(Pseudonym: Franz Berthold)
geboren am 15. Januar 1800 in Hannover
gestorben am 14. Februar 1839 in Dresden
deutsche Schriftstellerin
185. Todestag am 14. Februar 2024
Biografie • Zitate • Literatur & Quellen
Biografie
Aus den Erinnerungen und Nachrufen der ZeitgenossInnen ergibt sich fast das Idealbild einer Frau: Begabt und gebildet, politisch interessiert (liberal-fortschrittlich), liebenswürdig und heiter, selbstbewußt und dennoch bescheiden, noch dazu jung, schön und schlank. Ein Wermutstropfen scheint zu sein, daß sie offenbar unter übler Nachrede zu leiden hatte: Eine tragische Liebesgeschichte läßt sich aus ihren Briefen und Novellen erahnen. “Sie besaß eine männliche Kraft des Talents – dennoch war ihr Wesen echt weiblich” – so äußerten sich fast alle der (wenigen) Stimmen, die betroffen auf Adelheid Reinbolds Tod reagierten.
Als sie so plötzlich an Diphtherie (“brandiger Halsbräune”) starb, stand sie gerade am Anfang ihrer literarischen Karriere, und wahrscheinlich ist ihr früher Tod auch der Grund dafür, daß sie uns so gänzlich unbekannt geblieben ist. Nur die “Idyll-Novelle” Irrwisch-Fritze, laut Tieck ein “meisterhaftes Bild … so ächt deutsch … so einfach, naiv, schalkhaft, die Begebenheiten alltäglich und doch wunderbar”, ist in Heyses Deutscher Novellenschatz 1871 wieder abgedruckt worden. An ihren anderen Werken, vor allem dem König Sebastian, rühmen die Zeitgenossen ein “seltenes Gemisch von Kraft, Glut und Zartheit”, tadeln jedoch, daß “die Frau der Held” ist.
Von ihrem Leben wissen wir wenig. Sie wuchs in einem angesehenen, aber verarmten Beamtenhaushalt als älteste von zwölf Geschwistern in Hannover auf. Später wird sie der kargen Landschaft ihrer Heimat in manchen Erzählungen, besonders mit dem erfolgreichen Irrwisch-Fritze, ein eindrucksvolles und poetisches Denkmal setzen. Die Eltern waren offenbar der Verantwortung für ihre riesige Kinderschar nicht gewachsen, so daß sich Adelheid zeitlebens unter Verzicht auf eigene Bedürfnisse um ihre Geschwister gekümmert hat.
Als Erzieherin in Wien lernte sie das literarische und politische Leben der Zeit kennen. Sie scheiterte jedoch in diesem Beruf; offenbar vertrug sich ihr “freier Geist” nicht mit der Abhängigkeit. Sie entschließt sich zur “Modenarrheit der Journalschreiberei” und verfaßt literarische Kritiken, Novellen, Dramen, einen Roman und Gedichte. Sie schreibt, wie so viele ihrer Zeitgenossinnen, unter einem männlichen Pseudonym: Franz Berthold. In Dresden wird sie in das Haus Tieck eingeführt und bald wie zur Familie gehörig behandelt und geliebt. Tieck gibt den größten Teil ihrer Werke heraus.
“Es ist schwer zu ermessen, was etwa die Literatur an ihr möchte verloren haben” (Tieck). Es würde sich unbedingt lohnen, ihre Werke, die dem Realismus angehören, aber auf reizvolle Weise auch romantische Elemente aufweisen, wieder zu entdecken.”
Aktualisiert von Luise F. Pusch.
Verfasserin: Hilde Fieguth
Zitate
Es hat mich unbeschreiblich geschmerzt und sehr angegriffen, so daß ich mich noch nicht erholen kann, und das Arbeiten mir sehr schwer wird … Es ist ein unersetzlicher Verlust für uns, ich werde sie nie vergessen. (Dorothea Tieck, Tochter Ludwigs, nach dem Tod von Adelheid Reinbold)
Die Schriftstellerin Karoline Pichler (1769-1843) teilt über Adelheid Reinbold mit, sie verstehe nicht “wie ein Weib, daß doch weiblich fühlen und also das männliche Geschlecht in seiner wahren Stellung und in seinem Verhältnis zu uns erkennen sollte, sich darin gefallen kann, das Weib höher als den Mann zu stellen, diesen zur willenlosen Puppe zu erniedrigen, die Leben und Impuls von der Frau empfängt und doch von ihr – unbegreiflicherweise - leidenschaftlich geliebt wird”. [Bei Adelheid Reinbold] sind die Männer meist wesenlos oder durchweg passiv und weibisch, ihren männlichen, interessanten Frauen gegenüber unthatkräftig. (Eduard von Bülow (1803-1853), Schriftsteller)
Literatur & Quellen
Berthold, Franz [= Adelheid Reinbold]. 1836/7. Novellen und Erzählungen, eingeführt von Ludwig Tieck. 2 Bde. Bunzlau. Appun's Buchhandlung.
Berthold, Franz [= Adelheid Reinbold]. 1839. König Sebastian, oder Wunderbare Rettung und Untergang. Hg. Ludwig Tieck. Dresden & Leipzig. Arnoldische Buchhandlung.
Berthold, Franz [= Adelheid Reinbold]. 1842. Gesammelte Novellen. Hg. Ludwig Tieck. Leipzig. Brockhaus.
Fieguth, Hilde. 1991. “Adelheid Reinbold [Franz Berthold]. (1800-1839): 'Ein wahres Talent, das zu den schönsten Hoffnungen berechtigte'”, in: Schroeder, Hiltrud. Hg. 1991. Sophie & Co.: Bedeutende Frauen Hannovers. Hannover. Fackelträger. S. 101-122.
Reinbold, Adelheid. 1871 (1839). “Irrwisch-Fritze: Idyll-Novelle”, in: Heyse, Paul & Hermann Kurz. Hg. 1871-1876. Deutscher Novellenschatz. 24 Bde. München. Oldenbourg. 1871, Bd. IV.
Tieck, Ludwig. 1848. Kritische Schriften, Bd. 2. S. 389ff (Vorreden zu den von ihm hg. Werken Adelheid Reinbolds). Leipzig. Brockhaus.
Wetzel, Johannes. 1910. Adelheid Reinbold, die Schülerin Tiecks. Diss. phil. Leipzig.
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