Die Kraft und die Herrlichkeit
Nun also soll Hannelore Kraft die Wahlen in NRW für die SPD gewinnen. Ich hoffe, es gelingt ihr. Die Trumpfkarte Frau, obwohl in der Regel von der versammelten Herrlichkeit zu spät aus dem Ärmel gezogen, hat ja schon oft Wunder gewirkt. Nehmen wir z.B. die Olympischen Winterspiele in Vancouver. Weil ich noch in Umzugswirren stecke und mit Hunderten von Bücherkartons jongliere, habe ich diesmal nicht sehr konzentriert hingeschaut, was unsere OlympionikInnen so trieben. Aber abends in den heute- oder ARD-Nachrichten kamen sie doch immer wieder und schließlich immer gewaltiger, die Frauen.
Nur: Es redete niemand über dieses eigentlich alles offizielle Wissen umstürzende Phänomen: das enorme Gefälle zwischen der weiblichen und der männlichen Leistung. Deshalb stelle ich hiermit fest: Bei der diesjährigen Winter-Olympiade waren die deutschen Frauen viermal besser als die deutschen Männer.
Von Wikipedia erfahre ich: "Deutschland nimmt an den Olympischen Winterspielen 2010 in Vancouver mit 153 Athleten, darunter 58 Frauen und 95 Männer, in allen 15 Sportarten teil."
Und diese doppelt so vielen Männer haben nur etwa halb so viele Medaillen geholt wie die Frauen. Proportional sind die deutschen Athletinnen also, ich wiederhole es gerne, viermal so stark wie die deutschen Athleten.
Über dieses auffällig schwache Abschneiden der Männer - auch das kann nicht oft genug gesagt werden - wird aber kein Wort verloren. Ich habe in den Quellen, denen ich zugehört oder -geschaut habe (ARD, ZDF, Deutschlandfunk), nichts dazu vernommen, obwohl ich immer ungeduldiger und ungläubiger darauf wartete.
Die logische Konsequenz des männlichen Versagens wäre, demnächst viermal so viele Frauen loszuschicken wie Männer.
Die Platzierung im Medaillenspiegel richtet sich nach der Anzahl der Goldmedaillen. Obwohl die USA derzeit mit insgesamt 36 Medaillen an der Spitze liegen, belegen sie doch im Medaillenspiegel nur den dritten Platz, nach Kanda (Platz 1) und Deutschland (Platz 2), denn sie haben nur 9 Goldmedaillen geholt, die Deutschen dagegen 10 und die KanadierInnen 13, die insgesamt “nur” 25 Medaillen geholt haben.
Goldmedaillen also - sie sind es, die alles entscheiden, ob wir das nun gut finden oder nicht.
Von den 10 deutschen Goldmedaillen stammen acht von Frauen. Mit den zwei Goldmedaillen der Männer läge Deutschland derzeit auf dem 12. Platz.
Dass die Medien weiterhin fest in Männerhand sind, merkt frau u.a. daran, dass die Kraft der Frauen und die Schwäche der Männer nicht benannt, nicht thematisiert, nicht betrommelt wird. Denn das würde unweigerlich zu besseren Bedingungen für Frauen und schlechteren Bedingungen für Männer in der gesamten Sportförderung führen und im Geschäft mit dem Sponsoring und den Werbegeldern.
Um wieder auf Hannelore Kraft zurückzukommen: Ich hoffe, es ergeht ihr nicht wie Andrea Ypsilanti, Hertha Däubler-Gmelin, Rita Süßmuth, Heide Simonis, Heide Pfarr, Ursula Schmidt, Petra Kelly und anderen großen Hoffnungen der Frauen, die gemobbt und/oder gestürzt wurden oder über Kleinigkeiten gestürzt sind, die Männer entweder gar nicht wahrgenommen oder stur ausgesessen hätten, wie Kohl, Althaus, Möllemann, Rüttgers, Friedman und wie sie alle heißen.
Zweierlei Maß - das konnten wir in dieser Woche wieder deutlich sehen am Verhalten von Margot Käßmann im Vergleich zu männlichen Würdenträgern der katholischen Kirche.
