ET, die Äußerst-Irdische: Anmerkungen zu Elizabeth Taylor
ET und ihre wichtigste Rolle
Die Welt trauert um Elizabeth Taylor, obwohl - oder weil? - die Medien in den letzten Jahrzehnten nur noch selten nett zu ihr waren: Etwa seit 1967, ihrem 35. Geburtstag, galt sie als „alternde Diva“ und schließlich als „fette alte Diva“. Über diese Zeit lesen wir auf einer Fotostrecke der ARD:
Seit Anfang der 70er-Jahre blieben die großen Filmerfolge aus, als einer der letzten großen Hollywood-Stars blieb sie jedoch in den Medien präsent. Für Schlagzeilen sorgte auch ihr exzessiver Lebensstil, ihre Affären, die Alkohol- und Gewichtsprobleme, die Schlankheits- und Entziehungskuren.
George Clooney, Tom Cruise und Brad Pitt gehen auf die 50 zu - ob sie nun wohl bald als "verbrauchte Schönlinge" aufs Altenteil geschickt werden? Nicole Kidman ist 44, also wohl überfällig, und Angelina Jolie im gefährlichen Alter von 35...
Jene andere „Göttliche“, Greta Garbo, zog sich nach ihrem 35. Geburtstag auf Nimmerwiedersehen (50 Jahre!) aus der Öffentlichkeit zurück; die Dietrich hielt es dort noch 40 Jahre länger aus, aber die letzten elf Jahre ihres langen Lebens verbrachte auch sie im Totalversteck. Nicht so ET: Sie hatte im „kritischen Alter“, mit etwa 50 Jahren, ihre Aufgabe gefunden, der sie sich bis zu ihrem Lebensende widmete: Den Kampf gegen AIDS.
Auf die Frage „Was machen Schönheitsgöttinnen, wenn sie nicht mehr schön sind, sondern 'alt und fett' (wie Taylor) oder 'alt und hager' (wie Garbo und Dietrich)?" fand Liz wohl die beste Antwort: Sie nutzte schon in der extrem schwulenfeindlichen Anfangszeit von AIDS ihren Weltruhm, um die AIDS-Aufklärung und -Forschung voranzubringen und stigmatisierten Todkranken zu einer menschenwürdigen Behandlung zu verhelfen.
Dies, so finden viele, war wohl ihre wichtigste Rolle.
ET und ihr Name
Elizabeth Taylor wurde als Elizabeth Taylor geboren und behielt ihren Namen ein Leben lang. Das ist für eine Schauspielerin eine beachtliche Leistung. Bekamen doch fast alle Schauspielerinnen zwecks besserer Vermarktbarkeit einen neuen Namen verpasst: Greta Lovisa Gustafsson wurde zu Greta Garbo, Norma Jeane Mortenson zu Marilyn Monroe, Doris Kappelhoff zu Doris Day, Sofia Scicolone zu Sophia Loren, Betty Joan Perske zu Lauren Bacall, Margarita Cansino zu Rita Hayworth, Frances Ethel Gumm zu Judy Garland undsoweiter. Nur die beiden Hepburns, Audrey wie Katharine, Grace Kelly, Brigitte Bardot und sogar Gina Lollobrigida behielten ihren eigenen Namen. Und Elizabeth Taylor.
Sie behielt ihren eigenen Namen auch trotz ihrer acht Ehen, denn sie war von der ersten bis zur letzten Ehe immer die berühmtere Hälfte des Paars und hatte einen Namen zu verlieren.
Der Film Cleopatra, Mutter aller Mammutschinken, brachte ihr eine Gage von 1 Million Dollar - die höchste Gage, die bis dahin irgendjemand im Film bekommen hatte. Interessant ist aber auch der Name dieses Films. Shakespeare hatte noch über Antonius und Cleopatra geschrieben, Shaw über Cäsar und Cleopatra - hier aber wird von diesen beiden unerheblichen Herren abgesehen und Cleopatra / Elizabeth Taylor in den Mittelpunkt gestellt. Ihr späterer Ehemann Richard Burton, den sie auf dem Set kennen- und lieben lernte, bekam für seine Rolle des Mark Anton 75.000 Dollar.
