(Tove Irma Margit Ditlevsen)
geboren am 14. Dezember 1917 in Kopenhagen
gestorben am 7. März 1976 (Selbstmord) in Kopenhagen
dänische Schriftstellerin
105. Geburtstag am 14. Dezember 2022
Biografie • Zitate • Weblinks • Literatur & Quellen • Bildquellen
Biografie
Von Tove Ditlevsens Leben zu sprechen, heißt von ihrem Schreiben zu sprechen – und umgekehrt. Ihr Leben war bestimmt durch den Drang, sich literarisch auszudrücken, und ihr umfassendes Werk eine ständige Auseinandersetzung mit ihren Erfahrungen, ihrer Identität. Die politisch bewusste Kritik und die Frauenbewegung der 1970er Jahre haben ihr daher den Vorwurf der Selbstbespiegelung, des Rückzugs ins Private und der Resignation gegenüber der Realität gemacht. Doch spätestens mit ihrer vierbändigen Autobiographie (1967-76), von der die Autorin gesagt hat, sie und eine Handvoll Gedichte würden das einzige sein, was sie überleben würde, problematisiert Ditlevsen eben diese postulierte Trennung von Öffentlichem und Privatem, von Leben und Schreiben.
Sie beschreibt zunächst ihre Kindheit in einer Arbeiterfamilie, die schmerzliche Beziehung zu einer lieblosen Mutter, ein Milieu, in dem sie sich fremd fühlt, Armut und Ängste; nach der Konfirmation die schnell wechselnden Arbeitsplätze im Haushalt und im Büro und schließlich den Durchbruch als Dichterin im Jahre 1939.
Ihre literarischen Erfolge werden überschattet von vier gescheiterten Ehen, zwei Schwangerschaftsabbrüchen, dem permanenten Entfremdungsgefühl im neuen, literarischen Milieu und, wohl als Folge all dessen, schließlich der Flucht in Depressionen und Drogen. Tove Ditlevsen beendet ihr schwieriges Leben durch einen Selbstmord, den sie am Schluss des letzten Bandes ihres autobiografischen Werks beschreibt, womit die Einheit von Leben und Werk mit größtmöglicher Konsequenz vollzogen ist.
Tove Ditlevsens Identität ist geprägt von mangelnder Geborgenheit, Einsamkeit, Anders-Sein, Angst und Wirklichkeitsflucht bis hin zur Todessehnsucht. Ihre Überlebensstrategie war – seit ihrer Kindheit – das Schreiben. Doch ist es nicht nur persönliche Therapie. Das Schreiben über ihr Leben macht Tove Ditlevsen zu einer öffentlichen Person, durch ihre schonungslose Selbstauslieferung tut sie einen Schritt hin zur Politisierung des Privaten. Und so erklärt sich ihre Popularität wohl nicht zuletzt durch die frauen- und zeittypischen Aspekte ihrer extremen Erfahrungen: angefangen von der schwierigen Mutter-Tochter-Beziehung bis zur Doppelrolle als Hausfrau, Mutter und Schriftstellerin, vom Entfremdungserleben bis zur vergeblichen Jagd nach Geborgenheit in der Ehe.
(Text von 1992)
Verfasserin: Annegret Heitmann (1992)
Zitate
Der Originaltitel des 3. Bandes der Erinnerungen ist doppeldeutig: Gift (dt. Sucht) bedeutet im Dänischen sowohl „Gift” als auch „verheiratet” und deutet auf die Verbindung der Ehe- und der Suchtproblematik hin.
