geboren am 23. April 1951 auf der Insel Ebeye (Marshall Islands)
gestorben am 18. Juni 1996 auf der Insel Majuro (Marshall Islands)
Anti-Atomkraft-Aktivistin für die Marshall Islands
25. Todestag am 18. Juni 2021
Biografie
“Wir testen diese Bomben zum Wohle der Menschheit und um alle Kriege zu beenden”. So sprach ein Offizier der US-Marine 1946 – ein Jahr nach der Bombardierung von Hiroshima und Nagasaki und dem Ende des Zweiten Weltkriegs – um der Bevölkerung der Marshallinseln im Pazifischen Ozean zu erklären, warum die USA im Begriff waren, dort eine Reihe von Atombombentests durchzuführen. Im selben Jahr enthielt eine Pressemitteilung der US-Marine diese Erklärung: “Die Eingeborenen sind begeistert von der Atombombe, die ihnen bereits zu Wohlstand und einer neuen vielversprechenden Zukunft verholfen hat.”
Darlene Keju würde dem entschieden widersprechen. Zwischen 1946 und 1958 wurden auf den Marshalls insgesamt 67 Bomben getestet – Atombomben, wie sie in Japan eingesetzt wurden sowie die viel stärkeren Wasserstoff- oder thermonuklearen Bomben. Die Inselbewohner waren einer hohen Belastung durch radioaktiven Niederschlag ausgesetzt, was zu verheerenden Gesundheitsproblemen führte, darunter Strahlenkrankheit, Krebserkrankungen und schwere Geburtsfehler. Viele wurden auf vermeintlich sicherere Inseln evakuiert; viele konnten nie mehr zurückkehren, da ihre Heimatinseln so stark verstrahlt waren.
Darlene wurde 1951 auf der Insel Ebeye geboren und wuchs auf der Heimatinsel ihrer Mutter, Wotje, auf. Da die Bombentests und ihre Folgen für Lebewesen und Umwelt von Geheimhaltung und Unwahrheiten umgeben waren, erfuhr sie erst mit Ende zwanzig die gesamte Geschichte. In den folgenden Jahren, bis zu ihrem frühen Tod an Brustkrebs im Jahr 1996, hat sie die Anti-Atomkraft-Bewegung auf den Marschallinseln angekurbelt, die Erfahrungen vieler Betroffener dokumentiert und ist weit gereist, um vor großem Publikum zu sprechen und die Welt über die Ereignisse zu informieren.
Mit sechzehn Jahren, 1967, schickten die Eltern Darlene nach Hawaii, um ihr eine ordentliche Ausbildung zu ermöglichen. Sie besuchte dort die High School und das College und schließlich die School of Public Health der University of Hawaii, wo sie 1984 einen Master-Abschluss erwarb. Während dieser siebzehn Jahre besuchte sie häufig die Marshalls und andere Orte und kehrte 1984 endgültig auf die Marshalls zurück. 1978 hörte sie auf Hawaii einen Diavortrag von Giff Johnson (später ihr Ehemann und, nach ihrem Tod, ihr Biograf), einem Redakteur und Journalisten, der sich intensiv mit den Bombentests und ihren Auswirkungen befasst hatte. Keju wollte mehr erfahren und war bestürzt darüber, dass sie, eine Bewohnerin der Marshall-Inseln, weniger darüber wusste als Johnson.
Sie begann, ihre Wissenslücken aufzuarbeiten und erfuhr, dass die USA 1954, nach sechs Jahren Bombentests in den Marshalls, auf der Insel Bikini die größte Wasserstoff- oder Thermonuklearbombe aller Zeiten zündeten. Der Test, der den Codenamen “Bravo” trug, war tausendmal stärker als die Bomben, die die USA auf Japan abgeworfen hatten. Die Inselbewohner wurden auf die Insel Rongerik evakuiert, und man sagte ihnen, dass sie in Kürze nach Bikini zurückkehren könnten. Dort lebten sie etwa ein Jahr lang, bis ein medizinischer Sachverständiger des Militärs geschickt wurde, um nachzusehen, wie es ihnen ging; es stellte sich heraus, dass sie wegen des Mangels an Lebensmitteln und Wasser hungerten. Schließlich wurden sie auf die Insel Kili evakuiert. 1970 unterstützten die USA die Wiederansiedlung einiger Bikiner auf ihrer Heimatinsel, doch acht Jahre später zeigte sich, dass sie hohe Mengen an radioaktivem Cäsium abbekommen hatten und erneut evakuiert werden mussten.