Allerdings hatte Elizabeth Taylor eine Namenscousine in der englischen Schriftstellerin gleichen Namens, die nächstes Jahr hundert geworden wäre. Als deren erster Roman 1944 herauskam, erschien auch ETs erster Filmhit National Velvet. Seitdem brauchte es für jegliche Erwähnung der Schriftstellerin den Zusatz, „Elizabeth Taylor, die Schriftstellerin“, was ihrer Karriere nicht eben förderlich war…
ET und die Schwulen
ET war eng befreundet mit ihren schwulen Filmpartnern Montgomery Clift und Rock Hudson; sie wirkte mit in vier Filmen nach Vorlagen des schwulen Dramatikers Tennessee Williams, die die schwule Thematik mehr oder weniger überzeugend ins Heterosexuelle transponierten. Einer ihrer m.E. besten Filme, Spiegelbild im goldenen Auge von John Huston nach Carson McCullers, zeigt sie, wie schon in der Katze auf dem heißen Blechdach als frustrierte Gattin eines Schwulen im Versteck. Und einer ihrer besten Freunde war der feminine Michael Jackson.
Wie kommt es zu dieser Affinität der „schönsten“ und „begehrenswertesten Frau der Welt" mit Schwulen und schwulen Stoffen?
Nach allem, was wir wissen, war ET stockhetero, anders als viele andere Diven (z.B. Marlene und die Garbo). Aber mehr noch als sie Männer begehrte, wurde sie von ihnen begehrt. ET kannte sich gut aus mit Heteromännern - und das erklärt wohl zur Genüge ihre Vorliebe für Schwule.
ET und der Feminismus
Damit wird sie normalerweise nicht in Verbindung gebracht. Aber sehen Sie sich mal den viel geschmähten Film The Sandpiper an, auf Deutsch unsäglich (und irreführend) betitelt mit Die alles begehren. Sie spielt dort im Jahre 1965 eine allein erziehende Künstlerin, die den Vater ihres Kindes nicht heiraten wollte, weil sie ihn nicht liebte und weil sie überhaupt findet, dass die Ehe nichts für eine Frau ist: Sie verliere dadurch nur ihre Freiheit und versauere bei der Hausarbeit. In einer schönen Szene hält die schöne Taylor dem verheirateten Geistlichen (Richard Burton), der in sie verknallt ist, darüber einen schönen Vortrag, als wäre sie Betty Friedan persönlich.
Was dieser Film auch sehr schön zeigt, ist neben der atemberaubenden Schönheit seiner Hauptdarstellerin ihre Wärme, ihre Leidenschaftlichkeit und ihr explosives Temperament.
Nun, das war eine Filmrolle, und wie wir wissen, hat sich nun gerade die Taylor mit ihren 8 Ehen an diese Botschaft ihres Films nicht gehalten. Im Haushalt versauert ist sie trotzdem nicht. Dazu hatte sie zu viel Geld, denn vom Geldverdienen verstand sie was. Nachdem sie in Wer hat Angst vor Virginia Woolf bewiesen hatte, dass sie eine grandiose Schauspielerin war, kümmerte sie sich in der Folge hauptsächlich darum, dass die Kasse stimmte.
Es ist nicht ihre Schuld, dass mann der „fetten alten Diva“ von 35 Jahren keine Rollen mehr angeboten hat, die ihrem schauspielerischen Genie entsprachen - anders als etwa den alten Fettsäcken Marlon Brando und Orson Welles. Und es ist ein ewiger Jammer.
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12 Kommentare
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30.03.2011 um 13:15 Uhr Amy
@ Dürr
Frau braucht sich nicht so zu präsentieren, um unbedingt zu gefallen oder gemocht zu werden!