Die Verbrechen katholischer Priester gegen Jugendliche, die ihnen anvertraut waren, stinken zum Himmel, sie sind systemisch. Ich bin jeweils die Hälfte des Jahres in Boston, dort fing es vor rund 10 Jahren an mit der Aufdeckung der Sexualverbrechen der Priester gegen Jugendliche - und hört gar nicht mehr auf. Genau wie in Deutschland wurden auch dort pädophile Priester von ihren Oberen gedeckt, in den Urlaub geschickt und dann an anderer Stelle wieder eingesetzt, wo sie weiter ihren verbrecherischen Neigungen nachgehen konnten und es auch taten. Viele Leben wurden dadurch unheilbar vergiftet, ja zerstört.
Eigentlich müsste der Papst zurücktreten ob der Schandtaten seiner Organisation. Aber er denkt nicht dran. Stattdessen verlangt sein Erzbischof Zollitsch von Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger, die endlich mal Tacheles geredet hat, eine offizielle Entschuldigung.
Ewig schade ist es um Margot Käßmann, die so viel frischen Wind, Hoffnung und weibliche Kompetenz in die evangelische Kirche gebracht hat. Immerhin hat sie durch ihren Rücktritt dem Papst und seinen Bischöfen und Priestern gezeigt, wie sie auf die Verfehlungen reagieren könnten und sollten. Aber das ist nur ein kleiner Trost angesichts des großen Verlusts, der noch ganz besonders schmerzt, weil vier Tage zuvor Johanna Dohnal im Alter von nur 71 Jahren starb, auf die wir auch noch lange nicht verzichten können - obwohl wir es nun müssen.
Hoffen wir also auf die Kraft. Die Herrlichkeit hat versagt, auf der ganzen Linie.
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36 Kommentare
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28.02.2010 um 16:52 Uhr Anne
ja, liebe Luise - eine wunderbare und starke glosse, danke! ich möchte mich auch @ Evelyns prima ausführungen zu Guido Westerwelle anschliessen; der in meinen augen mit einer erschreckenden gefühlskälte und borniertheit menschen (betroffen sind hier überwiegend frauen) gegeneinander aufhetzt, die zu den `sozial`schwächsten zählen und wenig zukunft haben. von der rücksichtlosigkeit der abertausenden steuerhinterzieher (sicherlich die klientel der fdp-befürworter) die mio euro-beträge an der steuer vorbei ins ausland verschaffen, wird somit bewusst abgelenkt. wenn es stimmt, geht es hier um ca. weit über 4oo mrd. euro. die soziale kälte und die `schreibtischtäter` nehmen zu.
Zu Margot Käßmann - ich hätte mir auch gewünscht, sie könnte ihre ämter weiterführen . die häme und spott (versteckt oder offen), die eine starke, überzeugende frau als bischöfin in anderen blogs/zeitungsartikeln von männern und so mancher männerpresse erfuhr, zeigen mir wieder einmal die starke abneigung gegenüber erfolgreichen frauen. heute in den himmel gehoben, morgen von der presse zerrissen, ist ein hässlicher, unwürdiger tatbestand, womit manche herren der männerpresse ihre macht ausnutzen , um menschen fertig zu machen.
es war so wichtig, dass sich M. Käßmann im afghanistan-einsatz auch zur tagespolitik äusserte. hier wurden nach fehleinschätzungen und unter waffenGewalt schon hunderte unschuldiger frauen, männer, kinder ermordet. kein entscheidungsträger ist daraufhin zurückgetreten -ein paar leise worte des bedauerns fielen; dafür wurde uns schnell verkündet “mann ist im krieg” ..
auf diese vielen männl. vorbilder und versager der männl. elite aus kirche, politik, bankenwesen, gesellschaft etc. kann ich gut verzichten, auf die hoffnungsträgerin Margot Käßmann leider nicht ... ihr `signal` wird sicherlich bei manchen(u.a. kath.) oberhäuptern abprallen - denn einige werden jetzt froh sein, eine `unbequeme` losgeworden zu sein.
llg Anne
28.02.2010 um 15:04 Uhr Evelyn
Liebe Luise!
