Intersexuelle, das neue Gesetz und die Männersprache
Vor bald 4 Jahren, im Februar 2010, brachte FemBio einen Artikel von Renata Egli über die Schwierigkeiten intersexueller Menschen in unserer binär geordneten Geschlechtswelt. Damals stieß das Thema auf wenig Interesse, inzwischen wird es breit, wenn auch weitgehend verständnislos, abgehandelt. Anlass: der Zusatz im Personenstandsgesetz, der vorgestern, am 1. November 2013, in Kraft trat:
PStG § 22 Abs. 3 [neu]: „(3) Kann das Kind weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zugeordnet werden, so ist der Personenstandsfall ohne eine solche Angabe in das Geburtenregister einzutragen.“
In den Medien wurde die Novellierung überwiegend als Fortschritt in eine tolerantere, realitätsgerechtere Zukunft gefeiert. In Deutschland leben rund 100.000 Intersexuelle, die bisher „unter den Teppich gekehrt“ und als „weiblich“ oder „männlich“ zwangskategorisiert wurden. Meist nicht nur das, sondern sie wurden oft auch als Kinder zwangsoperiert, d.h. genitalverstümmelt, um besser in eine der beiden Geschlechtskategorien zu passen. Ist damit jetzt endlich Schluss?
Nein, sagen die Betroffenen entschieden. Für sie ist das neue Gesetz ein verheerender Rückschritt. Es bedeute „Zwangsouting für Intersex-Kinder" und einen "Freipass für Genitalverstümmler" urteilt die Betroffenenorganisation Zwischengeschlecht.org.
Weiter heißt es dort:
Betroffenenorganisationen kritisieren seit Monaten einhellig und deutlich den neuen § 22 (3) PStG, wonach künftig bei körperlich "uneindeutigen" Neugeborenen kein Geschlechtseintrag mehr zuzulassen sei – letztlich ein diskriminierendes und stigmatiserendes Verbot für "uneindeutige" Neugeborene, ein Geschlecht eintragen zu dürfen. § 22 (3) PStG verstärkt die Machtposition der Medizin, Eltern noch mehr unter Druck zu setzen, weiterhin Kinder verstümmeln zu lassen, oder wegen "Unzumutbarkeit" selektiv spätabzutreiben. DAS ist (nicht nur) in Deutschland die Realität der Betroffenen – NICHT Gender-Fantasien um eine "neue Kategorie «unbestimmt»" als "wichtiger Schritt zur Anerkennung der freien Geschlechtswahl".
Was die Betroffenenorganisationen stattdessen fordern:
• Ein Verbot medizinisch nicht notwendiger, kosmetischer Genitaloperationen an Kindern, rsp. die gesetzgeberische Anerkennung, dass Eltern noch nie berechtigt waren, im Namen ihrer Kinder in solche Eingriffe einzuwilligen, weshalb die Verstümmelungen schon seit jeher illegal erfolgten, und entsprechendes Unterbinden von kosmetischen Genitaloperationen an Kindern aufgrund solcher widerrechtlicher "Einwilligungen". • Statt menschenrechtswidrige Genitalverstümmelungen zu tolerieren endlich angemessene psychosoziale Unterstützung und Peer Support für Betroffene, Eltern und das soziale Umfeld zu gewährleisten. • Durchsetzung der korrekten Anwendung von §47 PStG, wonach Betroffene, die später ihren Geschlechtseintrag korrigieren lassen wollen, dies unbürokratisch tun können (statt dass Ämter und Behörden weiterhin widerrechtlich MedizynerInnen helfen, solche Betroffene tatsachenwidrig zu Transsexuellen zu erklären).
Diese Forderungen unterstütze ich rückhaltlos und nachdrücklich.
Was bedeutet dies alles für eine geschlechterbewusste Sprachkritik?
Auffällig ist, dass Intersexuelle keine Forderungen nach Sprachveränderung stellen, sondern die Konventionen befolgen, die von der feministischen Linguistik entwickelt wurden.
Es vergeht kein Vortrag mehr, in dem ich nicht zum Unterstrich, auch "Gender-Gap“ genannt, befragt werde (vgl.„Lehrer_innen“). Er soll denjenigen, die sich nicht als weiblich oder männlich einordnen können oder wollen, sprachlich einen Raum zuweisen. Der Unterstrich soll die „starre binäre Geschlechterordnung“ aufbrechen.
Ich nehme zu der Debatte eine abwartende Haltung ein und erkläre, ich ziehe als Feministin und Linguistin das große I dem Unterstrich vor (mehr dazu hier), aber die Dinge sind im Fluss, gender- und sprachsensible Menschen sind noch auf der Suche nach der optimalen Lösung.
