geboren am 5. Oktober 1625 in Clermont-Ferrand, Frankreich
gestorben am 4. Oktober 1661 in Paris, Frankreich
französische Schriftstellerin und Nonne
400. Geburtstag am 5. Oktober 2025
Biografie • Weblinks • Literatur & Quellen
Biografie
Der Name von Jacqueline Pascal wurde jahrhundertelang zumeist nur im Zusammenhang mit dem ihres Bruders, dem berühmten französischen Philosophen Blaise Pascal (1623-1662), in Verbindung gebracht. Seine großen Verdienste in der Mathematik und Physik haben verhindert, dass seine jüngere Schwester in ihrer Bedeutung wahrgenommen wurde. Jüngste Arbeiten der feministischen Forschung haben Jacqueline Pascal nun in ein neues Licht gerückt als eine eigenständige Persönlichkeit, die selbst pädagogisch, politisch und religiös tätig war.
Jacqueline Pascal wurde am 5. Oktober 1625 in Clermont in der französischen Provinz Auvergne geboren. Neben dem Bruder Blaise hatte sie noch eine ältere Schwester Gilberte (1620-1687). Der Vater gehörte zum französischen Beamtenadel und stand im Dienste des Kardinals Richelieu (1585-1642). Nach dem frühen Tod der Mutter kurz nach Jacquelines Geburt kümmerte sich der Vater mit Hingabe um die Ausbildung seiner Kinder, die er zu Hause unterrichtete. Er vermittelte ihnen vor allem umfangreiche Kenntnisse in Mathematik, Philosophie, Literatur und Geschichte.
Einen wesentlichen Einschnitt brachte das Jahr 1631 mit der Umsiedlung der Familie nach Paris, wo der Vater Kontakt zu den intellektuellen Kreisen der Hauptstadt hatte. Ihre ältere Schwester Gilberte brachte Jacqueline das Lesen bei, dabei wurde ihr frühreifes Interesse für Literatur und ihre poetische Begabung entdeckt. Mit acht Jahren schrieb sie bereits erste Verse und wenig später veröffentlichte sie einen Gedichtband. Der Ruf ihres literarischen Talents gelangte bis an den französischen Hof, wohin sie von Königin Anna von Österreich eingeladen wurde.
1638 fiel ihr Vater in Ungnade und entging der Verhaftung nur durch Flucht nach Clermont. Jacqueline bat persönlich Kardinal Richelieu um die Begnadigung. Beeindruckt von dem Mut und dem Talent der jungen Pascal begnadigte Richelieu den Vater und ernannte ihn zum königlichen Oberaufseher für die Steuererhebung in der Provinz Normandie. Damit verbunden war ein Umzug nach Rouen. Um dem Vater bei der Berechnung der komplizierten Steuern zu helfen, erfand Blaise Pascal seine berühmte Rechenmaschine, die es ermöglichte, die Grundrechenarten mechanisch durchzuführen.
In Rouen lernte Jacqueline den bedeutenden Dramatiker Pierre Corneille kennen, der sie einlud, für die bevorstehende Sitzung der „Académie des Palinods“ Verse auf den Tag der unbefleckten Empfängnis zu schreiben. Mit ihrem Gedicht „Über die Empfängnis der Jungfrau“ gewann die Fünfzehnjährige den renommierten normannischen „Prix de la Tour“.
In der Normandie vollzog sich in der Familie Pascal ein tiefgreifender religiöser Wandel; sie wurden AnhängerInnen des Jansenismus, eine besonders in Frankreich verbreitete Bewegung in der katholischen Kirche des 17. und 18. Jahrhunderts, die sich auf die Gnadenlehre des römischen Bischofs Augustinus berief und als ketzerisch verfolgt wurde. Jacqueline studierte die Werke des Kirchenvaters Augustinus sowie die Schriften seiner Anhänger im Mittelalter. In Jacqueline entstand der Wunsch, künftig Gott allein zu dienen. Doch Vater und Bruder legten vehement ihr Veto ein. Erst nach dem Tod des Vaters trat Jacqueline am 4. Januar 1652 als Novizin in das Kloster von Port-Royal in Paris ein und legte ein Jahr später unter ihrem Ordensnamen „Soeur Jacqueline de Sainte-Euphémie Pascal“ das Gelübde ab.
Die JansenistInnen setzten sich für eine Reformation der katholischen Kirche im Sinne der augustinischen Gnadenlehre und für eine strengere christliche Moral ein; außerdem prangerten sie den Machtmissbrauch von Monarchie und Kirche an. In dieser Auseinandersetzung wurden die Klosterfrauen von Port-Royal gezwungen, sich von der Lehre des Jansenismus zu trennen und ein „Formulaire“ zu unterzeichnen, mit dem sie sich den Anordnungen des Heiligen Vaters unterwarfen. Um den Frieden mit der kirchlichen Obrigkeit nicht zu gefährden, unterschrieben sie schließlich das erpresserische Schriftstück. Jacqueline Pascal, inzwischen zur Subpriorin ernannt, erschütterte dieser Gewissenskonflikt zutiefst. Sie starb am 4. Oktober 1661 im Alter von 36 Jahren.
Neben ihren Gedichten, Briefen und autobiografischen Texten wurde Jacqueline Pascal vor allem durch ihre pädagogische Abhandlung „Règlement pour les Enfants“ (1657, gedruckt 1665) bekannt. Die Priorin des Klosters hatte ihr die Betreuung der jungen Klosterschwestern anvertraut, für die sie eine Art Hausordnung erstellen sollte. Doch Jacqueline lieferte nicht nur eine Anleitung für das klösterliche Leben; mit ihrem Bildungsmodell, das auf einer vertrauensvollen Beziehung zwischen LehrerInnen und SchülerInnen beruhte, wurde sie zu einer Wegbereiterin der modernen Pädagogik. In weiteren theoretischen Arbeiten verteidigte sie die Gewissensfreiheit und das Recht der Frauen, ihrer persönlichen Berufung nachzugehen, unabhängig von wirtschaftlichen Ressourcen und der Einstellung der Eltern.
“Sollte es nun aber wirklich uns [Mädchen] zustehen, die Wahrheit zu verteidigen, dann wird es auch an uns sein, für die Wahrheit zu sterben und eher alles zu erleiden, statt glauben zu machen, wir würden die Wahrheit leugnen.”
(Jacqueline Pascal)
Verfasserin: Manfred Orlick
Links
Jacqueline Pascal in der Internet Encyclopedia of Philosophy (IEP)
Literatur & Quellen
Leuenberger, Robert. 2002. Jacqueline Pascal: Die Schwester des Philosophen. Zürich.
Sollten Sie RechteinhaberIn eines Bildes und mit der Verwendung auf dieser Seite nicht einverstanden sein, setzen Sie sich bitte mit Fembio in Verbindung.


