Natürliche Herrenpflege
Im November hat gegenüber meiner Wohnung ein Laden der Bio-Kette Alnatura aufgemacht - ach was Laden: ein Super Natur Markt! Seitdem fällt Joey morgens vorzeitig aus dem Bett, wenn die dicken Alnatura-Brummis ihre Waren anliefern und sich in den kleinen Gässchen in die Quere kommen und unter lautem Getöse mühevoll rangieren müssen oder sonstwie den Motor nicht abgestellt bekommen. An gesunden Bioschlaf ist für alle, die in der Nähe von Alnatura wohnen, nicht mehr zu denken.
Der Name „Alnatura“ klingt wie eine Kreuzung aus Al Jazeera und Mutter Natur. Schön, dachte ich zuerst, ein tapferer Integrationsversuch, Orient und Okzident traulich vereint im Biostreben. Aber der Name „Alnatura“ (seit 1985) ist älter als die Namen Al Qaida (1993) und Al Jazeera (1996). Was sich der Gründer bei dem Namen gedacht hat, habe ich noch nicht rausbekommen. Ob er sich an den Erfolg von Aldi anhängen wollte? Joey meinte, es solle wohl klingen wie: „Alles Natur!“ Auf diese naheliegende Idee wäre ich als Deutsche nie gekommen.
Obwohl das volle Bioleben nunmehr zum Greifen nahe ist, kaufe ich doch nur selten bei Alnatura ein, weil der Super Natur Markt ungesunde Löcher in mein Budget reißt. Aber eben ging ich rüber in den Laden, um noch ein wenig für diese Glosse zu recherchieren. Ich erstand dabei für meinen Salat aus Möhren, Paprika, Avocado, Reis und Forelle (alles von Aldi) eine Tikka-Masala-Soße im Glas, „mild, original indisch, hefefrei, vegetarisch, glutenfrei“. Mit der Soße schmeckte der Reis mal grade so lala. Erst nachdem ich den Soßengeschmack durch zwei Esslöffel Tzatziki von Edeka neutralisiert hatte, stellte sich Wohlgeschmack & -befinden ein. Auf meinem Salatteller sind die erbitterten Konkurrenten Aldi, Alnatura und Edeka voll integriert.
Zwar überzeugen mich die Eßwaren von Aldi und Edeka insgesamt mehr, dafür ist aber die Kosmetikabteilung von Alnatura mit ihrer eigenwilligen Ordnung der Dinge viel amüsanter: Da gibt es das Regal für Zahnpflege, daneben das Regal für Herrenpflege, und das für Haarpflege ist auch nicht weit. Ein Regal für Damenpflege gibt es nicht. Damen sind anscheinend schon gepflegt genug.
Aber da ich keine Herren pflege und für meine paar Haare und Zähne noch genug Zahnpasta und Shampoo habe, geht auch dieses Angebot des Super Natur Markts an mir vorbei…
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6 Kommentare
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19.03.2012 um 15:21 Uhr lfp
Doch, die Rossmann-Lkws hielten und rangierten weiter weg, das hat Joey nicht gestört. Aber jetzt brummt es ab sechs/sieben direkt unter ihrem Fenster…
19.03.2012 um 14:29 Uhr Fleischhauer
Oh, Ihr Ärmsten! Waren denn die Rossmann-LKW leiser als die Alnatura-Brummer? Oder kamen die zu verträglicheren Zeiten?
Liebe Grüße vom Wedekindplatz, an dem es heute auch nicht gerade leise ist, weil dank des Üstrastreiks offenbar alle mit dem Auto bei uns vorbeifahren.
Uschi
19.03.2012 um 11:26 Uhr Dürr
Ach, Luise! Hast mich geradezu erlöst. Ich hatte schon ein schlechtes Gewissen, dass ich so alle 14 Tage/3Wochen mal nach Lindau pilgere, um mich bei Aldi-Süd mit so vielem Ungesundem einzudecken. Die Preise sind lächerlich, verglichen mit der Schweiz. (Schweinsfilet billiger als das billigste Fleisch überhaupt, das bei uns zu haben ist.Sogar Katzenfleisch ist teurer…!) Ein Bio-Mensch, der seit 30 Jahren schon einen Laden hat, hat mir vor Jahren bei der zweiten Flasche Bordeaux sein Geheimnis verraten. Seitdem kaufe ich grundsätzlich kein Bio-Zeugs mehr… Ob ich in dieser Welt wirklich sooo alt werden will? Bin mir noch gar nicht so sicher…
Was die Herrenpflege betrifft, so ist das Tuning sozusagen klassisch: Technologie/Technik hilft. Beim Rasieren wie beim Sex. Frau erinnert sich an die “Erfindung” der erogenen Zonen zu Zeiten von Kolle. Der Reinfall war Programm… Und ansonsten geht es ja nie um die Sache, sondern immer um irgend einen Rekord. Tuning der Penisse: Als ob ein Werkzeugkasten auch gleich schon einen guten Handwerker ausmachte…
lg in die Runde
Dürr
18.03.2012 um 15:53 Uhr Lena Vandrey
Die französischen Haut-Ärztinnen empfehlen allesamt die Kosmetik für Männer: weniger Chemie, mehr Sauberkeit. Darüber hinaus, und somit geschlechtsneutral, als einzige Schutzcreme die Sonnenmilch mit dem höchsten Schutzfaktor.