Die heftige negative Reaktion der Intersexuellen auf eine Gesetzesnovelle, die allgemein als günstig für sie beurteilt wurde, wirft auch ein neues Licht auf die Sprachdebatte zum Unterstrich. Es zeigt sich, dass nicht nur Transsexuelle den Unterstrich nicht brauchen, denn sie wollen ja gerade einem der beiden Geschlechter angehören. Auch Intersexuelle lehnen den ihnen zugedachten „Freiraum“ ab und benutzen auf ihren Webseiten das große I, wie in „MedizynerInnen“. Sie ziehen eine schützende Unsichtbarkeit und Zuordnung zu einer möglicherweise falschen, aber später leicht korrigierbaren Kategorie dem „Zwangs-Outing“ ab der Geburt vor. Nicht-Betroffene haben das zu respektieren.
Bleiben als Befürworter_innen des Unterstrichs die Transgender und Genderqueer Community und deren Sympathisant_innen. Für die Mehrheit der sprachlich benachteiligten Menschen, nämlich die Frauen, unterstreicht der Unterstrich optisch den Status der Zweit- bis Drittrangigkeit und des Nachgeordnetseins, statt ihm entgegenzuwirken.
Frauen sind in der Männersprache nicht per se unsichtbar, sondern untergeordnet und deshalb mal sichtbar, mal unsichtbar. Die symbolische Unterordnung der Frau unter den Mann ist grammatisch und morphologisch streng geregelt. Wie angeblich Eva aus Adams Rippe wird die weibliche Bezeichnung aus der männlichen abgeleitet. Überdies bringt ein einziger Mann Tausende von Frauen symbolisch zum Verschwinden. Das ist eine völlig andere Problematik als die sprachliche Unsichtbarkeit der Intersexuellen, Transsexuellen und TransgenderPersonen. Ihre Unsichtbarkeit liegt daran, dass die Sprachgemeinschaft sie lange nicht wahrgenommen hat. Die Unsichtbarkeit der Frauen hingegen wird durch Regeln dynamisch erzeugt bei Vorhandensein auch nur eines einzigen Mannes. So schreibt es die traditionelle deutsche Grammatik vor: 99 Sängerinnen und ein Sänger sind auf Deutsch zusammen 100 Sänger.
Soll die Transgender und Genderqueer Community grammatisch im deutschen Sprachsystem sichtbar gemacht werden, bräuchte es eine (oder mehrere?) weitere Endung(en). Sollte das Gesamtsystem gerecht sein, bräuchte es überdies eine eigene Endung für das Maskulinum, ähnlich wie es Matthias Behlert vorgeschlagen hat. Wir hätten dann etwa Freundin (Frau), Freundis (Mann) und Freundil (Transgender, Genderqueer), Plural Freundinne, Freundisse, Freundille. Wenn das Geschlecht (welches auch immer) keine Rolle spielen soll, entfällt die Endung: Beispiel: Fragen Sie Ihre Freund, Arzt oder Apotheker.
Die Intersexuellen haben gezeigt, dass die Debatte um Gerechtigkeit für alle Geschlechter gerade erst begonnen hat. •••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••
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9 Kommentare
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07.11.2013 um 00:35 Uhr anne
@ Undine - danke f.d. feedback! ich sehe zwar immer noch nicht den vorteil darin, im geburtenregister die zugehörigkeit oder identität `intersexuell`, `trans`, `weiblich`, `männlich`auszuschließen.
es gibt geschlechtsneutrale vornamen - das finde ich gut. und für irgend einen vornamen müssen sich eltern nach der geburt ihres kindes entscheiden, das als `uneindeutig`(schreckliches wort) benannt wird. ebenso die möglichkeit einer späteren namensänderung/geschlechtszugehörigkeit für diejenigen, die es wünschen.
es lebe die vielfalt! und menschen sind vielfältig i.d. hautfarbe, körpergröße, im aussehen, in der sprache, ob lesbisch, schwul, bi oder hetero.
es wurde darum gekämpft, z.b. den begriff `lesbe` nicht abzuschaffen, unsichtbar zu machen sondern aufzuwerten und sichtbar zu machen. `schafft den schwulen ab`, diesen slogan gab es erst gar nicht ; das hätte sich sicherlich kein schwuler mensch gewünscht?
egal, ob ich richtig oder falsch `liege`, ich finde es gut, daß Luise das obige thema in eine prima glosse einbindet. es regt zum nach- und umdenken an. so, wie sie sich vor über 40 jahren die männersprache deutsch ` auf`s korn`genommen und uns weibl. menschen das generische femininum schon mal schmackhaft gemacht hat…inzwischen ist dabei herausgekommen, daß auch weibliche bezeichnungen künftig an universitäten für männer gelten ....
http://transgender.at/infos/recht/vornamen.html
06.11.2013 um 16:06 Uhr Emma Jotjejange
@ Lena Vandrey:
“Haben Double-Sex-Kinder BEIDE Chromosomen?”
