Frauen satt und platt
Meine Freundin Brigitta Huhnke, promovierte Medienwissenschaftlerin, lebt am Puls der Zeit und beschickt mich regelmäßig mit den gröbsten Klöpsen aus dem Reich der fortschreitenden Patriarchose, so dass mir bisweilen schon vor dem Frühstück übel wird (wegen des Zeitunterschieds zwischen Hamburg und Boston).
Heute früh informierte sie mich über die “Flatrate im Bordell” und schickte Links zu Artikeln in der Frankfurter Rundschau. Ich habe keine Lust, diese Links hier einzubauen. Informieren Sie sich selbst bei Google oder Bing; Sie werden mehr finden, als Sie jemals wissen wollten.
Erfunden wurde das Flatrate-Bordell im März in Berlin; eine Bordellbesitzerin wollte mit diesem Schnäppchen-Angebot in der Wirtschaftskrise ihr Geschäft ankurbeln. Berlin nahm es anscheinend gelassen, als sie aber im Juni eine Filiale ihres “Pussy-Clubs” in Fellbach bei Stuttgart aufmachte, reagierte das Ländle mit heftigen Protesten.
Die Frage ist: Warum? Auch mir kam sofort die Galle hoch, als ich von der Flatrate im Bordell las, während ich mich mit “normalen” Bordellen und “normaler” Prostitution anscheinend irgendwie abgefunden habe, wie mit einem unausrottbaren Übel. Aber die Flatrate als weitere Drehung der Schraube überschritt bei mir und vielen anderen klar die Schmerzgrenze.
Die Flatrate im Bordell schreckt uns “Solide” hoch, weil sie die Verramschung der Frau nicht mehr als “Arbeit wie jede andere auch” beschönigt. Heißt es sonst “Kaffee und Kuchen satt” und “Telefonieren/Surfen so viel Sie wollen”, so bekommt nun eben der Freier für einen Festpreis (tagsüber 70 EUR, nachts 100) Sex bis zum Gehtnichtmehr, d.h. Frauen satt. “Sex mit allen Frauen! Solange, so oft und wie du willst” verspricht der Pussy-Club. Der Kuchen kann nur einmal vernascht werden, dann hat er es überstanden. Nicht so die Frau als Leibeigene des Plattrate-Freiers. Lea Ackermann von Solwodi, die es wissen muss, spricht von "Entfesselter Frauenerniedrigung".
Das bißchen Wert, dass die “Sexarbeit” hat, wenn sie selbstbestimmt und als “Einzelleistung” erbracht wird, verflacht buchstäblich in der Flatrate. Der Freier will für sein Geld das Letzte aus dem Angebot rausholen, so wie er sich auch bei “Kaffee und Kuchen satt” regelmäßig überfrisst. Für zehnfaches Geficktwerden, Blasen oder sonstwas bekommt die Frau dasselbe wie für einmal. Sie wird nicht nur flachgelegt, sondern plattgemacht - symbolisch, psychisch und körperlich: Was macht der Pussy-Club mit einem Sexberserker, der auf sein “gutes Recht” pocht und immer noch “kann”, wenn alle “Pussys” schon total platt sind? Oder mit einer Horde Jungbullen auf Betriebsausflug, die es den Kollegen mal zeigen wollen?
Protestschreiben sollten vor allem an die SPD (und die Grünen) gehen, die die Prostitution zur “Arbeit wie jede andere auch” erklärten und die schließlich den Slogan erfanden “Leistung muss sich wieder lohnen”.
••••••••••••••••• Nachtrag am 15. Juli 2009: Bigitta Huhnke und andere schickten Informationen, dass die Flatrate-Bordelle in Fellbach und Heidelberg geschlossen werden sollen bzw. schon geschlossen wurden:
Nun wird es Zeit, das nur scheinbar "unausrottbare" Übel Prostitution überhaupt abzuschaffen, wie in Schweden:
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19 Kommentare
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27.07.2009 um 11:24 Uhr Anne
Nachtrag:
Lt. presse beruhte die grossrazzia in vier flatrate-bordellen u.a. auf dem verdacht, dass die bordellbetreiber steuern und beiträge zur sozialversicherung hinterzogen haben und zudem ohne genehmigung ausländische prostituierte beschäftigen. Die in den bordellen angetroffenen prostituierten seien alle russischer nationalität gewesen.
