Brauchen wir den Zweitmann?
Aus: Wir machen uns unsere Sprache selber: Ein Feminar. Elfte Lektion
Der weibliche Partner einer Konkubinatsbeziehung heißt Konkubine; eine männliche Form dieses Wortes existiert nicht. (Wikipedia, 27.12.07)
Heute früh hörte ich eine PodCast der BBC-Serie Woman’s Hour über Mätressen (engl. mistresses). Anlaß war die Zeit zwischen den Jahren, eine Zeit, in der wohl niemand so einsam sei wie die Mätresse bzw. die Geliebte: “Die Familie versammelt sich, sie bleibt außen vor.”
Die Moderatorin fragte, weshalb es für die männliche Mätresse eigentlich keinen Ausdruck gäbe. Z.B. Elizabeth I., wenn sie denn mit Leicester oder Essex was gehabt und sie standesgemäß “ausgehalten” hätte, gäbe es da keinen anderen Ausdruck als das farblose und unspezifische favorite “Günstling, Favorit”? Oder Lady Hamilton, üblicherweise gehandelt als Nelsons Geliebte - war nicht er eigentlich ihr, ja wie soll man ihn nur nennen? Etwa Master?
Ich fände ja den Ausdruck “der Mätress” bzw. “he-mistress” nicht schlecht. Oder Zweitmann. Auch Nebenmann wäre passend. Konkubino mit dem Anklang an Cherubino wäre hübsch für wesentlich jüngere Zweitmänner.
Anscheinend besteht aber wenig Bedarf für diese Wörter und die Männer, für die sie gedacht sind. Frau hat mit einem schon genug, mehr braucht sie wirklich nicht. Hat der Ehemann eine Mätresse, ist sie ein wenig entlastet - geteiltes Leid ist halbes Leid!
Die Moderatorin stellte ebenfalls fest, daß der Mann mit Mätresse, der untreue Ehemann, im Leben zwar die Norm, in der Literatur aber gar kein Thema sei (in der Politik heißen solche Verdrehungen heute “Spinning”): Zuständig für eheliche Untreue sei dort vielmehr die Frau: Anna Karenina, Emma Bovary, Molly Bloom. Effie Briest fiel ihr nicht ein.
Die Tatsachen werden einfach auf den Kopf gestellt. Mary Daly bemerkte zu der Technik schon vor Jahrzehnten: “In the land of the Fathers, the more blatant the lie the greater its credibility” (Gyn/ecology, 1978, S. 19). Je dicker die Lüge, umso besser füge sie sich ein in die GANZ DICKE LÜGE namens Patriarchat, gemäß der z.B. die Sünde mit Eva in die Welt kam und die Frau für den Mann geschaffen wurde.
Heute nachmittag erreichte mich passend zum Thema folgende Anfrage per Email:
Ich plane einen Kurs über "Frauen, die sich rächen". Ich habe schon ein paar Texte zusammen zum Thema, habe aber nirgends eine Anthologie gefunden, was mich erstaunt hat - die rächende Frau ist ja immerhin ein Topos der Kunst. Habe ich da etwas übersehen oder gibt es in dieser Hinsicht gar nichts?
Mir fiel erst nur Euripides’ Medea ein und die vielen Bearbeitungen des Stoffs durch die Jahrhunderte. Medea tötet ihre Kinder, um ihren untreuen Ehemann Jason zu bestrafen. Keine gute Idee - sieht eher nach Männerphantasie aus, was es ja auch ist. Zweitens fiel mir der Film „Der Club der Teufelinnen“ ein, nach dem Bestseller von Olivia Goldsmith. Im Original heißen Buch und Film übrigens „The First Wives’ Club“ zu deutsch etwa „Club der Ex-Frauen“. Noch so eine dicke Lüge. Teuflisch sind die Frauen nämlich höchstens aus der Sicht ihrer teuflischen Männer, die sie wegen jüngerer Frauen sitzengelassen haben - und nun ihren Zorn zu spüren kriegen. Unvergeßlich Goldie Hawn mit den aufgespritzten Schlabberlippen als Ex-Frau Elise, die ihren Mann trotz dauernder Schönheits-Operationen nicht halten konnte und sich nun schwungvoll rächt zur Freude der Zuschauerinnen.
Den Zuschauern gefiel der Film weniger. Roger Ebert, der bekannteste Filmkritiker der USA, mit dem ich sonst im Urteil oft übereinstimme, gab dieser Perle der Filmkunst nur zwei von vier Sternen.
Dabei muß er sich doch gar nicht ängstigen, denn Film und Buch sind reine Frauen-Phantasie. Die Wirklichkeit sieht so aus: Olivia Goldsmith, die Autorin der First-Wives'-Club-Story und anderer weiblicher Rachephantasien starb 2004 mit 54 Jahren an den Folgen einer - Schönheitsoperation.
Mary Daly hingegen, mit dem klaren Blick für Realitäten und viel Sinn für unbemannte Lebensfreude, wird nächstes Jahr 80.
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20 Kommentare
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29.12.2007 um 17:27 Uhr lfp
Admiral Nelson als “boy toy” - das hat was!
29.12.2007 um 13:24 Uhr Amy
Köstlich zu wissen, daß Mary Daly mit unbemannter Lebensfreude auf eine hohe Lebenserwartung hoffen kann, die arme Olivia Goldsmith (wohl bemannt) dagegen für ein verjüngtes Aussehen mithilfe einer Schönheits-OP das Frauendurchschnitsalter nicht mehr erreichen wird. Da braucht es wenig Frauen-Phantasie - keine Schönheits-OPs für den ....mann - brauchen wir überhaupt einen ....mann?
Viele Grüsse mit unbemannter Lebensfreude von Amy
29.12.2007 um 12:22 Uhr Alison
Englisch hat schon eine Bezeichnung:
boy toy
n. Slang
A young man who is the lover of an often older, more prosperous person.
The American Heritage® Dictionary of the English Language, Fourth Edition
Copyright © 2006 by Houghton Mifflin Company.
Main Entry: toyboy
Part of Speech: n
Definition: a young male partner or lover of an older woman (or man)
Usage: slang
Webster’s New Millennium™ Dictionary of English, Preview Edition (v 0.9.7)
Copyright © 2003-2007 Lexico Publishing Group, LLC
29.12.2007 um 09:52 Uhr Almut
Liebe Luise,
Frauen, die Männer lieben, *reden* nur nicht über ihre Zweitmänner, weil sie dann der kollektiven Verachtung anheimfallen, Du weißt das doch! Frauen leben ihre Zweitbeziehungen im Stillen und hoffen, dass nichts davon bekannt wird.
Im Freundinnengespräch (nur zu zweit!) kommt die Sprache aber durchaus darauf. Ich plädiere für Zweitmann oder Hausfreund, letzteres aus eher taktischen Gründen.
Liebe Grüße
Almut