Trotz Umzug bist Du hier wieder zur Höchstform aufgelaufen - Danke.
Ich gestehe hier ein, dass ich beim Rücktritt von Dr. Käßmann in Tränen ausgebrochen bin. Auf diese Stimme für die Armen, Alten, Ausgegrenzten und Friedenswilligen können wir gar nicht verzichten. Es ist ein ungeheurer Verlust!
Angesichts des Versagens der männlichen “Eliten” möchte ich hier ausnahmsweise einen Beitrag von mir zum Besten geben, der sich mit dem offenkundigsten und derzeit gefährlichsten Totalversager beschäftigt, der auch im hohen Maße Frauen schädigt, die von der aktuellen Sozialstaatsdebatte wieder einmal besonders betroffen sind: Guido Westerwelle. Ich schrieb aus aktuellem Anlass an die ANNE WILL-Redaktion (ebenso dem Auswärtigen Amt zugeschickt):
Koalitionskrach um Hartz IV - Provozieren statt Regieren?
Sehr geehrte Redaktion!
Als Leserin sehr vieler Blogs und Kommentare zu Artikeln im Netz weiß ich: Westerwelle und die FDP haben ihr Ziel bereits erreicht. Eine beispiellose Spaltung geht durchs Land. Die eine Hälfte steigt mit Ressentiments, ja sogar Hass, voll ein, die andere Hälfte fragt sich händeringend, was Westerwelles eigentliche Aufgaben wären und warum er diese in keinster Weise wahrnimmt. Ich finde: Als Vizekanzler für all dies verantwortlich zu sein und Bevölkerungsgruppen aufeinander zu hetzen, dadurch hat er eine Unwürde in die Regierung gebracht, die ihresgleichen sucht. Außerdem ist das Amtsmissbrauch der schlimmsten Art.
Zudem hat er gleichzeitig noch seine Rolle als Außenminister in kürzester Zeit heruntergewirtschaftet - ein Außenminister, der dem eigenen Land unterstellt, zu “sozial” zu sein und “spätrömische Dekadenz” möglich zu machen ... Man stelle sich vor, einer der europäischen Kollegen oder gar Frau Clinton würde so etwas tun - diese Person wäre doch auf dem internationalen Parkett völlig erledigt, da unglaubwürdig als VertreterIn des eigenen Landes. Als frühere Mitarbeiterin in der Auswärtigen Kulturpolitik (im Dienste des Auswärtigen Amtes) kann ich da nur sagen: So etwas wäre unter einem der bisherigen Außenminister undenkbar gewesen, das Amt des Außenministers in dieser Weise zu beschädigen. Deutschland hat jetzt schon durch Herrn Westerwelle einen großen Schaden erlitten. Der Schaden ist in meinen Augen viel größer als der durch eine bloße Provokation, um Ihren Titel der Sendung anzusprechen - das Parkett der Außenpolitik ist nämlich ein sehr sensibles Terrain. Rechtspopulismus wird im Ausland sofort wahrgenommen, glauben Sie mir bitte, ich war selbst mehrere Jahre im europäischen Ausland tätig.
Als Vizekanzler jedoch ist Herr Westerwelle untragbar!
Ich grüße euch alle und hoffe, dass ihr euch in Blogs, Foren, Leserinnen-Briefen etc. an der Sozialstaatsdebatte beteiligt: Hier wird besonders auf die Schwächsten eingedroschen, die vielen Frauen, die Alleinerzieherinnen sind und Hartz IV beziehen m ü s s e n, die Frauen, die massenhaft in den Niedriglohnsektor abgeschoben werden, gleich welche Bildung und Berufserfahrung sie mitbringen, und die vielen Frauen, die aus Altersgründen Hartz IV beziehen, weil sie ab Ende 40 “zu alt” für den Arbeitsmarkt sind!
28.02.2010 um 14:39 Uhr Trip
Frau Käßmann hätte nicht zurücktreten müssen - aber wer weiß, wieviel Druck von oben sie bekommen hat.
Viele Grüße
28.02.2010 um 10:41 Uhr mo jour
Frau Pusch, ich liebe Sie!