Biographien Elisabeth von Heyking Elisabeth von Heyking, von Siegfried Carl
Elisabeth von Heyking, von Siegfried Carl
In der Kaiserzeit ist sie eine der populärsten Schriftstellerinnen, die mit ihren klischee-beladenen Unterhaltungsromanen die Leser(innen)massen begeistert. 1903 steht ihr Bestseller „Briefe, die ihn nicht erreichten“, im Umfeld des chinesischen Boxer-Aufstandes spielend – zu Lebzeiten über 100 Auflagen – nach einer Umfrage des „Literarischen Echos“ neben „Jena oder Sedan“ von Franz Adam Beyerlein und Thomas Manns „Buddenbrooks. Verfall einer Familie“ – der mehrere Jahre diese Position einnimmt – an der Spitze bei Verkaufszahlen und Ausleihen in Leihbüchereien.
Die Enkelin der Bettine und des Achim von Arnim, in Karlsruhe geboren, wo ihr Vater Albert Graf von Flemming preußischer Gesandter am badischen Hof ist, wächst behütet in von Kultur und Bildung geprägter Umgebung auf. Eine erste Ehe 1881 mit dem Professor der Staatswissenschaften in Halle, Stefan Gans Edler Herr zu Putlitz, will sie nach der Geburt einer Tochter nach zwei Jahren durch Scheidung beenden, worauf sich ihr Mann skandalträchtig das Leben nimmt. Hiervon überschattet ist die folgende zweite Ehe 1884 mit dem preußischen Diplomaten Edmund Baron von Heyking, der postwendend auf Auslandsmissionen geschickt wird. Die nächsten Jahre, in denen zwei weitere Söhne geboren werden, verlebt das Ehepaar in Florenz, Kalkutta, Valparaiso, Kairo, New York, Peking, Belgrad, und Mexiko. Nach der Rückkehr und krankheitsbedingten Pensionierung ihres Mannes leben die von Heykings in Baden-Baden. 1915 stirbt Edmund von Heyking und 1917 fallen ihre beiden Söhne in Flandern. Elisabeth zieht auf das ererbte Schloss Crossen bei Zeitz.
Zu ihrem Wirken als Schriftstellerin: Sie schreibt einen kleinen Lyrikband mit französischen Gedichten und englische Essays in amerikanischen Zeitschriften, bevor sich ihre schriftstellerische Phantasie auf deutsche Novellen, zunächst in der „Deutschen Rundschau“ und „Neuen Freien Presse“, und Romane konzentriert – der erste „Briefe, die ihn nie erreichten.“, der gleich ihr größter Erfolg wird, erscheint auch zunächst 1902 als Fortsetzungsroman in der „Täglichen Rundschau“ in Berlin. Geschickt bedient sie die Lust ihrer Leserschaft an der Klaviatur der Leidenschaften, am Reiz des Exotischen fremder Länder und Sitten, und mischt ihre eigenen Erfahrungen aus aller Herren Länder in ihre Erzählungen.
Unmittelbar nach ihrem Tod veröffentlicht ihre Freundin Grete Litzmann in München 1926 ihre „Tagebücher aus vier Weltteilen“ über die Jahre 1886 bis 1904, die eine Fundgrube von Anekdötchen, Skandälchen und Hintergrundinformationen über die Zustände in den Gesandtschaftskreisen des Deutschen Kaiserreiches in aller Welt darstellen, und einen tiefen Blick in das koloniale Denken des deutschen Adels im diplomatischen Dienst gewähren.
(Text von 2024 aus dem Buch ”...immer Luise” von Siegfried Carl; mit freundlicher Genehmigung des Verfassers).
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