Heimatministerium – Männerministerium
von Helke Sander
In Nürnberg gibt es eins, für Thüringen und andere Bundesländer wird es gefordert oder als Projekt diskutiert. Das Heimatministerium.
Bevor der Gedanke noch weitere Kreise zieht, möchte ich doch vorschlagen, dass die Verantwortlichen sich einmal gründlich mit der anderen Möglichkeit befassen, die mir dringender zu sein scheint: mit dem Männerministerium. Seit ungefähr zwanzig Jahren setze ich mich immer mal wieder für dessen Realisierung ein.
Es geht um den Mann als Mann.
Dank Weinstein hat das Thema eine breite Brisanz bekommen. Nicht nur in Hollywood wird über den „toxischen Mann“ gesprochen (siehe Wikipedia). Es geht nicht darum, ihn als Angehörigen eines Unternehmens, einer Religion, einer politischen Partei, als Umweltschützer, Kapitalismuskritiker, Tierschützer kenntlich zu machen, sondern als Geschlechtswesen, das weltweit zunehmend Probleme schafft.
Um das zu verdeutlichen, möchte ich eine Geschichte in die Erinnerung zurückrufen, die sich Mitte der achtziger Jahre abspielte und meines Wissens zum ersten Mal den Mann als Geschlecht thematisierte. „Das Komitee für Grundrechte und Demokratie“ unter Leitung von Wolf Dieter Narr hatte zu einem Kongress aufgerufen, der sich unter verschiedenen Gesichtspunkten in einer sehr heterogen zusammengesetzten Teilnehmergruppe mit Fragen sexueller Gewalt befassen sollte. Außerdem wurden zwei unterschiedliche Jurys gewählt, die am Ende der Veranstaltung ihre Vorschläge und Forderungen darstellen sollten. Es gab eine Frauen- und eine Männerjury – schon das war bemerkenswert. Die Männerjury überraschte die Frauenjury am Ende mit einem großartigen Plan: Ein Punkt in ihrem Forderungskatalog war die Ankündigung der Jury, dass sie in den nächsten Wochen zu einer Männer-Demonstration im Frankfurter Flughafen aufrufen würden, die sich vor den Schaltern der sogenannten „Bumsbomber“ nach Thailand und Kenia treffen und ALS MÄNNER die Fluggäste damit konfrontieren würden, welche Verbrechen sie am Ziel mit den einheimischen Mädchen und Jungen und jungen Frauen begehen würden.
Das wurde von den auf dem Kongress anwesenden Frauen sehr gelobt, weil es das erste Mal überhaupt war, dass Männer selber ihr Geschlecht thematisierten und damit anknüpften an Formen, die Frauen schon Jahre davor mit den 218-Kampagnen demonstriert hatten.
Als ich mich nach zwei, dann drei, dann vier Monaten nach dem Erfolg der Aktion erkundigte, bekam ich keine Antwort. Immerhin stellte ich fest, dass aus der beklatschten Ankündigung nichts geworden war. Das Vorhaben war sang- und klanglos untergegangen. Irgendwie hatten die Initiatoren den Mut verloren, sie fürchteten, sich lächerlich zu machen, es war ihnen offenbar peinlich, am Flughafen vor anderen Männern zu stehen und ihnen ins Gesicht zu sagen, dass sie deren Vorhaben missbilligen. Gleichzeitig sind diese Männer tapfere Verteidiger der Demokratie und meistens dabei, wenn es um Demonstrationen gegen Neonazis oder Atomkraftwerke und ähnliche vernünftige Anliegen geht. Dies möchte ich vorausschicken.
In meinem immer wieder ergänzten „Plädoyer für ein Männerministerium“ habe ich zuletzt geschrieben:
Ein Ministerium wird dann eingerichtet, wenn sich Probleme auf einem bestimmten Gebiet verdichten, einzelne oder gesellschaftliche Gruppen oder die Regierung dies bemerken und darauf mit einem eigenen Ressort reagieren.