Bio und Natur ist ein Markt geworden, wie es die feministische Instrumentalik vormals war. Leider schmeckt das Zeugs nicht, und es werden horrende Summen ausgegeben, um es wegzuwerfen. Die Verkäuferinnen lachen höhnisch über unsere Dummheit, und wir sehen sie bei Aldi und Lidl wieder. Gemüse und Obst aus kleineren und nahen Betrieben, das mag sein, nur dass selbige 1 bis 2/3 draufschlagen, weil sie ihre Kundschaft als reich und krank sehen - und als blind.
Eine Fragestellung für Bio: die hauptsächlichen Produkte sind in oder unter Plastik. Selbiges kommt aus China und ist giftig. Käme es von anderswo her, wäre es genauso giftig. Der Verpackungsmarkt ist eine Plage.
Die meisten Waren werden von Sklavinnen hergestellt für Arbeitslose. Das ist den meisten (Frauen)Leuten gleichgültig. Die feministische Bewusstseinsforschung hat vor dem Portal der Nahrung aufgehört zu sein.
In diesem Sinne ist es wichtig, die private Forschung à la LFP ernst zu nehmen und diesen Leuten zu Leibe zu rücken, bevor uns wahrhaft schlecht wird.
Das Private ist eben doch (noch) politisch, und für unser Leib und Wohl mehr denn je ...
18.03.2012 um 14:31 Uhr anne
etwas info zu “ein ökokapitalist sahnt ab”. obwohl ein gut florierendes bio-bio-öko-öko-unternehmen, das stolz auf seine anthroposphische philosophie ist, zeigte sich das management bei der bezahlung der angestellten (überwiegend frauen) recht geizig bzw. wenig überzeugend. bio-essen verkaufen, aber mitarbeiterInnen unter tarif bezahlen; ausführlich schrieb darüber im jahre 2010 die presse. damals lagen die löhne ca. 33 % unter tarif. statt tariflöhnen gab`s yoga-kurse. ein unternehmen, für das lt. werbung `der mensch als kunde und mitarbeiteER ziel und grundlage` des handelns ist, scheint nur erst auf druck von außen reagiert zu haben? bio ist mainstream, ist bio auch sozial? fakt ist, die bio-branche verdient gut. nach erhebung des bundes ökologischer lebensmittelwirtschaft haben die supermärkte und bioläden 2010 bundesweit 5,9 mrd. umsatz gemacht. bio-ketten sind deutlich profitabler als konventionelle supermarkt-ketten. sind sie das aber auch bei den einstiegslöhnen und -gehältern?
http://www.taz.de/!50470/
18.03.2012 um 12:46 Uhr Amy
Lt. Werbung pflegen sich die Herren gar nicht - sie `Tunen` neuerdings auch ihren Astralleib. Vom `Feintuning der Männerhände` über das `Warm Duschen` bis hin zur `Rasier-Tuning-Methode` usw. Es tut sich was - nicht nur auf dem Auto/Sektor. Darauf fahren Männer ab und was dem Mann gefallen soll, heißt jetzt Tuning - von Pflege keine Spur. Dafür heiße Reifen oder heiße Kurven beim Miss-Kalender oder stinkende aufgemotzte Autos. Sogar ein gezieltes Sperma-Tuning wird angeboten, um den Kinderwunsch zukünftiger Väter zu ermöglichen. Auch `Untenherum` wird anscheinend nicht genug gepflegt; dafür verspricht ein spezielles Tuning (Penisvergrößerung) fehlende Größe für den `halben` Mann..
Ha, der Welt-Artikel “Gesundheit - immer mehr Männer lassen ihren Penis tunen” unterliegt einer strikten Zensur und lässt sich hier leider nicht verlinken.