnen in solche Urinale. Statt weitere ekelerregende Pissbecken an die Wände zu hängen, könnten ja mehr Bäume gepflanzt werden im Umfeld öffentlicher Einrichtungen. Und fürs große Geschäft gibt’s dann eine Tüte, die Infrastruktur ist ja schon vorhanden durch die Hundekot-Tüten-Spender. Lieber gegen einen Baum, als in einen Mund.
15.02.2012 um 15:09 Uhr Amy
Na, wenn das keine Frauenmünder sind. Hier beispielsweise gut abgebildet bei EMMA zum Thema Pornografie.
Mit der Frauenmund-Urinal-Idee hat die niederländische Künstlerin nun wirklich kein wahres Kunststück vollbracht.
http://www.emma.de/hefte/ausgaben-2005/septemberoktober-2005/top-themen/outside-deep-throat/
10.02.2012 um 15:36 Uhr anne
bis dato wusste ich nicht, dass es in dem s/m-gewerbe spezielle `toiletten-masken` gibt, damit mann z.b. bei rollenspielen seinen urinsekt in/über die frau ausschüttet - und sperma wird u.a. auf`s frühstücks-brot serviert, damit der herr noch besser auf touren kommt - sogar gas-masken gibt`s im angebot und gefesselte gummi-sklavinnen völlig maskiert wie im horror-film müssen mit einem vibrierenden ei in der vagina und leichten stromelektroden im .... gute miene zum ekelhaften spiel machen ...und das geschäft boomt mit der unterhaltung rund um das geschlechtsteil..
ganz eindeutig gehört zum s/m-gewerbe die latexmaske mit mundfeature in rot - das heisst, daß die argumentation kunstobjekt zur obigen sexy-urinale widerlegt ist. um nicht noch mehr werbung für diese branche zu machen, stelle ich die passenden bilder hier nicht ein. die urinale im rolling-stones-museum ist identisch mit den latexmasken mit mundfeature.
ich kann mir gut vorstellen, daß der museums-hüter seine manntasie aus der s/m-szene geholt hat und (sich) auch deshalb so be/gierig an den klo-schüsseln festhält. wer kennt schon all die vorlieben der museums-hüter ... ?
09.02.2012 um 10:25 Uhr Gast
Hallo,
ich kann es gar nicht fassen, dass solche Ideen von Frauen kommen und das in Zeiten der “Emanzipation”. Die Fachkräfte sollten doch mehr in hohen Positionen auf Multiple Persönlichkeiten achten, denn man weiß ja mittlerweile, dass sogar Millionärskinder von Geburt auf an misshandelt werden und diese landen trotzdem oft in hohen Positionen und Funktionen, aufgrund der patriarchalen Netzwerke. Deshalb haben wir bis heute keine Emanzipation erreicht, weil diese Frauen in ihren multiplen Persönlichkeiten dem Mann dienen müssen. Sie sind durchaus masochistisch und so lassen sich so viele frauenfeindliche Aktionen von Frauen auch erklären.
08.02.2012 um 23:29 Uhr Anonym
Ich habe die selben Urinale im Catonium gesehen.
Das Catonium in Hamburg ist ein SM Club.
08.02.2012 um 20:15 Uhr Christine
Dabei wären doch gefletschte Piranhamäuler auch ganz apart gewesen…
08.02.2012 um 18:53 Uhr anne
@ Lena - augen zu und an england denken, so wurden ja früher die jungen frauen auf seine hochzeitsnacht und die erfüllung ihrer ehelichen pflichten vorbereitet - ungeliebte, unsensible ehemänner, arrangierte ehen, unerwünschte zwangerschaften / ein elend für mio frauen, auch heute noch weltweit.
ich glaube dennoch, daß die kont. feministische empörung schritt für schritt zu einem umdenken führen kann.
doch das bedeutet auch gegen windmühlen anzukämpfen bei all den verbrüderungen vieler geschlechtsgenossinnen mit den `peinigern` - die lieber die männterfantasien bedienen und sich deren (sexuellen) wünschen anpassen mit spaß an unterwerfungsritualen…
grusel, auch die goldene kamera tue ich mir nicht an. und der urinal-museums-wärter gehört genau zu der sorte mann, der dem herrkömmlichen männlichkeitskult huldigt.
also runter mit dem männlichkeitswahn - eine aufkleberin, die evtl. ganz gut auf einer sexy urinale noch platz finden könnte ? http://www.linke-t-shirts.de/Runter-mit-dem-Maennlichkeitswahn_galerie103639.htm