Auf diese Weise ist das Ministerium für gesamtdeutsche Fragen entstanden und wieder abgeschafft worden, Das Umweltministerium ist mit den Grünen geschaffen worden, das Verbraucherministerium mit der BSE-Krise, das Familienministerium hat je nach Legislaturperiode in seinen Namen noch die Jugend, die Frauen, die Senioren und die Gesundheit oder den Sport aufgenommen.
Die einzigen, die nicht in irgendeiner Weise geschützt zu werden brauchen oder irgendein Defizit haben, sind offenbar gesunde Männer zwischen Pubertät und Rente, ca. 20% der Bevölkerung.
In den letzten Jahren hat das Problem des „toxischen Mannes“ aber in einem Ausmaß zugenommen, dass darüber nicht mehr hinweggesehen werden kann. Statt den Notruf zu holen, filmen Männer verunglückte Personen mit ihren Handys auf Autobahnen und blockieren so die Rettungsmaßnahmen, Jugendliche filmen einen ertrinkenden Kumpel, erwachsene Männer kaufen minderjährige verschleppte Mädchen aus dem weltweiten Mädchenhandel,
Polizisten trauen sich nicht mehr in bestimmte von kriminellen Großfamilien besetzte Straßen. Liberale Muslime bekommen Morddrohungen – und werden fast nur noch von atheistischen Altfeministinnen unterstützt.
Das massenhafte asoziale Verhalten ist durch Flüchtlinge nicht leichter geworden, weil sie fast ausnahmslos aus patriarchalen, frauenverachtenden Gesellschaften kommen, deren Werte für selbstverständlich halten und nicht von heute auf morgen überhaupt die Einsicht in eine Verhaltensänderung gewinnen können. Das heißt jedoch nicht, dass man sie gewähren lassen kann. Mehr und mehr Frauen gehen nicht mehr in Parks spazieren, sie besorgen sich Pfefferspray als Vorsichtsmaßnahme, undenkbar noch vor Jahren, sie verlassen in bestimmten Gegenden nicht mehr das Haus, und der amerikanische und türkische Präsident sind in der Öffentlichkeit praktisch nie ohne ihre stummen Gattinnen zu sehen. Die eine stakst in Designerroben und mit Stilettos durch die Verwüstungen von Wirbelstürmen, die andere ist unter das Kopftuch gezwängt und immer ein wenig im Hintergrund, aber dennoch klar dem Mann zugeordnet. Offenbar merken die Männer nicht, was für lächerliche Figuren sie dadurch selbst abgeben, und andere Männer sagen es ihnen nicht. (Warum die Frauen sich in die Rollen finden, bleibt noch erklärungsbedürftig.)
Es wäre z.B. die selbstverständliche Aufgabe eines Männerministeriums, in der Außenpolitik darauf hin zu wirken, dass patriarchale und das heißt frauenunterdrückerische Verhaltensweisen abgeschafft werden.
Es wäre innenpolitisch zu untersuchen, ob Frauenfeindlichkeit und Ausländerfeindlichkeit evtl. ähnliche Wurzeln haben und ob die Kritik an der Frauenfeindlichkeit in der Öffentlichkeit einen ebenso großen Raum einnimmt wie die Kritik an der Ausländerfeindlichkeit.
Ein Männerministerium würde den Mann zum politischen Thema machen und die blassen und äußerst akademischen Gendertheorien vom Kopf auf die Füße stellen. Es gäbe der Politik die vermissten und immer wieder eingeforderten Impulse oder den “Ruck”. Eine Männerdemonstration gegen Gewalt und für die Gleichberechtigung der (muslimischen) Frauen würde mehr für die Integration tun und das Nachdenken besser befördern als einige angestellte Sozialarbeiter (Obwohl es die weiterhin geben sollte).
In den früheren Versionen zu diesem Vorschlag habe ich gedanklich das Männerministerium mit dem Verkehrsministerium verbunden. „Ministerium für Männer und Verkehr“.