Grundlegend für ihre Persönlichkeitsentwicklung war die von Furcht und Unsicherheit geprägte Beziehung zur Mutter. Geborgenheit fand bereits das junge Mädchen allein in der Poesie. Diese frühe Entfremdung vom familiären Milieu erzeugte in Tove Ditlevsen eine Wurzellosigkeit, die durch ihren späteren Ausbruch aus der Welt Vesterbros in die Kreise der Künstler und Literaten eher verstärkt als gemildert wurde. Obwohl sie sich zeitlebens nach der Sicherheit und Normalität eines bürgerlichen Ehe- und Familienlebens sehnte, verließ die innere Unrast sie nie und sie fühlte sich wirklich nur dann glücklich, wenn sie am Schreibtisch saß und in ihrer Arbeit aufgehend den Alltag vergessen konnte.Im Privatleben äußerte sich ihre seelische Zersplitterung in immer wiederkehrenden depressiven Psychosen und Tove Ditlevsen selber sah darin auch den Hauptgrund für das Scheitern ihrer Ehen.
(Kindlers neues Literaturlexikon, gefunden hier)
Mit niemandem kann man seine heimlichsten Gedanken teilen.
Mit dem Wichtigsten auf der Welt ist man allein.
Es ist eine ewige Bürde und eine leise Freude,
daß dich niemand dort erreicht und du keinen hereinläßt.(Tove Ditlevsen, gefunden hier)
Links
Dansk Kvindebiografisk Leksikon: Tove Ditlevsen. Ausführliche Biografie (dänisch). KVINFO - center for kvinde og kønsforskning.
gravsted.dk: Tove Ditlevsen. Grabstein.
litteraturpriser.dk: Tove Ditlevsen. Auszeichnungen, Ehrungen, Literaturpreise für Tove Ditlevsen.
Wikipedia (Dänemark): Tove Ditlevsen.
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Literatur & Quellen
Werke (dänisch)
Pigesind (1939. Digte. København. Naver)
Man gjorde et barn fortræd (1941. Roman. København. Athenæum)
Lille Verden (1942. Digte. København. Athenæum)
Barndommens Gade (1943. Roman. København. Athenæum)
Den fulde frihed (1944. Noveller. København. Athenæum)
For Barnets Skyld (1946. København. Athenæum)
Blinkende Lygter (1947. Digte. København. Athenæum)
Dommeren (1948. Noveller. København. Athenæum)
Kærlighedsdigte (1949. København. Hasselbalch)
Paraplyen (1952. København. Hasselbalch)
Udvalgte Digte (1954. København. Hasselbalch)
Vi har kun hinanden (1954. København. Hasselbalch)
Kvindesind (1955. København. Hasselbalch)
Foraar (1956. København. Hasselbalch)
Sind (1956. København. [Edvard Pedersen])
Annelise – tretten år (1958. København. Høst & Søn)
Flugten fra Opvasken (1959. København. Hasselbalch)
To som elsker hinanden (1960. København. Hasselbalch)
Den hemmelige Rude (1961. København. Hasselbalch)
Der var engang en lille hest (1961. København. [Spektrum])
Den onde Lykke (1963. Noveller. København. Hasselbalch)
Digte i udvalg (1964. København. Hasselbalch (Hasselbalchs Billigbøger, 116))
Læser højt (1966. København. Hasselbalch)
100 kærlighedsdigte fra héle verden.
