
(Dr. iur. Elsa Jutta Rosalie von Bonin, Elsa von Bonin-Brettin)
geboren am 14. Oktober 1882 in Berlin
gestorben am 17. Juni 1965 in Berlin
deutsche Schriftstellerin und Juristin
60. Todestag am 17. Juni 2025
Biografie • Zitate • Weblinks • Literatur & Quellen
Biografie
Elsa von Bonin wurde als jüngste von vier Schwestern am 14. Oktober 1882 in Berlin geboren. Ihre Eltern waren der Königlich Preußische Kammerherr Dr. jur. Gisbert von Bonin, Rittergutsbesitzer und Verwaltungsjurist, und Maria von Bonin, geb. Freiin von Hurter. Deren erster Ehemann war nach vier Jahren gestorben, der gemeinsame Sohn Karl von der Heyde wuchs bei den Großeltern auf.
Von den vier Schwestern gingen nur zwei – wie von der Familie erwartet wurde – eine Ehe ein: die älteste Schwester, die Friedrich August Graf Gneisenau heiratete und als Schriftstellerin Maria von Gneisenau bekannt wurde, sowie die zweitjüngste Olga. Edith von Bonin wurde Malerin.
Elsa von Bonin wurde privat auf das Abitur vorbereitet, das sie am humanistischen Gymnasium in Jena bestand. Anschließend studierte sie Jura in Jena und Berlin.
Während ihres Studiums hatte Elsa von Bonin ab 1905 erst eine Beziehung mit der Schriftstellerin Toni Schwabe, die ihretwegen die Schriftstellerin Sophie Hoechstetter verließ, später mit der rheinischen Fabrikantentochter Erna Schill-Krämer (1887-1972), die sie während des gemeinsamen Studiums kennengelernt hatte. Die beiden Frauen wurden 1912 aufgrund ihrer Beziehung denunziert. Einem Verweis von der Universität Jena kam Elsa von Bonin durch ihre Abmeldung zuvor, nachdem ihre ältere Schwester Edith vergeblich versucht hatte, sie bei der Universitätsleitung zu entlasten. (Freund 2023) Sie konnte jedoch ihr Studium an der Universität Greifswald ihr Studium fortsetzen, wo sie 1916 ihre Dissertation unter dem Titel „Die Verwertbarkeit des Motivs im materiellen Strafrecht“ verfasste.
Erna Schill-Krämer wurde aufgrund der Denunzierung an der Universität Jena nicht nur von der Universität verwiesen, sondern angeblich „zu ihrem Schutz“ in eine Irrenanstalt eingewiesen. Einer gemeinsamen Freundin gelang es unter Angabe eines falschen Namens sie dort zu besuchen und sie zu „entführen“. (Freund 2021)
Ihre Mutter enterbte Elsa von Bonin aufgrund ihrer Beziehung mit einer Frau und gestand ihr in ihrem Testament nur noch den gesetzlichen Pflichtteil zu. Dennoch erbten die vier Schwestern nach dem Tod der Eltern ein beträchtliches Vermögen. Wie Elsa von Bonin es 1961 in einem Brief an ihre Schwester Edith formulierte: „Es war soviel Geld, was die Einzelne erbte, dass sie es für sich alleine ja garnicht verbrauchen konnte.“ (Freund 2021).
Das Berliner Haus der Eltern wurde verkauft, das Schloss Rittergut Brettin im Bezirk Brandenburg hingegen ging in den alleinigen Besitz von Elsa von Bonin über, die ihre Schwestern auszahlte, da sie ganz besonders an dem Gut hing. Es betrug etwa 2.000 Morgen, davon war jeweils die Hälfte Land- bzw. Forstwirtschaft. Anfangs verpachtete sie es, übernahm dann 1933 aber die Leitung selber, laut ihrem Adoptivsohn „mit Klugheit und selbsterworbenem Sachverstand“ und brachte den Hof auf ein überdurchschnittlich hohes Niveau, ebenso nahm sie die jagdlichen Belange selber wahr. Dort lebte sie zusammen mit Dr. Erna Schill-Krämer, die die Führung des Haushaltes übernahm. Sie pflegten Freundschaften mit Frauen mit „hohem geistigen und künstlerischen Niveau“, wie z. B. der Bildhauerin Milly Steger, die auf dem Gutshof ihren Kopf in Ton modelliert hat.
Bereits 1911 erschien Elsa von Bonins Roman Das Leben der Renée von Catte, der deutlich autobiografische Züge aufweist und nach dessen Erscheinen sie sich von FreundInnen und Verwandten als „Renée“ ansprechen ließ. In diesem beschreibt Elsa von Bonin Kindheit und Jugend einer Adligen im Berlin der Jahrhundertwende. Diese lehnt die konventionelle Frauenrolle ab und findet ihre Erfüllung in einer lesbischen Liebesbeziehung. Dieser Roman, der 1985 vom Daphne Verlag in einer Faksimile-Ausgabe neu aufgelegt wurde, erschien also noch einige Jahre vor dem bekanntesten Lesbenroman jener Zeit, Der Skorpion von Anna Elisabet Weirauch, der erst ab 1919 in drei Bänden veröffentlicht wurde, erreichte jedoch nie dessen Bekanntheit.