Die meisten Menschen haben zwei Geschlechtschromosomen. Sind sie X und Y, wird dieser Mensch primäre männliche Geschlechtsorgane ausbilden; besitzt ein Mensch zwei X-Chromosomen, weibliche.
Beim Turner-Syndrom besitzt der Mensch nur ein einziges Geschlechtschromosom, das X, und entwickelt meist einen weiblichen Genitaltrakt. Beim Klinefelter-Syndrom besitzt der Mensch drei Geschlechtschromosomen, XXY, und entwickelt einen männlichen Genitaltrakt. Es gibt noch weitere, seltenere Verteilungen der Geschlechtschromosomen, und natürlich viele weitere Ursachen eines uneindeutigen Körpergeschlechts.
06.11.2013 um 12:39 Uhr undine
@anne
Wir leben in einer Welt, in der sich selbst erwachsene Individuen oft genötigt fühlen, sich ‘eindeutig’ einer von zwei vorgegebenen Wahlmöglichkeiten zuzuordnen. Das ist Realität, und vielfach dokumentiert. Und nun erwarten wir, dass Kinder das so einfach hinbekommen?
Nein, erstmal müssen alle Formulare geändert werden, vom Datenblatt in der Krippe, im Kindergarten, in der Schule, bis hin zur Personalakte - was interessiert dort das Geschlecht? Und ja, wenn alle diese Formulare und die sie ausfüllenden Menschen aufhören, nach dem Geschlecht der von ihnen betreuten, von ihnen unterrichteten Person zu fragen, dann wird sich auch die Gesellschaft geändert haben, und zwar so, dass es kein Stigma mehr sein wird, nicht genau zu wissen, zu welcher Seiten man gehört. Und, oh Wunder, dann wird die Kategorie: ‘unbestimmt’ gar nicht mehr nötig sein. Und trotzdem werden wir immer noch konkret benennen können, welchen Gruppen besonderes Unrecht geschieht: den Wehrlosen und den Rechtlosen nämlich, egal welchen Geschlechts.
Und vielleicht, vielleicht ist dann ja sogar die Medizin soweit, Menschen als Individuen betrachten zu können.
Wie sagte doch schon Mark Twain? Der einzige Vernünftige Mensch, den er kenne, sei sein Schneider - der nehme jedesmal erneut Maß, bevor er ihm etwas anfertige.
05.11.2013 um 12:38 Uhr Lena Vandrey
@ Anne:
Liebe Anne,Du erwähnst das Wort NIEMAND.
Es klingt wie “Nie Mann”,was ja ganz nett wäre. Wenn wir nun aber eine weibliche Endung anbringen würden, also von einer NIEMANDIN redeten, so ergäbe das ein ganz anderes Bild, nämlich das einer PERSON! Das Gegenüber von Niemand ist JEMAND “Je(der)Mann” und es gibt den Ausdruck: Das ist Jemand! Die weibliche Form: Das ist eine Jemandin!hat nicht den gleichen Effekt, es klingt irgendwie daneben. Jemand und Niemand verstehen sich als Neutrum, die Jemandin und die Niemandin aber sind sexuell geprägt.
Im Englischen ist es einfacher:NOBODY gilt für alle. Im Französischen ist es skurril, Niemand wird zu einer PERSON.Angenommen,da ist eine Person, die einen Besuch abstatten will und findet niemand. Das heißt: Une PERSONNE veut faire une visite et ne trouve PERSONNE!
Bei Homer heißt es:Dein Name ist Niemand! Im Französischen wird das zu:Ton nom est
PERSONNE !Also, Dein Name ist (keine)Person!?
Verstehe,wer kann…
Ich finde das Wort NIEMANDIN ganz reizend,es ist doch charmanter zu sagen: Ich bin eine Niemandin als: Ich bin ein Niemand.
JEMANDIN gab es schon bei Fontane, eine Abschwächung des Jemand, aber die Niemandin schwächt nichts. Es klingt geheimnisvoll, geradezu exotisch: Bist Du eine Niemandin? Aber ja, und wie!Und wo trefft Ihr Euch denn?
