Biographien Birgitta von Schweden
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geboren 1303 auf Gut Finsta bei Uppsala
gestorben am 23. Juli 1373 in Rom
schwedische Heilige, Mystikerin und Ordensgründerin
650. Todestag am 23. Juli 2023
Biografie • Literatur & Quellen
Biografie
Selbstbewusst, hochintelligent, durchsetzungsfähig, dazu blond, blauäugig und gut gewachsen, überdies aus einer der begütertsten und politisch einflussreichsten schwedischen Hochadelsfamilien – Birgitta hatte alle Voraussetzungen für einen erfolgreichen Lebensweg.
Geboren wurde sie 1303 auf Gut Finsta nördlich von Stockholm. Als sie vierzehn war, verheiratete der Vater sie mit dem achtzehnjährigen Sohn einer benachbarten Hochadelsfamilie. Innerhalb weniger Jahre begründeten beide eine einflussreiche Stellung innerhalb des schwedischen Königreichs: Ehemann Ulf als Landvogt der Provinz Narke in Mittelschweden, Birgitta als Verwalterin der ausgedehnten Familiengüter. Acht Kinder entstammten der offensichtlich glücklichen Ehe. Anders als die meisten Standesgenossinnen in Skandinavien war Birgitta stark beeinflusst von der europäischen Frömmigkeitsbewegung ihrer Zeit. Mit Hilfe der Hauslehrer ihrer Kinder erwarb sie eine für ihren Stand und ihre Zeit ungewöhnliche Bildung. Schon als Siebenjährige hatte sie Visionen empfangen und veröffentlicht.
Ihre ungewöhnlichen Fähigkeiten und Kenntnisse führten zu ihrer Berufung als Erzieherin und Ratgeberin für das junge schwedische Königspaar. Ihnen hält sie gleich nach ihrer Ankunft einen Fürstenspiegel vor: „Der König muss so beschaffen sein, dass er von den Jüngeren gefürchtet, von den Älteren geehrt, von den Weibern gelobt, von den Gerechten geliebt und von den Unterdrückten herzlich begehrt wird.“ Niemals dürfe ein König aber vergessen, dass er Gott und seiner Kirche Treue und Gehorsam schulde.
Der König hält sich nicht an diese Ideale und wird daraufhin von ihr als „Kind auf dem Königsthron“, „Hasenherz“ und „gekrönter Esel“ bezeichnet. Sie wird der glänzenden Hofgesellschaft lästig, bei einem Ausgang sogar mit Kübeln von Schmutzwasser übergossen. Im Büßerhemd verkündet sie inmitten des Hofes: “Als ich die Erde schaute, erblickte ich dieselbe voll von kriechenden Tieren und Schlangen, die die Oberfläche der Erde abfraßen und die Menschen mit ihren Schwänzen töteten, bis die Sonne in den Abgrund fiel und die Stätte des Mondes nicht mehr gefunden wurde.”
Sie zieht sich zu geistlichen Übungen zurück, unternimmt gemeinsam mit ihrem Mann ausgedehnte Pilgerfahrten nach Trondheim und Santiago de Compostela. Das Erleben der Kriegsschrecken in Frankreich veranlasst sie nach ihrer Rückkehr, Aufforderungen an die Könige von England und Frankreich und an den Papst zu schicken, sofort auf die Einstellung der Kriegshandlungen hinzuwirkwen. Sie erhält keine direkte Antwort.
Inzwischen hat das schwedische Königspaar ihr das königliche Gut Vadstena überlassen, auf dem Birgitta, Witwe geworden, mit dem Aufbau eines eigenen Ordens beginnt.
Um dessen Anerkennung durch den Papst zu erlangen, geht sie 1349 nach Rom. Strenge Askese, unterbrochen durch Pilgerfahrten innerhalb Italiens und bis ins Heilige Land, bestimmten ihre zweite Lebenshälfte.
Bildmächtige und sprachkräftige Offenbarungen, häufig direkt an die Mächtigen des christlichen Abendlandes gerichtet, machen Birgitta zu einer moralischen Instanz. Tief durchdrungen vom Leiden Jesu am Kreuz, erfüllt von der Gewissheit der Gottähnlichkeit Mariens, hätte sie durchaus auch als Ketzerin verfolgt werden können. Ihre Forderungen jedenfalls rüttelten gefährlich an den Selbstverständlichkeiten eines sehr weltlich gewordenen Klerus.
Als sie 1373 in Rom starb, war sie zu einer europäischen Größe geworden.
(Text von 1997)
Verfasserin: Marianne Goch
Literatur & Quellen
Andersson, Ingvar. 1950. “Die Heilige Birgitta”, in ders.. 1950. Schwedische Geschichte von den Anfängen bis zur Gegenwart. München. S. 82-92.
“Blondine bevorzugt”, Der Spiegel 3/1997 (13.1.1997), S. 154.
Cornell, Henrik. 1983. “Den heliga Birgitta”, in: Cornell, Jan. u.a.. 1983 [1966/77]. Den Svenska Historien. 2: Från Birger Jarl till Kalmarunionen. Stockholm. S. 118-129.
Holböck, Ferdinand. 1988. Gottes Nordlicht: Die heilige Birgitta von Schweden und ihre Offenbarungen. 2. Aufl. Stein am Rhein. Christiana-Verlag.
Tanz, Sabine. 1993. “Birgitta von Schweden: Heilige im Spannungsfeld von Politik und Visionen”, in: Beyreuther, Gerald, Barbara Pätzold & Erika Uitz. Hgg. 1993. Fürstinnen und Städterinnen: Frauen im Mittelalter. Freiburg; Basel; Wien. Herder. S. 88-109.
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