Nach zwei weiteren Romanen wurde 1926 Borwin Lüdekings Kampf mit Gott bei einem vom Hamburger Fremdenblatt und den Münchener Neuesten Nachrichten ausgeschriebenen Romanwettbewerb mit dem ersten Preis (50.000 Reichsmark) ausgezeichnet – einer für die damalige Zeit recht bedeutenden Summe.
Auch wenn Elsa von Bonin eher sparsam lebte, so unternahm sie dennoch gerne Bildungsreisen, so u. a. nach Italien und Ägypten.
Bereits 1933 adoptierte sie einen Jungen aus der Nachbarschaft, der früh seinen Vater verloren hatte, als potentiellen Erben, den damals zwölfjährigen Fabian von Ostau.
Den Nationalsozialismus lehnte sie als preußisch-konservativ Gesinnte als „proletig“ ab, was sie auch öffentlich kundtat. Während der NS-Zeit veröffentlichte sie dann auch nichts. Beim Einmarsch der Russen 1945 blieb sie auf ihrem Gut, das sie allerdings aufgrund der „Bodenreform“, d. h. Enteignung, verlassen musste. Freiwillig ging sie jedoch nicht: Sie gab vor, krank zu sein, zog sich demonstrativ bis aufs Hemd aus und ließ sich mit dem Bett von sechs Männern hinaustragen. Ihre Besitztümer wurden durch die Teilung Deutschlands für sie unerreichbar.
Nach Aufenthalten in Magdeburg und Erfurt verbrachte sie ihre letzten Lebensjahre zusammen mit Erna Schill-Krämer in West-Berlin. Sie lebte von ihren literarischen Arbeiten und Einkünften aus früher erworbenen Wertpapieren.
Elsa von Bonin starb 1965, Erna Schill-Krämer 1972. Die beiden Frauen sind in einer gemeinsamen Urnengrabstätte auf dem alten Brettiner Friedhof in der Bonin`schen Familiengrabstätte beigesetzt.
(Text von 2015, überarbeitet 2025)
Verfasserin: Doris Hermanns
Zitate
„Elsa v. Bonin kleidete sich vorwiegend in gutgearbeitete Schneiderkostüme mit halblangem Rock; ihr Haar war gescheitelt, wellig onduliert und im Nacken kurz geschnitten. Dazu trug sie runde Hüte mit jagdlicher Note, wie diese von Damen auf dem Land viel getragen wurden.“
„Da sie selten zu Kompromissen geneigt war, wirkte sie gelegentlich etwas schroff, wodurch ihre im Grunde feinfühlige und fürsorgliche Wesensart oft verkannt wurde.“
Fabian von Bonin – von Ostau
„Weisst Du, es war zu unserer Zeit garnicht (noch nicht) üblich, dass Töchter taten, was sie wollten. Eltern nahmen das eben schwer übel. Deshalb hatte Mama (…) für mich nicht das allergeringste Verständnis, für Dich auch kaum, sobald es sich zeigte, dass Du Malerin werden wolltest, anstatt weitere Generationen hervorzuzaubern. Wir können ihnen (den Eltern) das nicht übel nehmen. Sie konnten nicht anders.“
Elsa von Bonin 1961 an ihre Schwester Edith von Bonin (in: Freund 21)
Links
Elsa von Bonin in der Deutschen Nationalbibliothek
Literatur & Quellen
Werke von Elsa von Bonin:
Das Leben der Renée von Catte. Roman. Berlin, E. Fleischel, 1911. Neuauflage: Berlin, Bergmann Verlag, 1932. Faksimile der Originalausgabe: Göttingen, Daphne Verlag, 1985. Mit einer biographischen Skizze von Fabian von Bonin-von Ostau
Unter dem Namen Elsa von Bonin-Brettin:
Die Verwertbarkeit des Motivs im materiellen Strafrecht. Jur. Diss. vom 21. März 1916. Greifswald, Abel, 1916
Die Versuchung des Herzens. Roman. Jena, Landhausverlag, 1920
Die Söhne. Roman. Stuttgart, J.G. Cotta, 1925
Borwin Lüdekings Kampf mit Gott. Roman. Stuttgart, J.G. Cotta, 1926
Thomasine von Bärenclau. Roman. Leipzig, Ph. Reclam, 1931
Literatur über Elsa von Bonin:
Budke, Petra und Jutta Schulze: Schriftstellerinnen in Berlin 1871 bis 1945. Ein Lexikon zu Leben und Werk. Der andere Blick: Frauenstudien in Wissenschaft & Kunst. Berlin 1995. Orlanda Frauenverlag
Freund, Ulrich und Susanne Freund: Edith von Bonin 1875-1970. Ergebnisse einer Spurensuche. Köln, Wienand, 2021
Freund, Ulrich und Susanne Freund (Hg.): Rainer Maria Rilke - Edith von Bonin. Briefwechsel 1907-1919. Göttingen, Wallstein, 2023
Ostau, Fabian von Bonin von: Elsa von Bonin – eine biographische Skizze, in: Elsa von Bonin: Das Leben der Renée von Catte. Göttingen 1985. Daphne Verlag
Schill-Krämer, Erna: Entwicklung und Bewegung des hinterpommerschen Geschlechts von Bonin in der Zeit von 1300-1930. In: Johannes Hohlfeld (Hg.): Zentralstelle für Deutsche Personen- und Familien-Geschichten. Leipzig 1935
Elsa von Bonin in der Deutschen Nationalbibliothek
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