Der noch vor der Wahl amtierende Minister Dobrindt hätte wahrscheinlich keinerlei Einsicht in diese Notwendigkeit gezeigt. Überhaupt wundere ich mich, ihn bei den sogenannten Sondierungsgesprächen zu JAMAICA immer wieder auftauchen zu sehen, wo ich ihn eigentlich vor Gericht, um nicht zu sagen im Gefängnis vermutet hätte. Hat er doch als amtierender Minister die immer neuen Verbrechen der Autoindustrie billigend in Kauf genommen und Milliarden ausgegeben für schlechte Verträge mit Autobahnbetreibern und unsinniger Maut.
Aber, gleichgültig wie ignorant auch die jeweiligen AmtsinhaberInnen noch sein mögen – so zwingt doch die Institutionalisierung eines solchen Ministeriums dazu, sich auf neue Weise mit den Problemen zu befassen.
In meinem Film „Die Deutschen und ihre Männer“ von 1988 wurden Politiker und Journalisten befragt, ob sie sich schon mal dafür geschämt hätten, ein Deutscher zu sein, was fast alle Befragten bejahten und Beispiele nannten, wie sie selber dazu beitragen wollten, bessere Beispiele abzugeben.
Die Frage, ob sie sich möglicherweise schon mal dafür geschämt haben, ein Mann zu sein, haben alle verneint, bzw. nicht einmal verstanden.
Nachtrag:
Der Hinweis auf die nicht stattgefundene Aktion der Männer-Jury hat Michael Schmidt-Salomon (Mitbegründer der Giordano-Bruno-Stiftung) an eine Demo erinnert, die er Anfang der 1990er Jahre in Trier organisiert hat: Bei der Demo "Ein deutscher Mann auf dem Weg nach Bangkok" wurde ein über 2 Meter langer Penis mit Deutschlandfahne durch die Innenstadt gefahren (geleitet von einem "Fluglotsen der Penis-Airline", der auf dem Foto leider nicht zu sehen ist).
© Helke Sander November 2017
1 Kommentar
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09.11.2017 um 22:29 Uhr Amy
Ausgezeichneter Beitrag! Die Misogynie , die als die älteste Diskriminierung der Welt bezeichnet wird, hat immer noch nicht den Stellenwert . Misogynie ist ein kulturelles Problem und die Spuren zeigen sich im `alltäglichen` Sexismus bis hin zu geschlechtsspezifischen Gewalttaten an Frauen und Mädchen. Vor allem erlebe ich es oft , wenn Kritik an den frauenunterdrückerischen Verhaltensweisen geäußert wird, den Kritikerinnen wie üblich Männerfeindlichkeit oder Ausländerfeindlichkeit unterstellt wird. Und dass viele Männer für Kritik nicht empfänglich sind, erleben Frauen tagtäglich in InternetForen . Im schlimmsten Fall werden sie bedroht , beschimpft oder mit VergewaltigungsFantasien mundtot gemacht. Ein sicheres Zeichen für den herrschenden Frauenhass. Ja, ich glaube schon, dass die Kritik an der Frauenfeindlichkeit einen geringeren Stellenwert in der Öffentlichkeit hat , auch, weil versucht wird, sie zu leugnen , totzuschweigen, zu verharmlosen. Es war mir von Anfang an bewusst, dass mit dem enormen Zuzug von jungen Männern aus patriarchalen, frauenverachtenden Ländern die Probleme zunehmen werden. Es wäre ein Fortschritt, wenn ein Männerministerium die Schäden , die das Patriarchat in der Menschheitsgeschichte angerichtet hat und die heute noch vielfältig existieren, zum Thema machen und öffentlich kundtun würde. Für die Umwelt wird inzwischen vieles getan, die florierende toxische Männlichkeit hätte es bitter nötig. https://www.freitag.de/autoren/the-guardian/frauenhass-toetet