
(Dr. phil. Amalie Emmy Noether)
geboren am 23. März 1882 in Erlangen
gestorben am 14. April 1935 in Bryn Mawr, Pennsylvania
deutsche Mathematikerin
135. Geburtstag am 23. März 2017
Biografie • Zitate • Weblinks • Literatur & Quellen
Biografie
An dem »Fall Noether« läßt sich die grausame Borniertheit der deutschen Männer-Universität exemplarisch nachweisen. »Als Emmy Noether 1935 … starb, galt sie nicht nur als Begründerin der modernen axiomatischen Algebra, sondern als die bedeutendste Mathematikerin, die je gelebt hat, und an dieser Einschätzung hat sich bis heute nichts geändert«, schreibt ihre Biographin Tollmien. Aber die geniale Mathematikerin bekam an deutschen Universitäten nie mehr als einen kleinen Lehrauftrag. Sie starb mit 53 Jahren im amerikanischen Exil.
Emmy war das erste Kind von Ida Amalia Noether und Max Noether, der an der Universität Erlangen Mathematik lehrte. Auf Emmy folgten noch drei Brüder. Sie besuchte die höhere Töchterschule und machte 1900 ihr Lehrerinnenexamen für Englisch und Französisch. Danach war sie drei Jahre als Hospitantin an der Uni Erlangen eingeschrieben und bereitete sich so auf das Abitur vor, das sie 1903 in Nürnberg ablegte. Für das Wintersemester 1903/04 ging Noether als Gasthörerin nach Göttingen, damals und bis 1933 eine Hochburg der Mathematik. In Göttingen lehrten die berühmten Mathematiker Felix Klein (ein guter Freund ihres Vaters) und David Hilbert.
Schon nach einem Semester kehrte Emmy nach Erlangen zurück; sie war erkrankt und konnte erst nach einem halben Jahr ihre Studien wieder aufnehmen. Ihre Biographin Tollmien vermutet, daß die Erkrankung eine Folge der zutiefst frauenfeindlichen Atmosphäre war, die damals an deutschen Universitäten herrschte und unter der Emmy Noether bis zu ihrer Emigration 30 Jahre später intensiv zu leiden hatte.
Ab 1904/5 studierte sie in Erlangen bei ihrem Vater und seinem Freund Gordan als einzige Frau unter 47 Mathematikstudenten und promovierte 1907 summa cum laude. Danach lehrte und forschte sie acht Jahre lang unentgeltlich in Erlangen. 1909 wurde sie Mitglied der »Deutschen Mathematikervereinigung« und hielt ihren ersten Vortrag auf deren Jahresversammlung.
Auf Einladung von Felix Klein und David Hilbert, die sich von ihr Hilfe beim Studium der Relativitätstheorie erhofften, ging Noether 1915 wieder nach Göttingen. Dort stellte sie auch einen Antrag auf Habilitation, den die mathematisch-naturwissenschaftliche Abteilung befürwortete – die historisch-philologische Abteilung der Philosophischen Fakultät jedoch lehnte ihn ab. Man wollte keinen Präzedenzfall schaffen. Dieser Meinung schloss sich dann auch der zuständige Minister an.
Nach dem Krieg hatte sich die Situation der Frauen grundlegend gewandelt; und 1919 endlich durfte sich Emmy Noether als erste Frau der Uni Göttingen habilitieren und fortan unter ihrem eigenen Namen lehren – bis dahin wurden ihre Veranstaltungen angekündigt unter dem Namen Hilberts »mit Unterstützung von Frl. Dr. Noether«. Nachdem sie 1921 eine Arbeit über »Idealtheorie in Ringbereichen« veröffentlicht hatte, die internationales Aufsehen erregte, wurde Emmy Noether 1922 zur »nicht-beamteten außerordentlichen Professorin« ernannt, bekam aber weiterhin kein Geld. 1923 verlor sie durch die Inflation ihr kleines Vermögen und erhielt von da an einen bezahlten Lehrauftrag in Göttingen. Das reichte gerade für eine Mansardenwohnung, einfachste, immer gleiche Kleidung und ebensolche Nahrung. Sie galt als verschrobene Gelehrte, die nur Mathematik im Sinn hatte – aber etwas anderes konnte sie sich auch gar nicht leisten!
