Fembio Specials Frauen aus Russland Anna Netrebko
Fembio Special: Frauen aus Russland
Anna Netrebko
(Anna Jurjewna Netrebko; Анна Юрьевна Нетребко)
*18. September 1971 in Krasnodar
russisch-österreichische Opernsängerin (Sopran)
50. Geburtstag am 18. September 2021
Biografie • Zitate • Weblinks • Literatur & Quellen
Biografie
Anna Netrebko, die zur Zeit schönste und beliebteste Sopranistin des deutschsprachigen Raums, natürlich erscheinend und Glamour liebend, mit Lorbeeren überhäuft und auf vielen Bühnen präsent, hat viel erreicht: Das erste ihrer zehn Arien-Alben (Opera Arias, cd 2003), übernimmt sofort und für Wochen die Führung der deutschen Pop-(!)Charts. Gleiches gilt 2004 für ihre erste DVD (The Woman – The Voice), ähnliches für die restlichen CD-Titel bis 2009. Für die CDs der Traviata-Arien und der Gesamtaufnahme bekommt sie 2004 je nach vier Wochen goldene Schallplatten. 2005 suchen gleich zwei unautorisierte Biographien (von Reissinger und Dola) die Sucht der Fans nach Nähe zu ihrem Star zu befriedigen.
Mitzudenken ist anlässlich des Mitschnitts des russischen Liederabends mit Daniel Barenboim von 2009 (In the Still of Night, cd 2010), der auch die programmfremden Zugaben enthält, dass Tonträger wie auch Texte zu einer KünstlerIn offensichtlich der Erhöhung ihres Marktwertes und damit der Einnahmen aus ihren Live-Auftritten dienen. Verkommen dann vielleicht Konzert und Oper zu reinen Marketingprodukten für den ertragreicheren Verkauf möglichst bald nachgeschobener Disks und Videofilme?
Anna Netrebkos Mutter ist Kommunikationstechnikerin, der Vater Geologe, die große Schwester wird Model, ein herzlicher Umgang miteinander belebt Klein- und Großfamilie. Anna singt viel, hasst Opernmusik, liebt die leichte Muse, strebt zur Bühne und hat Talent. Mit 13 darf sie an die Leningrader Musikhochschule, erreicht mit 14 den Wechsel ans Konservatorium und dort 1990 endlich die Gesangsklasse der verehrten Tatyana Borisonovna, die ihren Ehrgeiz umsichtig für die ungeliebte harte Koloratur- und Rollenarbeit nutzt. Zum Geldverdienen sucht Anna sich einen Putzjob im nahegelegenen Mariinski-Theater, schnuppert Bühnenluft. Ein Abend mit Verdis Othello bekehrt sie endgültig zur Oper.
Beim Glinka-Wettbewerb 1993 wusste sie genau, dass sie ihren KonkurrentInnen technisch unterlegen war. Doch der 1. Preis habe ihr gezeigt, dass ihr besonderes, für Koloratursoprane ungewöhnlich tiefes rundes Timbre andere Menschen beeindrucken könne. Seine Schönheit prägt bis heute ihr Singen und begeistert ihre Fans, wie es die meisten kritischen Geister besänftigt; zudem verfügt es über reiche Klangfarben und damit Interpretationsmöglichkeiten, die einer leichten Stimme eher versagt sind. Nur: Dieses Potential will genutzt sein, und das gelingt nicht immer. Anna weiß allerdings, dass die Weiterbildung bzw. Pflege der Atem- und Aussprachetechnik, der Genauigkeit in der Ausführung des Notentextes, bittere Notwendigkeit bleibt, insbesondere auch hinsichtlich der, durchaus auch im positiven Sinne, stimmlichen Veränderung im Laufe dieser Jahre, der Erschließung neuer Rollen und eines dramatischeren Stimmfachs.
Noch 1993 ersingt Netrebko sich für das Mariinski-Ensemble, dem sie noch heute angehört, Mozarts Susanna in Le Nozze di Figaro und geht 1994 nach ihrem Debut auf Tornee nach Finnland, Deutschland und Israel. Schlag auf Schlag folgen in Petersburg weitere Debuts: als Bellinis Amina, Rossinis Rosina, Mozarts Pamina und Königin der Nacht, Donizettis Lucia, Bizets Micaela, Prokofjews Louisa und Rossinis Rosina.
Später kommen u.a. noch Verdis Traviata und Gilda, Puccinis Musetta, Prokofjews Natasha, Offenbachs Antonia und Stella, Bellinis Giulietta, Mozarts Donna Anna, Gounods Juliette, Bizets Mimi, Massenets Manon und Tschaikowskis Iolanta hinzu. Doch 1995 ist das Mariinski-Team mit Glinkas Ruslan und Ludmilla zum ersten Mal mit Anna in der Hauptrolle zu Gast in San Francisco, ermöglicht der große Erfolg auch je etwa 20 weitere Gastspielserien an den großen Häusern der USA (vor allem der Met; New York ist bald Annas Hauptwohnsitz) und in London, ferner u.a. in Japan, Amsterdam, Paris, Madrid und Zürich.
