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geboren am 7. Juni 1954 in Little Falls, Minnesota
US-amerikanische Schriftstellerin
65. Geburtstag am 7. Juni 2019
Biografie • Zitate • Literatur & Quellen
Biografie
Louise Erdrich ist eine der bekanntesten und erfolgreichsten RepräsentantInnen der amerikanischen Gegenwartsliteratur. Zahlreiche Literaturpreise und Übersetzungen ihrer Romane in viele Sprachen haben sie über die USA hinaus international bekannt gemacht.
Sie wurde in einem kleinen Ort in Minnesota als erstes von sieben Kindern geboren. Ihre Kindheit und Jugend verlebte Louise in North Dakota am Rande eines Indianerreservats, wo ihre Eltern an einer Schule im Auftrag des Bureau of Indian Affairs unterrichteten.
Mütterlicherseits ist Louise indianisch-französischer Abstammung, väterlicherseits deutsch-amerikanischer. Sie gehört dem Stamm der Turtle Mountain Chippewa an. Multikulturelle Familienbande und die Alltagserfahrungen des Lebens im Spannungsfeld zwischen Tradition und Moderne, Unterdrückung und Selbstbehauptung und Natur und Kultur stehen in ihren Werken im Mittelpunkt. Was Louise schon als Kind im großen Verwandtenkreis erlebte – einen ständigen, lebhaften Austausch von Geschichten über reale, fiktive und spirituelle Figuren – entwickelte sie auf literarischer Ebene zu einer ausgeklügelten Erzählweise.
Weitere Komponenten ihrer literarischen Entwicklung waren das Studium am Dartmouth College und an der Johns Hopkins University sowie die sehr enge Zusammenarbeit mit ihrem Ehemann Michael Dorris (gemeinsam veröffentlichten sie im Kolumbusjahr ihren als Krimi verpackten kritischen Beitrag Die Krone des Kolumbus).
Nachdem Erdrich und Dorris über zehn Jahre lang als Musterbeispiel einer glücklichen AutorInnen-Partnerschaft galten, kam es 1995 zur Trennung. Als sich Dorris 1997 das Leben nahm, gab Erdrich zu Protokoll, dass ihr Mann chronisch depressiv war. Zeitungsberichten zufolge fielen in den gleichen Zeitpunkt die bevorstehende Scheidung, Verhandlungen über Finanzen und das Sorgerecht für die drei gemeinsamen Kinder sowie Missbrauchsanschuldigungen zweier Adoptivkinder. Das älteste der drei Kinder, die Dorris schon vor seiner Ehe adoptiert hatte und die an kognitiven Störungen infolge des fötalen Alkoholsyndroms litten, war 1991 bei einem Autounfall ums Leben gekommen.
Mehrere Jahre lebte die Erdrich/Dorris-Familie in einem abgeschiedenen Bauernhaus in New Hampshire, wo Louise oft Sehnsucht nach ihren Verwandten und der Landschaft des Mittleren Westens verspürte.
Es ist bemerkenswert, dass sie selbst in den schwierigsten Phasen ihres Lebens die Energie aufbrachte, Kurzgeschichten, Kinderbücher und vor allem Romane mit sehr komplexer Struktur zu produzieren. Erdrich zufolge ist es für sie aber gerade das Schreiben, das innere Unruhe vertreibt und ihr ein Gefühl von Glück vermittelt. Tragik und Humor liegen in ihrer fiktionalen Welt immer dicht beieinander.
Eine geradezu Schwindel erregende Zahl von Romanfiguren, der häufige Perspektivenwechsel, die oft zyklische, nicht-lineare Anordnung der erzählten Zeit und die Verwobenheit von Handlungssträngen über Romangrenzen hinweg machen die Lektüre mitunter zur Herausforderung, regen aber gleichzeitig dazu an, die Mosaiksteine zusammenzusetzen. Wer es sich ein bisschen leichter machen möchte, die Sequenz der Ereignisse und die verschlungenen Beziehungen zwischen den Clans der Kashpaws, Lazarres, Lamartines, Morrisseys und Pillagers zu erfassen, könnte die Bücher zum Beispiel in dieser Reihenfolge lesen: Zuerst Spuren und The Last Report on the Miracles at Little No Horse, dann Die Rübenkönigin und Liebeszauber und schließlich Der Bingo-Palast und Geschichten von brennender Liebe.
Frage: Ist es richtig zu sagen, dass Ihr Werk ein organisches Ganzes bildet? – Antwort: Ich würde es eher als einen Komposthaufen bezeichnen.
(in Chavkin & Chavkin 1994:240)
Frage: Manche AutorInnen beschreiben den Schreibprozess als mühsam, strapaziös und frustrierend. Was ist Ihre Erfahrung? – Antwort: Es ist einfacher als Rüben zu hacken.
(in Chavkin & Chavkin 1994:249)
Von Erdrichs deutschen Wurzeln ihrer Abstammung zeugt insbesondere der jüngst veröffentlichte Roman The Master Butchers Singing Club – dass ihre Großeltern väterlicherseits ein Schlachtereigeschäft hatten, dürfte bei der Wahl des Stoffes eine wesentliche Rolle gespielt haben.
(Text von 2003)
Verfasserin: Marion Kremer
Zitate
Meine größte Hoffnung ist, dass die Menschen, die meine Bücher in 10 oder 20 Jahren lesen, mich als jemand betrachten, die die amerikanische Erfahrung in all ihrer Vielfalt beschrieben hat.
Sie ist die erste Schriftstellerin überhaupt, die IndianerInnen als wirkliche Menschen darstellt. Sie bringt ihre Komplexität zum Vorschein, ihre Widersprüche und sogar ihre Schwächen. (Mark Anthony Rolo, Native American Journalists Association)
Die Leute in meiner Familie machen aus allem eine Geschichte. Sie lieben es, eine gute Story zu erzählen. Sie setzen sich hin und schon gehen die Geschichten los, eine nach der anderen. Man nimmt einfach das Ende der letzten Geschichte, erinnert sich an irgendwas und erzählt weiter. (Writer’s Digest Interview 1991)
Literatur & Quellen
Beidler, Peter G. & Gay Barton. A Reader’s Guide to the Novels of Louise Erdrich. Columbia, Missouri. University of Missouri Press. 1999.
Dictionary of Literary Biography. 1978ff. Detroit. Gale Research Company.
Metzler Autorinnen Lexikon. Hg. Hechtfischer, Ute, Renate Hof, Inge Stephan & Flora Veit–Wild. 1998. Stuttgart; Weimar. Metzler. 1998.
Chavkin, Allan & Nancy Feyl Chavkin, Hg. Conversations with Louise Erdrich and Michael Dorris. Jackson. University of Mississippi. 1994.
Chavkin, Allan, Hg. The Chippewa Landscape of Louise Erdrich. Tuscaloosa/London. University of Alabama Press. 1999.
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