Ditlevsen, Tove Irma Margit (1967. København. Hasselbalch)
Barndom (1967. København. Hasselbalch (Erindringar / Tove Ditlevsen, 1))
Ungdom (1967. København. Hasselbalch (Erindringar / Tove Ditlevsen, 2))
Ansigterne (1968. København. Hasselbalch)
Frygt (1968. Noveller i udvalg. København. Hasselbalch)
De voksne (1969. Digte. Kopenhagen. Gyldendal)
Det tidlige forår (1969. København. Gyldendal)
Med venlig Hilsen (1969. Udvalget er foretaget af Lis Thorbjørnsen. København. Steen Hasselbalch)
Gift (1971. København. Gyldendal (Erindringar / Tove Ditlevsen, 3))
Det runde Værelse (1973. København. Gyldendal)
Min Nekrolog og andre skumle tanker (1973. København. Gyldendal)
Parenteser (1973. København. Gyldendal)
Tove Ditlevsen om sig selv (1975. København. Gyldendal (Tæt på forfatterne))
Vilhelms Værelse (1975. København. Gyldendal)
En sibylles bekendelser (1976. København. Gyldendal)
Noveller (1977. København. Gyldendal)
Til en lille Pige (1978. Efterladte digte. København. Gyldendal)
Digte (1979. København. Gyldendal)
Udvalgte Værker 1-8 (1979. København. Gyldendal)
Pigesind og Kvindesind (1986. Samlet udg. af Tove Ditlevsens 2 berømteste digtsamlinger. København. [Gyldendal] (Gyldendals paperbacks))
Kaere Victor (1993. Breve fra Tove Ditlevsen til Victor Andreassen; 1972-76. København. Gyldendal)
Boken om Tove (1995. Stockholm. LL-förl (Lättläst))
Samlede digte (1996. København. Gyldendal)
En æggesnaps – og andre noveller (1997. København. Gyldendal)
Pigesind, kvindesind og andre dikti utvalg (2001. Oslo. Den norske lyrikklubben)
Al min lykke (2004. Måløv. Jørgen Jensen)
Werke (deutschsprachige Ausgaben)
Antkowiak, Alfred (Hg.) (1970): 15 dänische Erzähler. Enthält Erzählungen von Sven Holm, Hans Hansen, Benny Andersen, Anders Bodelsen, Ole Henrik Laub, Tove Ditlevsen, Klaus Rifbjerg, Peter Seeberg, Peter Ronild, Grete Gadmar, Frank Mehr und Knud Holst. Berlin. Volk und Welt (Erkundungen, 1).
Bauer, Ulrike (Hg.) (1993): Unaufhaltsame Entzweiung. Ein Lesebuch. Beiträge von Brigitte Kronauer, Luigi Malerba, Rolf Dieter Brinkmann, Andre Dubus, Federico Fellini, Max Frisch, Angelika Mechtel, Yasushi Inoue, Tove Ditlevsen, Joseph Conrad, Marlen Haushofer, Urs Faes u.a. Frankfurt am Main. Suhrkamp.
Ditlevsen, Tove (1952): Straße der Kindheit. (=Barndommens Gade). Aus dem Dänischen von Bernhard Jolles. Frankfurt am Main. Büchergilde Gutenberg.
Ditlevsen, Tove (1965): Als Anneliese dreizehn war. (=Annelise – tretten år). Stuttgart. Boje.
Ditlevsen, Tove (1980): Sucht. Erinnerungen. (=Gift. Erindringer (1971)). Aus dem Dänischen von Erna Plett und Else Kjær. Frankfurt am Main. Suhrkamp (Edition Suhrkamp, 1009).
Ditlevsen, Tove (1981): Wilhelms Zimmer. (=Vilhelms værelse (1976)). Aus dem Dänischen von Else Kjaer und Bärbel Cosmann. Frankfurt am Main. Suhrkamp (Edition Suhrkamp, 1076).
Ditlevsen, Tove (1987): Gesichter. (=Ansigterne). Aus dem Dänischen von Else Kjær. Frankfurt am Main. Suhrkamp (Edition Suhrkamp, 1165).
Rossel, Sven H. (Hg.) (2004): Kopenhagen. Enthält Text(e) von Tove Ditlevsen. Klagenfurt. Wieser (Europa erlesen).
Quellen
Brostrøm, Torben; Winge, Mette (Hg.) (1981): Danske digtere i det 20. århundrede. Darin: „Tove Ditlevsen” von Mette Winge (S. 241-257). København. Gad.
Ditlevsen, Tove (1980): Sucht. Erinnerungen. (=Gift. Erindringer (1971)). Aus dem Dänischen von Erna Plett und Else Kjær. Frankfurt am Main. Suhrkamp (Edition Suhrkamp, 1009).