In Deutschland singt sie zumeist in Berlin, aber durchaus auch weiter gestreut für das breitere Publikum, in Österreich in Wien und, schon bis 2012 vorausgeplant, fast alljährlich bei den Salzburger Festspielen, an denen ihre Donna Anna an der Seite Thomas Hampsons und unter Harnoncourt in Mozarts Don Giovanni 2002 derart Furore machte, dass keine renommierte Zeitung mehr darum herumkam, ihren weiteren Werdegang eingehend zu kommentieren.
Gala-, TV-, Show- und Werbeauftritte (inkl. kommerzielle und private Videoclips), sowie (Opern-)Filmproduktionen und z.B. Live-Filme von »Anna-Opern«, wie von der Met zeitgleich in Hunderte von Kinosälen weltweit gesendet, kreieren ebenso wie Hochglanzmagazine mit gestylten Fotos und teuer eingekauften Interviews über ihre Ehe mit Erwin Schrott und ihren kleinen Sohn, mit Hilfe der und auch für die Blogger-Gemeinde, eine Diva zum Anfassen mit einem Hang zu Luxus, Mode und Champagner und dem erfrischenden Eingeständnis, zuhause lasse sie E-Musik und alles Berufliche hinter sich, koche, kümmere sich um Freunde und Familie und höre wenn, dann nur Pop. – Wir sind gespannt auf 2011 ff.
Verfasserin: Swantje Koch-Kanz
Zitate
...ich vermische mein Privatleben nicht mit meinen Auftritten. Ich schöpfe beruflich auch nie bewusst aus meinen persönlichen Erfahrungen. Aber natürlich sind sie da. In mir.
Aber Sie selbst sind doch glücklich als Sängerin, oder sieht das etwa nur so aus? Netrebko: Ja. Ich bin glücklich. Aber wenn ich zurückblicke auf meine Karriere, wenn ich mal so sprechen darf, dann war es doch vor allem ein Kampf. Der Sängerberuf kostet so viel Energie, wir müssen uns enorm disziplinieren. Und auf vieles verzichten. Eigentlich ist Singen vor allem wahnsinnig viel Arbeit.
Ich habe mich nie als perfekte Sängerin gesehen. Ich entwickle mich, arbeite ständig daran, meiner Stimme neue Facetten zu geben. Ich bin besser als vor drei Jahren, und in drei werde ich noch besser sein.
Was Ronaldo und ich von Maestro Domingo lernen können, ist, sich mit Enthusiasmus und Leidenschaft über Jahrzehnte an der Spitze zu halten. In der Popmusik reicht es, drei Jahre lang ein Star zu sein, um in die Hall of Fame aufgenommen zu werden. Eine Opernkarriere dagegen ist ein Marathonlauf.
Was hilft gegen Panikanfälle? Netrebko: Üben. Drei Stunden singen. Pause. Noch einmal drei Stunden. Pause. Und noch mal drei Stunden. Das hilft.
Links
Anna Netrebko. Offizielle Webseite. Mit vielen Informationen, Blog, Fotos, Links usw. (Link aufrufen)
Büning, Eleonore (2009): Im Gespräch: Anna Netrebko: »Es war vor allem ein Kampf«. In: F.A.Z. vom 10. August 2009. (Link aufrufen)
Dürr, Anke; Uslar, Moritz von (2006): Ich möchte glücklich sein. Die Sopranistin Anna Netrebko, 35, über ihr Repertoire, die Kritik an ihrer Stimme, Panikanfälle und den zeitlosen Sex der Kunstform Oper. In: Der Spiegel 42/2006. (Link aufrufen)
Internet Movie Database: Anna Netrebko. Filmografie. (Link aufrufen)
Koch, Tanit (2010): Was Anna Netrebko über Tschaikowsky denkt. In: Berliner Morgenpost, 07.05.2010. (Link aufrufen)
Reski, Petra (2006): Oper: Wallfahrt zur heiligen Anna. In: Die Zeit Nr. 18 vom 27.04.2006. (Link aufrufen)
Reski, Petra (2008): Anna Netrebko: Das Babypauseninterview. In: Die Zeit Nr. 46 vom 06.11.2008. (Link aufrufen)
RusslandJournal.de: Anna Netrebko – der Opernstar aus Russland. Zusammenstellung verschiedenster Informationen und Artikel. (Link aufrufen)
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Letzte Linkprüfung durchgeführt am 31.05.2011 (AN)
Literatur & Quellen
Werke
Literatur
Dolak, Gregor (2006): Anna Netrebko. Opernstar der neuen Generation. Aktualisierte Ausg., Taschenbuchausg. München. Heyne. ISBN 3-453-64020-9. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Necula, Maria-Cristina (2009): Anna Netrebko. In: Necula, Maria-Cristina: Life in opera. Truth, tempo, and soul : encounters with stars, innovators, and leaders of today's opera world. New York. Amadeus Press. ISBN 1574671790 S. 156–169. (Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Reißinger, Marianne (2007): Anna Netrebko. Ein Porträt. Erg. Taschenbuchausg. Reinbek bei Hamburg. Rowohlt-Taschenbuch-Verl. (Rororo, 62119) ISBN 3-499-62119-3. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
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