Und all die modellhaften Vorgaben in Mode, Medien, Film führen nur zum eigenen Missfallen; damit (junge) Frauen sich selbst nicht mögen oder nur noch dann, wenn sie im Jugend-Schönheits-Wahn wunschgemäss `modelliert` werden? Stereotypes, modelliertes, modelhaftes Aussehen (wie wir es aus den obigen branchen kennen) finde ich langweilig. Lassen wir uns doch nicht immer von anderen manipulieren (auch was das Alter betrifft), denn dahinter stecken ausschließlich knallharte Wirtschaftsinteressen. Wir brauchen uns auch nicht immer selbst in Frage zu stellen, was das Aussehen, die Figur betrifft!
Sich vom Mainstream dermassen abhängig zu machen, z.B. dafür Operationen in Kauf zu nehmen, schafft
eher Unfreiheit. Das ist ähnlich wie ein Dauerlächeln, auch dort, wo es gar nicht angebracht wäre.
Je mehr wir zu unserem natürlichen Aussehen, zu Falten, Alter, Figur stehen, desto be/frei(t)er, authentischer, desto angenehmer auch das Lebensgefühl.
Also, einige Sorgen schon mal weniger :-)
29.03.2011 um 17:53 Uhr Dürr
Tja, das mit der Schönheit ist so eine Sache. Mal so und mal anders. Vor 1966 MUSSTE frau einfach einen dicken Busen haben. Dann kam Twiggy und die vorherigen Jahrgänge standen da mit ihrer Pracht - voll daneben. Dann waren es lange, dann kurze, dann wieder lange Haare, dann durften Frauen nur noch Knaben sein und jetzt müssen sie wieder Busen haben. Und das mit den Runzeln im Gesicht - hab’s schon einmal gesagt: Ist mir doch egal, denn ich sehe meine Runzeln höchst selten: Am Morgen sehe ich nicht aus den Augen, am Abend lösche ich das Licht und während des Tages dürfen die Anderen meine Runzelpracht anschauen. Alles ehr- und redlich erjubelt, erheult, erfreut und erärgert… Und, oh Wunder! Es gibt tatsächlich immer noch Leute, die mich mögen, wirklich mögen! ;-)
lg
Dürr
29.03.2011 um 12:51 Uhr anne
ET galt in jüngeren jahren als die schönste frau der welt - diesen mythos in der scheinwelt hollywoods beizubehalten, hat viele schauspielerinnen auch psychische probleme bereitet bis hin zu depressionen - um diesem sog. schönheitsideal auf dauer zu entsprechen, waren/sind viele leider bereit, sich etlichen operationen zu unterziehen. im kampf ums sog. gute aussehen scheinen alle mittel recht zu sein? angefangen von hungerkuren, operationen rund um gesicht, körper, gesäss. “fast alle in hollywood nutzen botox, aber keine/r gibt es zu.” (zitierte die vogue) die bereits 70jährige jane fonda monierte, dass heutzutage in hollywood `alle gleich aussehen`.
vielleicht hatte greta garbo auch aus diesem grund die ´bühne` der scheinwelt frühzeitig verlassen -keinen sinn darin gesehen, das jugendliche aussehen zu konservieren oder zu bewahren - auch für ein publikum, das häufig nicht verzeiht, wenn schauspielerinnen nicht mehr wunschgemäß und makellos aussehen - die medien/presse, filmindustrie tragen mit dazu bei, dass sich frauen dem jeweiligen sog. schönheitsideal verpflichtet fühlen und sogar in frühen jahren runderneuern lassen.
aber es gibt inzwischen eine menge frauen in hollywood, die dem spiel von jugend/schönheit paroli bieten, wie rosanna arquette (us-schauspilerin), die darüber einen dokumentationsfilm gedreht haben soll.