Entschädigt für das Übermaß an Demütigungen und Entbehrungen, das sie in Deutschland als Frau und Jüdin ertragen musste, wurde Emmy Noether durch einen ständig wachsenden Kreis fortgeschrittener Schüler und Kollegen, die allein ihretwegen aus der ganzen Welt nach Göttingen kamen und ihren Ruhm von dort in die Welt trugen.
Im April 1933 wurde die Jüdin, Sozialistin und Pazifistin Noether aufgrund des Nazi-Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums beurlaubt; im September entzog man ihr die Lehrbefugnis, im Oktober emigrierte sie in die USA: Sie hatte durch den Einsatz der Mathematikerin Anna Wheeler am Bryn Mawr Frauen-College für ein Jahr eine Gastprofessur angeboten bekommen. Sie konnte sich an das Exil nur schwer gewöhnen; erst als sie im nächsten Jahr bei einem Besuch in Göttingen wie eine Fremde behandelt und geschnitten wurde, löste sie ihre dortige Wohnung auf. Dennoch hatte sie auch für 1935 wieder eine Reise nach Göttingen geplant, aber dazu kam es nicht mehr. Emmy Noether starb vier Tage nach einer Operation am 14. April 1935, wenige Wochen nach ihrem 53. Geburtstag.
Verfasserin: Luise F. Pusch
Zitate
Das erste und einzige Mal, daß man Emmy Noether in Deutschland ohne jede Einschränkung ihren männlichen (beamteten) Kollegen gleichstellte, war, als die Nationalsozialisten sie aufgrund des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums ... am 25. April 1933 von ihrer Tätigkeit an der Universität Göttingen beurlaubten, obwohl sie als nichtbeamtete Professorin zu diesem Zeitpunkt strenggenommen vom Gesetz noch gar nicht betroffen war. (Tollmien)
Sie [ihre Schüler oder Diskussionspartner] rühmten ihre Güte und ihre Gastfreundlichkeit ... Berühmt, geradezu sprichwörtlich waren gewaltige Schüsseln von Pudding, bei dessen Verzehr höchste Mathematik in einer Mansardenwohnung getrieben wurde. Beliebt waren auch ausgedehnte Spaziergänge, Baden und Schwimmen im Göttinger Stadtbad. Emmy Noether war eine vorzügliche, leidenschaftliche Schwimmerin und Taucherin. (Wußing)
She was the Lady of the Rings. (John Derbyshire)
Links
Cordula Tollmiens umfangreiche Noether-Seite
Noether-Ausstellung der Uni Göttingen
Emmy-Noether-Porträt (Dokumentation “Mathematikerinnen in der NS-Zeit)”
Noether-Seite auf “Frauen-Informatik-Geschichte”
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Literatur & Quellen
Dick, Auguste. 1970. Emmy Noether 1882-1953. Beihefte zur Zeitschrift. 'Elemente der Mathematik' 13.
Einstein, Albert. 1935. “The Late Emmy Noether”;, New York Times, 4.5.1935.
Noether, Emmy. 1983. Gesammelte Abhandlungen. Hg. N. Jacobsen. Berlin; Heidelberg; New York. Springer.
Tollmien, Cordula. 1993. “'Die wissenschaftliche Höhe der deutschen Universitäten würde durch fortschreitende Verweiblichung zweifellos sinken': Die Mathematikerin Emmy Noether (1882-1935)”, in:Frauenwelten: Biographisch-historische Skizzen aus Niedersachsen. Hildesheim. Olms.”> Dinghaus, Angela. 1993. Frauenwelten: Biographisch-historische Skizzen aus Niedersachsen. Hildesheim. Olms. S. 268-83.
Weyl, Hermann. 1935. “Emmy Noether”. Scripta Mathematica 1935: 3, 201-220.
Wußing, Hans. 1989. “Emmy Noether (1882 bis 1935)” , in: Hans Wußing und Wolfgang Arnold. Hg. Biographien bedeutender Mathematiker. Darmstadt. Wissenschaftliche Buchgesellschaft. S. 514-22.
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