Biographien Therese Albertine Luise von Jakob (Talvj)
(verh. Robinson, Pseudonym Ernst Berthold)
geboren am 26. Januar 1797 in Halle
gestorben am 13. April 1870 in Hamburg; begraben in New York
deutsch-US-amerikanische Schriftstellerin, Übersetzerin, Ethnologin und Historikerin
225. Geburtstag am 26. Januar 2022
Biografie • Weblinks • Literatur & Quellen
Biografie
Therese, von den Studenten ihres Vaters wegen ihrer hohen Intelligenz »das kleine Orakel« genannt, musste mit zehn Jahren dem Vater ins selbstgewählte Exil nach Russland folgen. Diese traumatische Entwurzelung wurde zu einem oft behandelten Thema ihrer Erzählungen und Romane, die sie unter dem Künstlernamen Talvj veröffentlichte.
In Russland entwickelte sie ihr Interesse für Volkspoesie und ethnische Gruppen, die um das Überleben ihrer Kultur kämpften, wie die TscherkessInnen im Kaukasus, denen sie in dem Roman Heloise ein literarisches Denkmal setzte. Ihre Übersetzung serbischer Volkslieder wird heute noch von SlawistInnen geschätzt und wurde als einziges ihrer Werke im 20. Jahrhundert neu aufgelegt. Später, in den USA, studierte sie indianische Sprachen und Sagen und setzte sich für die Befreiung der schwarzen SklavInnen ein.
Als Talvj 1816 nach Halle zurückkam, war sie entsetzt über das niedrige Bildungsniveau und den Aufopferungsdrang der deutschen Frauen. Ihre frühen Erzählungen kritisieren die ungleiche Machtverteilung zwischen Mann und Frau. Sie selbst heiratete 1828 einen verständnisvollen US-amerikanischen Theologen. In sieben Jahren gebar sie vier Kinder, von denen nur zwei überlebten. Isoliert in Andover, Massachusetts, vermisste sie die Gesellschaft deutscher Frauen. Die Übersetzung eines Buches über indianische Sprachen und Artikel über Volkspoesie waren ihre ersten Publikationen in den USA.
Nach vier Jahren in Boston wurde sie 1839 in New York ansässig, wo ihr (von ihrem ungeselligen Mann bloß geduldeter) Salon von prominenten US-amerikanischen und europäischen Intellektuellen besucht wurde. Der Dichter Washington Irving, der Historiker Friedrich von Raumer und die Feministin Margaret Fuller, damals Literaturkritikerin an der New York Tribune, gehörten zu ihren Gästen. Eine sehr produktive Phase setzte ein; Talvj widmete sich der US-amerikanischen Geschichts-schreibung, verfasste deutsche und englische Artikel und schrieb in englischen und deutschen Versionen erscheinende Romane wie Die Auswanderer, die damals großen Anklang fanden und heute noch Gegenstand der germanistischen Forschung sind.
Nach dem Tod ihres Mannes (1863) kehrte Talvj nach Europa zurück. Ihr Sohn wurde US-amerikanischer Konsul in Straßburg, während sie in Karlsruhe ihren letzten Roman Fünfzehn Jahre schrieb. Er behandelt die Schwierigkeiten einer Ehe und Mutterschaft in einem fremden Land. Sie selber war in Amerika nie ganz heimisch geworden.
(Text von 1994)
Verfasserin: Martha Kaarsberg Wallach
Links
Literatur & Quellen
Wallach, Martha Kaarsberg. 1993. “Therese Albertine Luise von Jakob (Talvj), verh. Robinson”, in Dictionary of Literary Biography, Bd 133: Nineteenth Century German Writers to 1840. Hg. James Hardin und Siegfried Mews. Detroit. Bruccoli Clark Layman.
Wallach, Martha Kaarsberg, Kosta, Barbara; Kraft, Helga, Hg. 2003. “Exile and Nation, Body and Gender in the Works of Talvj (1797-1870)”, Writing Against Boundaries: Nationality, Ethnicity and Gender in the German-speaking Context, Harper.
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