Nirgendwo ,natürlich!...
Also, lasst uns an “chromosomale Variationen” denken…für ein neues Sprach-Konzert!
Vielen Dank für Deine Erfindung, liebe Anne!
04.11.2013 um 21:04 Uhr anne
ich sehe kein problem darin, s/eine identifikation im pass, geburtsschein etc. anzugeben. es sollte keine hindernisse geben, die transidentität im öffentlichen raum zu benennen. das ist kein makel, sondern eine natürliche gegebenheit. je mehr öffentlichkeit, umso mehr ankennung, toleranz, offenheit gegenüber einem tabu-thema?
es gab eine zeit, da machten sich männer der kirche ernsthaft gedanken, ob frauen überhaupt menschen sind.
die überlegungen von Luise zum sprachlichen umgang finde ich gut - den unterstrich mochte ich nie, und die feministische sprachkritik zeigt möglichkeiten, sich neutral auszudrücken , z.b. auto/fahrende, zu fuß gehende, studierende ... auch den begriff `Niemand` braucht keine/r im vokabular aufzunehmen.
letztlich ist das eine frage der gewohnheit ..
eigentlich glaube ich kaum , daß es eine sprachVerstümmelung gibt - sprache verändert sich kont., lebt, hat eine vergangenheit und ist zeitzeugnis - wir sprechen heute eine andere sprache als z.b. im 18. jahrhundert - der begriff `sprachverstümmelung` müsste demnach auf jede vorherige zeitepoche zutreffen? nur heute schwebt diese begrifflichkeit wie ein damoklesschwert über uns, sobald erstmals frauen i.d. sprache benannt , die männersprache deutsch analysiert, kritisiert wurde. seit beginn der feministischen sprachkritik wird uns deutlich gezeigt, wie die geschlechterordnung nicht nur im bereich der sprache funktioniert/e - frauen waren weitgehendst unsichtbar, zweitrangig, ausgegrenzt, wurden diskriminiert, nicht einmal im vorherigen jahrhundert als wählerinnen zu wahlen zugelassen. und ich bin immer wieder darüber erbost, wie feindselig und z.t. polemisch etliche die feministische sprachkritik abwerten oder versuchen ins lächerliche zu ziehen.
deshalb finde ich es auf dem weg zur gerechten sprache ebenso wichtig, die möglichkeiten zu nutzen, alle geschlechter sichtbar zu machen und zu benennen.
das mit dem `zwangsouting` für intersex-kinder habe ich nicht ganz verstanden - warum kann ein begriff, wie z.b. `transidentisch` nicht in einer geburts-urkunde neben weiblich, männlich angegeben werden? das ist doch kein stigma?
auch verurteile ich strikt zwangsoperationen, genitalverstümmelungen an mädchen und das schreckliche ritual zirkumzision. wie lange wird es noch dauern, bis weltweit kein mädchen mehr verstümmelt wird - aber es handelt sich ja NUR um weibliche menschen, die davon betroffen sind und die doch so geübt sind in der tradition von gewalt, sexismus, misogynie, abwertung - deshalb ist es wichtig, das geschlecht zu benennen, das so misshandelt wurde/wird ..
Chromosomale Variationen !
http://de.wikipedia.org/wiki/Intersexualität
04.11.2013 um 13:05 Uhr Patricia
Liebe Luise,
vielen Dank für diesen Artikel.
Mein Traum, mein Wunsch, mein Ziel seit vielen, vielen Jahren:
Noch zu leben, wenn das Geschlecht nicht nur nicht mehr auf dem Personalausweis, sondern auch nicht mehr im Pass, im Geburtsschein und überhaupt auf keinem Dokument mehr steht. Genauso wie es keine Angabe über “Rasse”, Hautfarbe, Religion etc. gibt bzw. zu geben hat.
Den von Dir zitierten Forderungen, insbesondere dem Verbot der medizinisch nicht notwendigen Genitaloperationen, stimme ich selbstverständlich ebenfalls vollkommen zu.
04.11.2013 um 11:10 Uhr Lena Vandrey
Das sprachliche Problem wird sich mit der Zeit wohl regeln, aber zuerst sollten wir den Tatsachen zu Leibe rücken: Eine Zwangs-Verstümmelung von wehrlosen Kindern durch Eltern und MediZYNER ist nicht zu vergleichen mit den willentlichen Um-Operationen von Erwachsenen!
Für Kinder könnte die Bezeichnung DOUBLE SEX gelten, verständlich in allen Sprachen, und von OP oder auch nicht, sollte erst ab dem 18. Jahr die Rede sein.
