Biographien Maria Gaetana Agnesi
geboren am 16. Mai 1718 in Mailand
gestorben am 9. Januar 1799 in Mailand
italienische Mathematikerin und Wohltäterin
225. Todestag am 9. Januar 2024
Biografie • Zitate • Literatur & Quellen
Biografie
Maria Gaetana Agnesi war die Älteste von 21 Kindern einer wohlhabenden Mailänder Kaufmannsfamilie, die ihre herausragende Begabung früh erkannte und förderte. Die zweite Tochter, Maria Teresa, war hochmusikalisch und wurde früh am Cembalo ausgebildet. Der stolze Vater veranstaltete “akademische Abende” in seinem Haus, zu denen Maria Gaetana und Maria Teresa ihre Talente vorführen durften. Gaetana disputierte mit den gelehrten Gästen über Philosophie und Naturwissenschaft, und ihre Schwester unterhielt sie mit ihrem Cembalospiel.
Auf diese Weise ging ihr Leben dahin, bis Agnesi 1739 im Alter von 21 Jahren den Wunsch äußerte, ins Kloster zu gehen. Ihr Vater konnte sie überreden, sich weiter der Wissenschaft zu widmen, aber nur unter folgenden Bedingungen: Erstens wollte sie sich einfach und bescheiden kleiden dürfen, zweitens wollte sie, so oft sie es wünschte, in die Kirche gehen, drittens wollte sie nicht ins Theater, zu Bällen und dergl. gehen.
Das nächste Jahrzehnt widmete Agnesi sich folgsam der Mathematik. Das Ergebnis ihrer Studien und Forschungen war das 1748 veröffentlichte Werk Instituzioni analitiche (Grundlagen der Analysis), das ihren Ruhm begründete. Es ist eine systematische Darstellung des mathematischen Wissens ihrer Zeit. In zwei Bänden behandelt Agnesi die Gebiete Algebra, analytische Geometrie, Integral- und Differentialrechnung. Dabei erhebt sie keinen Anspruch auf eigene mathematische Entdeckungen, aber sie revidierte die Mathematik ihrer Zeit gründlich in dem Versuch, die unterschiedlichen Entdeckungen, die in den Werken vieler Autoren verstreut waren, in eine “natürliche Ordnung” zu bringen: “Während ich die verschiedenen Methoden behandelte, fielen mir Erweiterungen und etliche andere Dinge ein, die der Neuheit und Originalität vielleicht nicht ganz entbehren.” Besonderen Wert legte Agnesi auf größtmögliche Klarheit der Darstellung, der sie die “Reinheit der Sprache” unterordnete.
Agnesi widmete ihre Instituzioni analitiche der Kaiserin Maria Theresia, die ihr dafür ein Kristallkästchen mit Diamanten und einen Diamantring schenkte. Papst Benedikt XIV. ernannte sie zur Honorarprofessorin an der Universität Bologna - gelehrt hat sie dort allerdings niemals, obwohl die große Physikerin Laura Bassi sie wiederholt darum bat.
Vier Jahre nach diesem Triumph - Agnesi war 34 Jahre alt - starb Agnesis Vater (die Mutter war schon nach der Geburt des achten Kindes gestorben, als Agnesi 14 war). 47 Lebensjahre lagen noch vor ihr, und sie widmete sie der Ausübung ihres Glaubens und Werken der Nächstenliebe. Umgehend wechselte sie zum Studium der Theologie und sorgte für Arme und Kranke. Zunächst wohnte sie mit einigen ihrer Schutzbefohlenen im Haus ihrer Familie, später bezog sie mit vieren von ihnen ein Mietshaus.
1771 übernahm Agnesi die Leitung der Frauen–Abteilung des Altersheims Pio Albergo Trivulzio und widmete die letzten 28 Jahre ihres Lebens dieser Einrichtung. Die Zahl der EinwohnerInnen stieg bald auf über 450. 1783 zog Agnesi selbst in das Heim.
(Text von 1998)
Verfasserin: Luise F. Pusch
Zitate
Die zeitgenössischen Fachgelehrten äußerten sich voller Bewunderung über Agnesis Instituzioni analitiche: “Ordnung, Klarheit und Präzision beherrschen das ganze Werk. Bis heute haben wir kein Werk in irgendeiner Sprache erblickt, das es erlaubt, so schnell und gründlich in die mathematische Analysis vorzudringen. Wir erachten diese Abhandlung für die vollständigste und bestgeschriebene ihrer Art.”
Literatur & Quellen
Anzoletti, L. 1990. Maria Gaetane Agnesi. Mailand.
Dictionary of Scientific Biography. Hg. Charles Coulston Gillespie; ab Bd. 17 Frederic L. Holmes. New York. Scribner. 1970ff.
Grinstein, Louise S. & Paul J. Campbell. Hg. 1987. Women of Mathematics: A Biobibliographical Sourcebook. Westport, CN. Greenwood
Klens, Ulrike. 1994. Mathematikerinnen im 18. Jahrhundert: Maria Gaetana Agnesi, Gabrielle-Emilie du Châtelet, Sophie Germain. Centaurus. Pfaffenweiler.
Masotti, A. 1940. Maria Gaetana Agnesi, Rendiconti del seminario matematico e fisico di Milano 14 (1940), 1-39.
Truesdell, C. 1989. “Maria Gaetana Agnesi”. Archive for the History of Exact Science 40 (1989), 113-142. Correction and Addition 43 (1991), 385-386.
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