Anders als die Bewohner von Rongerik wurden die Menschen auf der Insel Rongelap, die etwa hundert Meilen östlich von Bikini und in der direkten Flugbahn des Fallouts von “Bravo” liegt, nicht evakuiert. Als Begründung wurde u. a. angeführt, dass die Explosion größer als erwartet gewesen sei und dass sich der Wind gedreht habe – Behauptungen, die später widerlegt wurden und den Verdacht aufkommen ließen, dass die Menschen als Versuchskaninchen missbraucht wurden. In Rongelap fielen einige Stunden nach der Explosion seltsame weiße Pulverflocken vom Himmel und bedeckten alles auf dem Boden. Kinder, die draußen im vermeintlichen Schnee spielten, bekamen bald juckende Hautreizungen und schrecklichen Durst, später Hautverbrennungen und die Strahlenkrankheit, die mit Übelkeit und Erbrechen, Durchfall und Fieber begann. Erst nach zwei Tagen kamen die Behörden und forderten die Menschen auf, sofort ins Wasser zu springen und zu einem Boot zu schwimmen, das sie zu einer anderen Insel, Kwajalein, brachte. Drei Jahre später, 1957, kehrten die Rongelapesen auf ihre Insel zurück, nachdem man ihnen gesagt hatte, sie sei sicher. Die Atomenergiekommission erklärte vielsagend: “Der Aufenthalt dieser Menschen auf der Insel wird höchst wertvolle ökologische Strahlungsdaten über Menschen liefern.” Die Strahlungswerte der Menschen waren jedoch immer noch gefährlich hoch. Fast 30 Jahre lang versuchten sie erfolglos, die USA davon zu überzeugen, sie auf eine andere, sicherere Insel umzusiedeln. Schließlich kam ihnen 1985 das Greenpeace-Schiff Rainbow Warrior zu Hilfe und half ihnen bei der Umsiedlung auf die Insel Mejato.
Diese Vorgehensweise, Menschen von einer Insel auf eine andere umzusiedeln und abwechselnd zu behaupten oder zu leugnen, dass die Inseln sicher seien, setzte sich fort. Einige InselbewohnerInnen wurden sogar mehrfach umgesiedelt. “Bravo” war keineswegs der einzige Bombentest, bei dem Menschen und Marshallinseln radioaktivem Fallout ausgesetzt waren, und der Fallout erreichte auch nicht nur vier Inseln – Bikini, Rongelap, Enewetak und Utrik – wie offiziell behauptet wurde. 1979 besuchten Darlene und Giff etwa ein Dutzend der kleineren Außeninseln, die angeblich nicht verstrahlt worden waren, und befragten ältere BewohnerInnen über ihre Erfahrungen in den Jahren nach den Explosionen. Viele Menschen berichteten von schwerwiegenden Gesundheitsproblemen wie Tumoren und Krebserkrankungen sowie von der Zerstörung und dem Verlust eines Grundnahrungsmittels, der Pfeilwurz. Frauen berichteten von Fortpflanzungsproblemen wie Fehlgeburten, Totgeburten und Geburtsfehlern – einschließlich der Geburt von “Quallenbabys”, die so deformiert waren, dass sie nicht wie Menschen aussahen und nur wenige Stunden lebten. Die Menschen auf den verschiedenen Inseln begannen zu erkennen, dass sie ähnliche Geschichten zu erzählen hatten, was die offizielle Behauptung, der Fallout habe sie nicht erreicht, Lügen strafte. Später erinnerte sich Keju: “Zu diesem Zeitpunkt verpflichtete ich mich persönlich gegenüber den Opfern auf den Marshallinseln, alles in meiner Macht Stehende zu tun, um ihnen zu helfen.”
