Biographien Anna Amalie von Preußen
(Prinzessin Anna Amalie von Preußen; auch: Amélie, Amalia)
geboren am 9. November 1723 in Berlin
gestorben am 30. März 1787 in Berlin
deutsche Komponistin; Schwester Friedrichs des Großen
235. Todestag am 30. März 2022
Biografie • Zitate • Weblinks • Literatur & Quellen • Bildquellen
Biografie
Als Ende der 1970er Jahre die ersten Schallplatten mit Werken von Frauen erschienen, enthielt die erste Kassette Woman's Work aus den USA von 1975 auch vier Märsche einer gewissen Anna Amalie, Prinzessin von Preußen. Die jüngste Schwester Friedrichs des Großen verbrachte fast ihr gesamtes Leben im Berliner Schloss – die Musik blieb ihre (vielleicht) einzige Liebe und beherrschte ihren Alltag. Als 17-Jährige nahm sie Cembalo- und Klavierunterricht, mit 21 begann sie zu komponieren. Der Wunsch, sich weiterzubilden, blieb, und sie lernte noch das Orgel- und Geigenspiel.
Mit 35 Jahren studierte sie Kontrapunkttechnik bei dem Bach-Schüler Johann Philipp Kirnberger. Mangels anderer Impulse wurde der Einfluss des konservativen Kirnberger so bestimmend, dass sie sich vorrangig mit älteren Komponisten befasste. Es ist aber eine Verfälschung, wenn man sie – wie in Lexika nachzulesen – als eine ausschließliche Verfechterin des Alten bezeichnet. So schrieb sie ihrem Lehrer 1783: »In allen Sachen ist eine edle Simplizität weit schwerer und dauerhafter, als das aufgehäufte Schulwissen«. Damit gibt sie sich als Anhängerin der vorklassischen Richtung zu erkennen, die die Barockmusik ablöste. Nach längerer Krankheit starb sie fast erblindet und mit gelähmten Händen.
Die HistorikerInnen streiten sich darüber, ob Anna Amalie eine Liebesaffäre mit dem Baron Friedrich von der Trenck hatte, einem Jugendfreund Friedrichs des Großen. Vieles spricht dafür. Trenck, der in seinen Memoiren von einer »hohen Dame aus Berlin« spricht, die ihn liebte, wurde vom Monarchen jahrelang eingekerkert. Nach Aussagen der Zeitgenossin Gräfin Voss wurde Amalie nach der Affäre mit Trenck »von Kummer und frühzeitiger Kraenklichkeit verdüstert«.
Anna Amalie komponierte eine Kantate, Choräle, Lieder und Kammermusik. Die Märsche sind eher als eine kompositorische Übung denn als gezielte Militärmusik anzusehen (man hatte gerade den Gleichschritt beim Militär eingeführt).
Anna Amalie bewunderte die Musik Johann Sebastian Bachs und sammelte in großem Stil seine Manuskripte. Ihre wertvolle Sammlung, die u. a. die Partituren der Brandenburgischen Konzerte, der Matthäus-Passion und der H-moll-Messe enthält, wurde zum Ausgangspunkt der beginnenden Bachpflege im Zeitalter der Aufklärung.
Die Traktate und Bücher über Musik wurden in der Zeit des Nazi-Terrors ausgelagert und sind verloren gegangen, die Notenbestände von unschätzbarem Wert blieben erhalten. Nach Kriegsende wurde die Bibliothek in einen Ost- und einen Westberliner Teil aufgespalten; erst in den 1990er Jahren konnte sie zusammengeführt werden. Anna Amalies Ruhm beruht heute mehr auf der Musiksammlung als auf ihren Kompositionen. Wäre sie als Bruder Friedrichs des Großen statt als Schwester geboren worden, hätten ihr weitaus mehr Freiräume zur künstlerischen Entfaltung zur Verfügung gestanden.
(Text von 1998)
Verfasserin: Eva Rieger
Zitate
»...Menschlich eine höchst problematische Natur… zwiespältiges Wesen… sie stand ihrem Bruder Friedrich dem Großen an musikalischer Begabung durchaus nach… ein gewisser Kontrapunktikerdünkel ist als markantester Zug ihrer musikalischen Persönlichkeit festzustellen« (Musik in Geschichte und Gegenwart, das größte deutschsprachige Musik–Lexikon)
»Der Zuhörer muß nicht kaltblütig werden, man muß ihn beständig aufmuntern: und hierin besteht die ganze und vornehmste Kunst des Komponisten.« (Anna Amalie 1783 in einem Brief an ihren Lehrer).