Ditlevsen, Tove (1981): Wilhelms Zimmer. (=Vilhelms værelse (1976)). Aus dem Dänischen von Else Kjaer und Bärbel Cosmann. Frankfurt am Main. Suhrkamp (Edition Suhrkamp, 1076).
Holmquist, Ingrid; Witt-Brattström, Ebba (1983): Kvinnornas litteratur historia. Darin: “På barndommens gata. Om Tove Ditlevsen” von Maria Berner (S. 157-171). 2 Bände. Lund. Författarförlaget.
Knudsen, Susanne (1989): Imellem – skidt og skrift. Debatterende og skrivende kvinder i midten af det 20. århundrede. København. Gyldendal.
Weiterführende Literatur
Andersen, Jens (1997): Til døden os skiller. Et portræt af Tove Ditlevsen. København. Gyldendal.
Bjørnvig, Thorkild (1991): Digtere. Tove Ditlevsen, Ole Sarvig, Frank Jaeger; Tom Kristensen, Paul la Cour, Martin A. Hansen; Knud Sønderby, Otto Gelsted, William Heinesen. København. Gyldendal.
Brantly, Susan C. (1995): The Madwoman in the Spacious Apartment Tove Ditlevsen's Ansigterne. In: Edda, Jg. 95, H. 3, S. 257–265.
Ditlevsen, Tove; Andreassen, Victor (1993): Kaere Victor. Breve fra Tove Ditlevsen til Victor Andreassen; 1972-76. København. Gyldendal.
Ditlevsen, Tove; Knudsen, Niels (Hg.) (1987): Tove Ditlevsen. Copenhagen. Gyldendal (Tekst og forfatter).
Egholm Andersen, Frank (2004): Tove Ditlevsen som ung. Biografie. Mit Literaturhinweisen und Internetadressen. Frederiksberg. Her&Nu (Store danske forfattere som unge, 2).
Jakobsen, Gunnar (1964): Tove Ditlevsen. København. Gad (Danske Forfattere / Jakobsen, [6).
Kongsted, Lisbet; Hermansen, Anne-Mette; Østengaard, Sten (2006): Sans og samling. Anna Ancher, Karen Blixen, Tove Ditlevsen, Cecil Bødker, Inger Christensen. Albertslund. Malling Beck (Scoop, 11).
Loesch, Lise (1985): Tove Ditlevsen. Übersetzt von Monika Wesemann. Kopenhagen. Schultz (Dänische Themen 1984, 13).
Lyngby Jepsen, Hans (1963): Ny dansk Prosa. Fra Tove Ditlevsen til Christian Kampmann. Copenhagen. Vendelkær (SV Bøgerne).
Mogensen, Harald (1976): Om Tove Ditlevsen. En bog skrevet af venner og andre der kendte hende. København. Forum.
Nagel, Ester; Knudsen, Susanne (1986): Husmor og skribøse. En brevveksling med Tove Ditlevsen. Charlottenlund. Rosinante.
Richard, Anne Birgitte (1976): Kvindelitteratur og kvindesituation. Socialisering, offentlighed og æstetik ; en undersøgelse af kvinders litterære produktionsvilkår med analyser af Tove Ditlevsen og Jette Drewsen. København. Gyldendal.
Syberg, Karen (1997): Tove Ditlevsen. Myte og liv. København. Tiderne skifter.
Thorbjørnsen, Lis (1970): 1971 e. Kr. Fem digterportrætter. Tove Ditlevsen, Klaus Rifbjerg, Elsa Gress, Ulla Ryun, Cecil Bødker. København. Kristeligt Dagblads forlag.
Thygesen, Erik (1986): TD [Tove Ditlevsen]. 13 ansigter. København. Tiderne skifter.
Bildquellen
http://bente.lynghoej.person.emu.dk/
http://www.danishliterature.info/
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