(Ingeborg Meyer [Geburtsname]; Ingeborg Lohse [Ehename]; Ingeborg Schwenkner [Ehename])
geboren am 13. März 1925 in Berlin
gestorben am 1. Juni 1966 in Berlin
deutsche Schriftstellerin
55. Todestag am 1. Juni 2021
Biografie • Zitate • Weblinks • Literatur & Quellen
Biografie
»Die Wahrheit leise und unerträglich«, Inge Müller sagte sie in dem schmalen Gedichtband Wenn ich schon sterben muß, der 1985, fast zwanzig Jahre nach ihrem Selbstmord, in der DDR erschien. Darauf basiert die Anerkennung, die sie heute genießt.
Im Dritten Reich aufwachsend, erfuhr sich Inge Müller früh als Außenstehende, als das unerwünschte, weil weibliche Kind, dem man eine eigene Identität verwehrte. Das Trauma des Krieges und die Tatsache, dass sie drei Tage lang verschüttet war, wie auch der Tod ihrer Eltern, die sie nach einem Bombenangriff selbst ausgrub, gaben ihr das Gefühl, sie sei »übriggeblieben zufällig«, aber auch den unbändigen Wunsch: »Endlich leben«. Laufen, Gehen und Weitergehen sind zentrale Motive in den Gedichten, die zum Großteil zwischen 1961 und 1966 entstanden, zu einer Zeit, als Inge Müller immer weniger Möglichkeiten dazu sah.
In einfacher, präziser Sprache und Gestik benennen die Gedichte nicht zu bewältigende Erfahrungen ihrer Generation: die Schuld und das Leid von Krieg und Nachkrieg sowohl als auch die enttäuschten Hoffnungen auf eine »neue Zeit« und »neue Menschen«, wie sie die DDR zunächst auch für Inge Müller glaubhaft versprach. Die erschütternde Intensität ihrer eigenwilligen, deutlich weiblichen Stimme ist unverwechselbar und sichert Inge Müller einen wohl bleibenden Platz als wichtige deutschsprachige Lyrikerin.
Zu Lebzeiten allerdings wurden ihre Gedichte nicht einmal von Heiner Müller zur Kenntnis genommen. Da galt sie als Kinderbuchautorin und als Mitarbeiterin ihres Mannes, mit dem zusammen sie 1959 den Heinrich-Mann-Preis erhielt, der aber später Wert und Ausmaß ihrer Mitarbeit leugnete. Sein Ausstoß aus dem Schriftstellerverband und dem Kulturleben der DDR 1961 traf sie jedoch voll. »Wie kann man keine Gedichte machen?«, diese Frage war Inge Müllers letzter, verzweifelter Versuch, ihre wachsende Isolation als Mensch und Frau, die sah und sehen wollte, zu überwinden.
(Text von 1994)
Verfasserin: Christiane Zehl Romero
Zitate
Frage
[..] Schreiben wollt ich
Farben finden
Worte verstehn
Lieben
Sehn
Weitergehn.
Wer
Ist hinter mir her?
Links
Das Veto der Witwe. DER SPIEGEL 24/1996.
Online verfügbar unter http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-8933790.html, zuletzt geprüft am 25.05.2021.
WebCite®-Archivfassung: http://www.webcitation.org/6Ure0ZsaW.
Deutsche Nationalbibliothek: Müller, Inge 1925-1966 / Schriftstellerin. Bücher und andere Medien.
Online verfügbar unter http://d-nb.info/gnd/119095629, zuletzt geprüft am 25.05.2021.
Lehmkuhl, Tobias: Eine tot getanzte Liebe. »Gesammelte Texte« von Inge Müller. Rezension zu Inge Müller: Daß ich nicht ersticke am Leisesein. satt.org.
Online verfügbar unter http://www.satt.org/literatur/02_08_inge-mueller_1.html, zuletzt geprüft am 25.05.2021.
WebCite®-Archivfassung: http://www.webcitation.org/6UrdgKacL.
planet lyrik: Inge Müller: Wenn ich schon sterben muß. Texte verschiedener Autoren von und über Inge Müller und ihre Texte, Video mit Heiner Müller.
Online verfügbar unter http://www.planetlyrik.de/inge-muller-wenn-ich-schon-sterben-mus/2010/10/, zuletzt geprüft am 25.05.2021.
WebCite®-Archivfassung: http://www.webcitation.org/6UrcW64fw.