Ich kannte eine Double-Sex-Lesbe, die mit ihrer Situation zufrieden war, eine andere wurde zwangs-operiert (das männliche Geschlecht entfernt) und litt unter übermäßigem Körper-Haarwuchs. Das Sichtbare kann operativ als Halb-Kastrierung behandelt werden, wie aber steht es mit den Chromosomen? Haben Double-Sex-Kinder BEIDE Chromosomen? Hat eine verbrecherische Wissenschaft die Absicht, auch hier einzugreifen? Es sollte ein absolutes Verbot ausgesprochen werden, jedes wehrlose Wesen anzupassen an jetzige Verhältnisse, darunter an Religion (Beschneidung der Knaben) und Tradition (Verstümmelung der Mädchen). Von letzterer, der Klitorektomie, ist kaum noch die Rede. Eine exzisierte Frau ist im biologischen Sinne keine Frau mehr, wie wird sie denn in den Sparten erfasst? Auch mit Loch und Strich? Und ein Mann ohne Hoden, wer ist das?
Es ist zu protestieren und nicht nur von linguistischer Seite. Freundin, Freundis und Freundil können Gewalt an Kindern nicht verhindern und erreichen leider nicht diejenigen, die sich an den Kindern vergreifen!...
Eine Französin hat ihre kleine Tochter zwei Jahre lang im Kofferraum des Autos versteckt gehalten. Jetzt sitzt die Dame im Fernsehen und plaudert!
Eine FALSCHE-GROSCHEN-OPER ist das!...
04.11.2013 um 10:58 Uhr Jenny
Ich bin feministisch und inzwischen wohl auch einigermaßen sprachlich sensibilisiert. Und ich schreibe sehr gerne, z.B. Kommentare. Ich finde es trotz meiner Überzeugung extrem lästig und störend, ständig beide Geschlechter anzusprechen oder gar noch ein drittes irgendwann, damit sich niemand (gibt es eine weibliche Form für “Niemand”?) ausgeschlossen fühlt. Den Rattenschwanz der Geschlechtsspezifikation hinter Berufs- oder Gruppenbezeichgnungen wie “Lehrer” oder “Studenten” immer länger werden zu lassen und beständig mit Zeichen wie “/” oder “_” zu arbeiten empfinde ich tatsächlich als “Sprachverstümmelung”, auch wenn ich mich damit leider den sexistischen Nörglern annähern muss. Es schadet dem Lesefluss, der Rede und der Verständlichkeit von beidem. Und auch eine totale Sprachumwälzung, eine völlig neue Grammatik wie von Behlert entwickelt, finde ich wenig hilfreich. Es ist, wie eine ganz neue Sprache zu lernen und die eigene nicht mehr Sprechen zu dürfen. Das kann niemand ernsthaft wollen. Sprache muss sich langsam entwickeln, damit jeder folgen kann, und ich bin zuversichtlich, dass sie das in die richtige Richtung tun wird. Zum Beispiel hat man das beim Wort “Studenten” doch schon ganz fabelhaft gelöst: “Studierende”. Finde ich perfekt! Die Gemeinschaft aller, die studieren, das Geschlecht spielt keine Rolle. Ich weiß, auch darüber wurde schon gemotzt, aber die Lösung ist optimal. Zum Beispiel “Arbeitende”, “Lehrende” etc. statt “ArbeiterInnen” oder “LehrerInnen”. Auffallend ist natürlich, dass so ziemlich alle Berufsbezeichnungen grundsätzlich ein männliches Geschlecht haben (außer Krankenschwester, Hausfrau, Putzfrau, Hebamme u.a. “Frauenberufe”), was ja wohl daran liegt, dass Frauen früher hauptsächlich fürs Kinder gebären und Kinder und Mann bemuttern zuständig sein sollten. Im Individualfall ist ja die dem Geschlecht angepasste Form “Lehrer” oder “Lehrerin” sinnvoll, aber bei der Mehrzahl würde ich wieder auf die Tätigkeit, nämlich “Lehrende” zurückgreifen.
Eine andere spannende (aber eher hypothetische) Überlegung fände ich es übrigens, das Geschlecht des Ursprungswortes entscheiden zu lassen, ob eine Berufsgruppe grundsätzlich männlich oder weiblich ist: die Arbeit, die Lehre, das Studium, die Hausreinigung, die Pflege, der Verkauf…
Würde sich aber auch nicht durchsetzen, weil sich unser erlerntes Sprachgefühl massiv dagegen wehren würde. Meines jedenfalls. Leider.