Links
Stammbaum der Hohenzollern, Habsburg, Windsor, Romanow - Herrscherfamilien und Adel Europas (Link aufrufen)
Friderich und Amalia, ein Gespräch in jenem Leben über die hinterlassene Welt. Berlin, den 30ten März 1787 (1787). Onlinefassung (Faksimile). (Link aufrufen)
Friderich und Amalia, zweites Gespräche, als eine Erklärung der Konnexionen über die kriegerischen Auftritte und sonstige Begebenheiten in der hinterlassenen Welt. Berlin im November 1788 (1788). Onlinefassung (Faksimile). (Link aufrufen)
Dadelsen, Georg von: Anna Amalia. In: Neue Deutsche Biographie 1 (1953), S. 301. (Link aufrufen)
DNB, Katalog der Deutschen Nationalbibliothek: Amalie
Flocken, Jan von (2008): 1796: Trenck - Ein Abenteurer endet auf dem Schafott. Welt online. (Link aufrufen)
Förderkreis Amalien-Orgel e.V.: Historische Persönlichkeiten – Anna Amalia, Prinzessin von Preußen (Link aufrufen)
Herold, Anja: Anna Amalia, Prinzessin von von Preußen. Biografie. Sophie Drinker Institut. (Link aufrufen)
Hillenbrand, Markus: Prinzessin Anna Amalia von Preußen (1723-1787): Werkverzeichnis. www.klassika.info. (Link aufrufen)
Janicke, Karl: Anna Amalia (Äbtissin von Quedlinburg). In: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 1. Wikisource. (Link aufrufen)
Komander, Gerhild (2007): Frauen in Berlin – Anna Amalie Prinzessin von Preußen Äbtissin von Quedlinburg (Link aufrufen)
stretta-music.com: Notensuche – Anna Amalia von Preußen (Link aufrufen)
Universität Trier: Œuvres de Frédéric le Grand, 27_1. Correspondance de Frédéric avec sa sœur Amélie, Abbesse de Quedlinbourg. (24 Avril 1738 - 9 Aout 1775.). Schriftwechsel Friedrichs des Großen mit seiner Schwester Amelie (frz.). (Link aufrufen)
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Literatur & Quellen
Quellen
Blechschmidt, Eva Renate (1965): Die Amalien-Bibliothek. Berlin. Merseburger. (Berliner Studien zur Musikwissenschaft, 8) (Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Bose, Fritz (1957): Anna Amalie von Preußen und Johann Philipp Kirnberger. In: Die Musikforschung, 10. S. 129–135.
Cyran, Eberhard (Hg.) (1977): Die Memoiren des Friedrich Freiherrn von der Trenck. (=Merkwürdige Lebensgeschichte) Bergisch Gladbach. Lübbe. (Bastei Lübbe, 61014) ISBN 3-404-00587-2. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Sachs, Curt (1910): Prinzessin Amalie von Preußen als Musikerin. In: Seidel, Paul (Hg.): Hohenzollern-Jahrbuch. Forschungen und Abbildungen zur Geschichte der Hohenzollern in Brandenburg - Preußen. Berlin, Leipzig. Giesecke & Devrient S. 181–191 (Amazon-SucheWorldCat-Suche)
Weiterführende Literatur
Bullmann, Franz (Hg.) (2010): Die Wiedergeburt einer Königin. Geschichte und Restaurierung der Amalien-Orgel in Berlin ; Festschrift zur Wiedereinweihe am 10. Dezember 2010. Dresden. Sandstein; Sandstein-Verl. ISBN 978-3-942422-16-1. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Debuch, Tobias (2001): Anna Amalia von Preußen. (1723 - 1787) ; Prinzessin und Musikerin. 3. Aufl. Berlin. Logos-Verl. 2008. ISBN 3-89722-628-6. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Günther, Heiko (2012): Friedrich Freiherr von der Trenk. Umstrittener Liebhaber der Prinzessin Anna Amalie von Preußen Gefangener Friedrichs des Großen. 1. Aufl. Remscheid. Re Di Roma-Verlag. ISBN 978-3-86870-415-0. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Kubitscheck, Regina-Bianca (2009): Geliebte und Äbtissin. Anna Amalia von Preußen. 1. Aufl. [Taucha]. Tauchaer Verl. (Kurzweiliges, 74) ISBN 978-3-89772-167-8. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Rivière, Marc Serge (Hg.) (2002): The library of an enlightened Prussian princess. Catalogue of the non-music sections of the Amalien-Bibliothek. Berlin. Berlin-Verl. Spitz. (Aufklärung und Europa, 7) ISBN 3-8305-0307-5. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Weiss, Thomas und Dziekan, Katrin (Hg.) (2009): Frauen im 18. Jahrhundert. Entdeckungen zu Lebensbildern in Museen und Archiven in Sachsen-Anhalt. Halle. Mitteldt. Verl. (4) ISBN 978-3-89812-648-9. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Wutta, Eva Renate (1989): Quellen der Bach-Tradition in der Berliner Amalien-Bibliothek. Mit zahlreichen Abbildungen von Handschriften nebst Briefen der Anna Amalia von Preußen (1723 - 1787). Tutzing. Schneider. ISBN 3-7952-0578-6. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Bildquellen
- kunst-fuer-alle.de
- Gleimhaus Halberstadt
- portrait.kaar.at – Eine Sammlung historischer Portraits (nicht online erreichbar 2017-03-25)
- Universität Trier Wikipedia
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