Zunehmend aufgebracht über das, was sie erfuhr, schrieb Keju Briefe an US-Regierungsstellen und bat um Informationen über die Bombentests. Mit anderen arbeitete sie im Micronesia Support Committee zusammen, das Podiumsdiskussionen und Diavorträge veranstaltete und Rundbriefe verschickte, um das Bewusstsein für die Anliegen der Marshallesen zu schärfen. 1980 nahm Keju an einer Konferenz über einen atomwaffenfreien und unabhängigen Pazifik in Hawaii teil, auf der sich ihr Eindruck verfestigte, dass Fragen der politischen Souveränität – damals ein wichtiges Thema auf den Marshalls – und die Freiheit von Atomwaffentests eng miteinander verbunden seien. Im selben Jahr flog sie auf das US-amerikanische Festland, um an einer Veranstaltung der amerikanischen indigenen Bevölkerung teilzunehmen – dem International Survival Meeting in den Black Hills in South Dakota, bei dem es unter anderem darum ging, die Erforschung der reichen Uranvorkommen in diesem Gebiet zu stoppen. In den frühen 1980er Jahren lernte sie Dr. Rosalie Bertell kennen, die Autorin von No Immediate Danger: Prognosis for a Radioactive Earth. Die Wissenschaftlerin hatte die Strahlenbelastung in verschiedenen Gebieten untersucht und war auf einer Vortragsreise, die auch nach Hawaii führte. Zusammen mit Dr. Bertell begann Keju, eine epidemiologische Studie auf zahlreichen Inseln zu planen, doch das Projekt wurde von der konservativen Regierung der Marshallinseln nicht genehmigt.
Anfang 1983 besuchte Keju die Westküste der USA, um ihre Botschaft zu verbreiten, sprach in zahlreichen Städten und gab Interviews in Radio und Fernsehen. Ihre Tournee endete mit einer Rede im Zentrum der Anti-Atomkraft-Proteste – dem Luftwaffenstützpunkt Vandenberg in Lompoc, Kalifornien, von dem aus Testraketen auf Ziele in der heutigen Kwajalein Missile Range auf den Marshallinseln abgeschossen wurden. Im Jahr 1984 unternahm sie eine Vortragsreise an beide Küsten der USA und nach Kanada, um das Publikum über die schrecklichen Folgen der Bombentests im Pazifik zu informieren.
In der Anti-Nuklear-Widerstandsbewegung ist Darlene Keju vielleicht am besten durch eine Rede in Erinnerung geblieben, die sie 1983 in Vancouver vor einem internationalen Publikum, der Vollversammlung des Weltkirchenrats, zum Thema Waffentests hielt. Die zierliche Frau in ihrem einfachen roten Kleid sprach streng und leidenschaftlich, ohne Notizen oder einen vorbereiteten Text. Dank ihrer eindringlichen und inspirierenden Präsentation und der Fähigkeit, das Thema erschreckend realistisch darzustellen, hatten Kejus Worte eine enorme Wirkung, da sie die Weltöffentlichkeit für dieses giftige Erbe sensibilisierte. Gegen Ende ihrer Rede sagte sie: “Wenn die Vereinigten Staaten uns sagen, dass sie hier sind, um uns zu beschützen, drehen wir uns um und fragen sie: 'Uns beschützen vor wem? Wir haben keine Feinde. Es könnte Sie sogar interessieren, dass wir Marshallesen kein Wort für 'Feind' haben.” Und schließlich: “Alles, was wir wissen, ist, dass wir durch die ganze Welt reisen und unsere Erfahrungen mit den Bomben weitergeben müssen, damit wir sie aufhalten, bevor sie euch erreichen. Denkt daran, dass wir die Opfer des Atomzeitalters sind. Werdet nicht selbst zum Opfer.”
In den 1980er und 90er Jahren dehnte Darlene Keju ihr Interesse auf allgemeine Fragen der öffentlichen Gesundheit aus, zu denen natürlich auch die Freiheit von nuklearer Verseuchung gehörte. Nach allem, was man hört, hatte sie ein echtes Gespür für Dramatik und fand kreative Wege, wie Musik- und Tanzprogramme und Sketche, um die Menschen – vor allem junge Menschen – für einen gesunden Lebensstil zu begeistern und ihnen ein Gefühl des Stolzes darauf zu vermitteln, Marshallesen zu sein. Um diese Tradition fortzuführen, gründete sie die Gruppe Youth to Youth in Health. Tragischerweise wurde bei Keju 1991 Brustkrebs diagnostiziert, dem sie schließlich 1996 im Alter von 45 Jahren erlag. Heute sind ihre Worte und ihr Engagement aktueller denn je.
(Dieser Beitrag erschien ursprünglich in Thea Paneths Blog “Annals of Nuclear Resistance” und wird hier mit ihrer freundlichen Genehmigung wiederveröffentlicht).
Verfasserin: Dorian Brooks
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