Literatur & Quellen
Werke
Endler, Adolf und Mickel, Karl (Hg.) (1966): In diesem besseren Land. Gedichte der Deutschen Demokratischen Republik seit 1945. Mit Illustrationen von Willi Sitte. Halle Saale. Mitteldeutscher Verlag. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Jentzsch, Bernd und Sommer, Klaus-Dieter (Hg.) (1966): Auswahl 66. Neue Lyrik, neue Namen. Berlin. Verlag Neues Leben. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Müller, Heiner (1975): Die Umsiedlerin oder das Leben auf dem Lande. Unter Mitarbeit von Inge Müller. Berlin. Rotbuch-Verl. (Müller, Heiner: Texte, 134) ISBN 3-88022-134-0. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Müller, Heiner; Müller, Inge (1958): Der Lohndrücker. Berlin. Henschelverl. (Zeitgenössische Dramatik) (Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Müller, Heiner; Müller, Inge (1958): Die Korrektur. Berlin. Henschel. (Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Müller, Heiner; Müller, Inge (1959): Der Lohndrücker ; Die Korrektur. Berlin. Henschelverlag. (Zeitgenössische Dramatik) (Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Müller, Heiner; Müller, Inge (1971): Weiberkomödie (nach dem Hörspiel »Die Weiberbrigade« von Inge Müller). Berlin. Henschel. (WorldCat-Suche)
Müller, Inge (1976): Gedichte. Herausgegeben von Bernd Jentzsch. Umschlagvignette und Grafik Helmut Gebhard. Berlin. Verl. Neues Leben. (Poesiealbum, 105) (Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Müller, Inge (1985): Wenn ich schon sterben muß. Gedichte. 1. Aufl. Berlin. Aufbau-Taschenbuch-Verl. 1997 (AtV, 1243) ISBN 3-7466-1243-8. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Müller, Inge (1992): Ich bin eh ich war. Gedichte. Blanche Kommerell im Gespräch mit Heiner Müller. Versuch einer Annäherung. Giessen. Ed. Literarischer Salon. ISBN 3-925740-08-2. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Müller, Inge (1996): Irgendwo; noch einmal möcht ich sehn. Lyrik, Prosa, Tagebücher ; mit Beiträgen zu ihrem Werk. Herausgegeben von Ines Geipel. 1. Aufl. Berlin. Aufbau-Verl. ISBN 3-351-02361-8. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Müller, Inge (2002): Daß ich nicht ersticke am Leisesein. Gesammelte Texte. Herausgegeben von Sonja Hilzinger. 1. Aufl. Berlin. Aufbau-Verl. ISBN 978-3-351-02937-1. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Müller, Ingeborg (1958): Zehn Jungen und ein Fischerdorf. Ein abenteuerliches Ferienerlebnis. Mit Illustrationen von Horst Hausotte. Weimar. Knabe. (Knabes Jugendbücherei) (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Schwenkner, Ingeborg (1955): Wölfchen Ungestüm. Mit Illustrationen von Karl Fischer. Berlin. Kinderbuchverl. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Weiterführende Literatur
Geipel, Ines (2002): Dann fiel auf einmal der Himmel um. Inge Müller ; die Biografie. Berlin. Henschel. ISBN 3-89487-417-1. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Hilzinger, Sonja (2005): Das Leben fängt heute an - Inge Müller. Biographie. Bibliogr. und Literaturverz. S. 285 - 292. 1. Aufl. Berlin. Aufbau-Verl. ISBN 978-3-351-02585-4. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Keller, Ursula (2000): “Nun breche ich in Stücke …”. Leben, Schreiben, Suizid ; über Sylvia Plath, Virginia Woolf, Marina Zwetajewa, Anne Sexton, Unica Zürn, Inge Müller. Berlin. Vorwerk 8. ISBN 3-930916-29-0. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Müller, Herta (1996): In der Falle. Drei Essays. Enthält einen Essay zu Leben und Wirken Inge Müllers. Göttingen. Wallstein-Verl; Wallstein. (Politik - Sprache - Poesie, 2) ISBN 3-89244-235-5. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Rosenkranz, Jutta (Hg.) (1988): Wenn wir den Königen schreiben. Lyrikerinnen aus der DDR. Unter Mitarbeit von Hanne Castein. Darmstadt. Luchterhand Literaturverlag. (Sammlung Luchterhand, 710) ISBN 3630617107. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Serke, Jürgen (1998): Zu Hause im Exil. Dichter die eigenmächtig blieben in der DDR. Mit Fotos von Christian G. Irrgang. München, Zürich. Piper. ISBN 3-492-03981-2. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
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