Fembio Specials Frauen aus Frankfurt am Main Susette Gontard
Fembio Special: Frauen aus Frankfurt am Main
Susette Gontard
(Susette Gontard, geb. Borkenstein)
geboren am 7. Februar 1769 in Hamburg
gestorben am 22. Juni 1802 in Frankfurt/M.
deutsche Briefschreiberin; Hölderlins "Diotima"
255. Geburtstag am 7. Februar 2024
Biografie • Zitate • Weblinks • Literatur & Quellen
Biografie
Susette Gontard, unsterblich geworden als Hölderlins “Diotima” und Verfasserin von 17 wunderbaren und erschütternden Liebesbriefen an den unglücklichen Dichter, wurde 1769 als Tochter der wohlhabenden Kaufmannsfamilie Borkenstein in Hamburg geboren. Mit 17 heiratete sie den reichen Frankfurter Kaufmann Jacob Friedrich Gontard. Die beiden hatten vier Kinder.
Im Frühjahr 1796 trat der 26jährige Hölderlin bei Gontards eine Stelle als Hauslehrer an. Zwischen ihm und der Hausherrin entwickelte sich schnell ein inniges Verhältnis, über dessen Natur bis heute gerätselt wird. Der Hölderlin-Biograph Bertaux schreibt nach Ausbreitung einiger Dokumente: “Wer da noch an eine 'platonische Liebe' ... glauben will . . . dem sei es nicht verwehrt.” Dagegen Irma Hildebrand: “dieses beglückende Zusammensein, ist ... nicht von dieser Welt, es haben sich zwei Seelen, nicht zwei Körper gefunden.”
Wie dem auch sei – den beiden Liebenden ist nur ein einziger Sommer vollkommenen Glücks in dem westfälischen Städtchen Bad Driburg vergönnt, wo Susettes Ehemann, der in Frankfurt die Stellung hielt, sie vor napoleonischen Truppen in Sicherheit gebracht hat. Wieder zurück in Frankfurt, muss Hölderlin den Bediensteten spielen und die Hausherrin ihren Familien- und Repräsentationspflichten nachkommen. Hölderlin hält diese Anspannung nicht aus, im Herbst 1798 kommt es zu einem Zerwürfnis mit J.F. Gontard, Hölderlin bekommt praktisch Hausverbot.
Es beginnt ein verzweifeltes und entwürdigendes Ringen der beiden Liebenden um Kontaktmöglichkeiten. Hölderlin ist in das benachbarte Städtchen Homburg gezogen. Zunächst sind noch einige heimliche Treffen möglich, danach reicht es nur noch zum verängstigten Austausch von Briefen durch eine Hecke – Susette Gontard ist dauernd unter Beobachtung und kann sich keine Unregelmäßigkeiten erlauben. Sie will ihre Kinder nicht verlieren – und Hölderlin kann kaum sich selbst ernähren.
Dieser Zustand ist unerträglich. Nach zwei Jahren erfolgt die endgültige Trennung – die ebenfalls unerträglich ist. Susette Gontard ist schon lange lungenkrank – sie stirbt im Sommer 1802, erst 33 Jahre alt, an den Röteln, die ihre Kinder gut überstanden haben.
Hölderlin scheitert in verschiedenen Stellungen als Hauslehrer; auch seine anderen Hoffnungen, sich einen Lebensunterhalt verdienen und gleichzeitig als Dichter existieren zu können, scheitern. Er verbringt die zweite Hälfte seines Lebens, von 1807 bis 1843, als unheilbar geisteskrank in Pflege bei der Schreinermeisterfamilie Zimmer in Tübingen.
(Text von 2001)
Verfasserin: Luise F. Pusch
Zitate
Diotima! Selig Wesen!
Herrliche, durch die mein Geist,
Von des Lebens Angst genesen,
Götterjugend sich verheißt!
Unser Himmel wird bestehen,
Unergründlich sich verwandt,
Hat sich, eh wir uns gesehen,
Unser Innerstes gekannt.(Friedrich Hölderlin)
Links
Literatur & Quellen
Beck, Adolf. Hg. 1980. Hölderlins Diotima Susette Gontard: Gedichte, Briefe, Zeugnisse; mit Bildnissen. Frankfurt/M. Insel TB 447.
Bertaux, Pierre. 1987 [1981]. Friedrich Hölderlin. Frankfurt/M. Suhrkamp TB 686.
Häussermann, Ulrich. 1961. Friedrich Hölderlin in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. Reinbek bei Hamburg. rororo monographie 53.
Hildebrandt, Irma. 2000. Tun wir den nächsten Schritt: 18 Frankfurter Frauenporträts. München. Hugendubel (Diederichs).
Hock, Erich. 1995. Dort drüben, in Westphalen: Hölderlins Reise nach Bad Driburg mit Wilhelm Heinse und Susette Gontard. Stuttgart. Metzler.
Schultz, Hans Jürgen. Hg. 1988. Liebespaare. Stuttgart. Kreuz.
Zweig, Stefan. 1951 (1925). Der Kampf mit dem Dämon: Hölderlin - Kleist - Nietzsche. Frankfurt/M. Fischer TB 2286.
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