“leben ist, was einem begegnet, während man auf seine träume wartet.” (elisabeth taylor)
“das schwächere geschlecht ist das stärkere - wegen der schwäche des stärkeren für das schwächere.” (greta garbo)
zu dem hinweis auf james dean - lt. angaben aus dem internet: was ET berichtet, ist nicht neu sondern darüber wurde schon 1994 von paul alexander in einer james-dean-biografie ausführlich berichtet. so geriet er in seiner heimatstadt fairmount in indiana mit ca. 15 jahren an den 35-jährigen pastor james-de-weerd der weslayan church. dieser verführte den jungen, kümmerte sich auch intensiv um ihn. das verhältnis dauerte noch an, als james dean schon erwachsen war.
29.03.2011 um 08:40 Uhr Dürr
Ja, die Männerwelt ist in dieser Hinsicht top fit: Sie (damit meine ich die Meinungs-Macher)sind sehr schnell dabei, mit (pseudo-)moralischen Urteilen eine Frau/Schaupspielerin/Prominente öffentlich fertig zu machen. Dass sie selber aber geifernd hinterher hecheln, scheint zu einem “richtigen” Mann zu gehören. ET war eine Spitzen-Künstlerin, intelligent und schön. Schade, dass sie im Alter nicht mehr Filme gedreht hat wie etwa Kathrin Hepurn, Shirley McLain, Bette Davis u.v.a. Aber anscheinend vertragen es die Filmbosse nicht, dass eine so traumhaft schöne Frau auch altert, denn sie müssten dann ja zur Kenntnis nehmen, dass ihnen, den ewig jungen Superhelden das gleiche blüht…
Wie sagte Sharon Stone? “Mein Arsch wird immer schlaffer, dafür mein Gehirn umso fitter!”
lg Dürr
28.03.2011 um 22:27 Uhr Bridge
ich habe mich/hätte mich nie für ET und die schinken, die sie berühmt gemacht haben, interessiert. LFPs schöner nachruf bringt sie mir jetzt nahe, posthum. Eigentlich schade, dass ich nicht genauer hingeschaut habe.
28.03.2011 um 20:07 Uhr Dürr
Es ist ein alter Hut in der Psychologie, dass man das, was man selber ist, aber nicht zulassen/akzeptieren kann, bei den anderen fanatisch verfolgt. So ist es bei den Männern, die Schwule hassen, so bei ChristInnen, die selber latent homosexuell sind und so bei Priestern jeglicher Religion.
Allesamt arme Teufel, weil sie ihren eigenen Verstand nicht benutzen. Da was ET anders. Sie hat getan, was ihr richtig schien - und Recht hatte sie!
Im Uebrigen kann frau heterosexuell sein und trotzdem den eigenen Verstand benutzen. Das gilt für die meisten Frauen, wenn sie einmal aus den gröbsten Hormonschüben raus sind. Es gibt nämlich Frauen, die lernfähig sind und eben grad auch tun, bzw. lassen, was SIE wollen.
lg Dürr
28.03.2011 um 19:28 Uhr anne
@ christine - pardon, das war nicht abwertend gemeint, nur unkorrekt ausgedrückt - natürlich gibt es nur eine rasse, die menschliche rasse.
mir ging es nur um die diskriminierung jeglicher art von menschen/gruppen - aufgrund ihres geschlechts, sprache, ihrer sexuellen orientierung, ihrer hautfarbe, religionszugehörigkeit, nationaler, sozialer herkunft…
28.03.2011 um 17:50 Uhr Christine
Zitat Anne: “...verbale ausfälle und hasstiraden gegenüber einer rasse, z.b. gegen die juden,...”
Juden/Jüdinnen sind eine Rasse? Sind ChristInnen dann auch eine Rasse? Und MuslimInnen auch?
Woran kann ich diese verschiedenen Rassen denn erkennen und voneinander unterscheiden, erklärst Du bitte mal? Und was geht biologisch genau vor sich, wenn jemand die jüdische/christliche/muslimische Rasse wechselt?
Da kann ich ja von Glück sagen, daß ich keiner Rasse angehöre; damit bleibt mir einiges erspart.