
geboren am 15. November 1876 in Paris
gestorben am 30. April 1933 in Paris
französische Dichterin
145. Geburtstag am 15. November 2021
Biografie • Literatur & Quellen
Biografie
Geboren als Tochter eines rumänischen Prinzen und einer griechischen Prinzessin und aufgewachsen in einer von Gouvernanten und Hauslehrern dominierten Welt, schuf sich Anna de Brancovan schon als Kind ein eigenes poetisches Universum, das ganz aus ihren Empfindungen und Stimmungen gespeist war. Mehr als die orientalisch dekorierten Salons des Pariser Stadtpalais, in dem ihre schöne, musikalische Mutter für VertreterInnen des Hochadels und Geistesgrößen der Zeit Klavierkonzerte gab, mehr als die auf häufigen Reisen in fremde Länder – Türkei, Rumänien, Österreich, Italien, Spanien – gewonnenen Eindrücke, liebte Anna die Parks, Gärten und Wiesenhänge am Ufer des Genfer Sees, wo sie im Landhaus der Familie ihre Sommer verbrachte. Hier entwickelte sie ihre tiefe Liebe zur Natur, mit der sie sich ganz verbunden, verschmolzen fühlte (“mein Bruder, der Weinstock, meine Schwester, die Johannisbeere”) und die sie ab dreizehn Jahren in Gedichten voller Ekstase besang.
Mit 21 heiratete sie den Comte de Noailles, im folgenden Jahr kam ihr Sohn zur Welt und sie veröffentlichte den ersten einer langen Reihe von Gedichtbänden, die von den Dichterkollegen, allen voran Marcel Proust, enthusiastisch gefeiert wurden und ihr den Ruf der bedeutendsten französischen, ja europäischen Dichterin ihrer Zeit einbrachten. Formal orientiert an der Sprache der französischen Romantik und unberührt von den Neuerungen der Surrealisten, begeisterte Anna de Noailles' Lyrik vor allem durch ihre gefühlvolle Thematik: Naturverbundenheit, Liebe, Leidenschaft und Schmerz, Angst vor Abschied und Tod. Mit dem ersten Weltkrieg kamen politische Themen hinzu; sie beklagte die Schmerzen des Krieges (“Die Toten haben die Lebenden ermordet”) und besang die Größe der französischen Nation und ihrer Helden.
Wegen ihrer Schönheit, Bildung und Eloquenz war Anna de Noailles strahlender Mittelpunkt der Pariser Salons, mußte sich allerdings mit Mitte vierzig aufgrund ihrer fragilen Gesundheit fast ganz aus dem öffentlichen Leben zurückziehen, konnte ihre ausgewählten BesucherInnen nur noch liegend empfangen. 1910 wurde sie – vergeblich - für die Académie française vorgeschlagen (es sollte noch 70 Jahre dauern, bis die erste Frau, Marguerite Yourcenar, dort Platz nehmen durfte), aber elf Jahre später erhielt sie einen Sitz in der belgischen Akademie; der König gratulierte ihr persönlich zu dieser großen Ehrung.
Trotz zahlreicher weiterer Literaturpreise und Ehrungen ging ihre größte Sehnsucht nicht in Erfüllung - durch Schreiben Unsterblichkeit zu erlangen.
J'ai dit ce que j'ai vu et ce que j'ai senti (...) pour être, après la mort, parfois encore aimée.
(Ich habe gesagt, was ich gesehen und gefühlt habe (...) um auch nach dem Tod noch manchmal geliebt zu werden.)
Nach dem zweiten Weltkrieg geriet die “Muse der französischen Republik” weitgehend in Vergessenheit.
Zitat:
Die schönste Sache seit 'Antigone'.
(Marcel Proust über Anna de Noailles' Gedichtband Eblouissements)
Verfasserin: Andrea Schweers
Literatur & Quellen
De Noailles, Anna. 1976. Le livre de ma vie. Paris. Mercure de France.
Kern, Elga. 1928. Führende Frauen Europas in sechzehn Selbstschilderungen. München. Ernst Reinhardt.
La Rochefoucauld, Edmée de. 1976. Anna de Noailles. Paris. Mercure de France.
Sartori, Eva Martin & Dorothy Wynne Zimmerman. 1991. French Women Writers: A Bio-Bibliographical Source Book. New York. Greenwood.
Sollten Sie RechteinhaberIn eines Bildes und mit der Verwendung auf dieser Seite nicht einverstanden sein, setzen Sie sich bitte mit Fembio in Verbindung.