So seien ferner die hygienischen zustände in den bordellen erheblich mangelhaft. Ein weiterbetrieb (heidelberg) werde aus hygienischen gründen untersagt.
Gegen mehrere personen werde ermittelt, da der verdacht auf kriminelle handlungen bstehe.
Das zu für `aussenstehende übertrieben und nicht nachvollziehbar` ....
http://www.profrau.at/de/frauenhandel/ohne_grenzen.htm
27.07.2009 um 04:04 Uhr Dana
Martin
Zusammengefasst: Du warst also im Pussy-Club nachmittags bei einer Vormittagsparty außenstehender Gast, hattest noch kein Handtuch um und trotz allem Zittern noch die Zeit festzustellen, dass die Staatsanwältin blond und sexy war? Ich hoffe, dass deine nächste Lehre diesbezüglich, wie immer diese auch aussehen mag, wesentlich härter ausfallen wird!
27.07.2009 um 00:23 Uhr Anne
Staatsanwaeltin blond, schlank , sexy
so um die vierzig - und was soll diese musterhafte darstellung nun aussagen? Wie sahen denn ihre 49 kollegen aus und der mann mit dem entbloesten glied?
26.07.2009 um 17:55 Uhr Martin
War heute zum ersten mal Gast im Pussy Club Schönefeld. (Vormittagsparty) Gegen 14.30 Uhr rückte die Staatmacht bestehend aus Zoll, Polizei, Staatsanwalt, so um die 50 Beamte an. Alle Ausgänge wurden besichert überall Polizeibeamte mit Schussweste und Bewaffnung. Alle Freier wurden in einen engen Raum gesperrt und durften den Club nicht verlassen. Jeder wurde wegen Zeugenbefragung vorübergehend festgehalten. Kunden beschwerten sich und waren empört über die Vorgehensweise. Staatsanwälting (blond, schlank, sexy so um die Vierzig) stand mit ihren Kollegen mitten im Club und gab den Freiern Rede und Antwort. Ein aufgeregter Gast lies vor Wut sein Handtuch vor der Staatsanwältin fallen. Er stand mit entblösten Glied vor ihr und liess sich nur schwer beruhigen. Von allen Gästen wurden die Personlien erfasst und alle wurden polizeilich überprüft. Mit der Info dass diese nach eine gewisse Zeit, zwecks Zeugenvorladung Post von der Staatsmacht bekämen. Grosse Zitten von den Freiern die Familie, Ehefrau oder Freundin hatten. Glaube die Staatsmacht möchte den Betreiber kaputt machen. Mal sehen wie es weiter geht….......Ich fands als Aussenstehender übertrieben und nicht nachvollziehbar
23.07.2009 um 22:45 Uhr Anne
Danke auch für “Glückliche Huren gibt es nicht”.
Ich hoffe sehr, daß sich das schwedische modell einmal überall durchsetzen, das bewusstsein vieler menschen erreichen und verändern wird.
Wie fortschrittlich die öffentliche bewusstseinsarbeit, dass schon in den grundschulen gelehrt wird, frauen für sex zu kaufen, ist unrecht.
Ich empfinde es auch als eine ungeheure respektlosigkeit gegenüber einem weiblichen menschen - musste früher die ehefrau immer zu willen sein und die männliche/seine sexualität erdulden, kauft mann sich diese willfährigkeit auf dem gut florierenden sexmarkt, über die porno- und prostitutionsindustrie - unterstützt und fördert somit die kapitalistische vermarktung von sexualität. Überhaupt unglaublich - erst seit 1989 ist vergewaltigung i.d. ehe strafbar - in 53 ländern nach wie vor völlig rechtens.
“Nicht die ware schafft den markt - sondern die nachfrage”
Lida Gustava Heymann - bedeutende dt. frauenrechtlerin, kämpfte vehement darum “Verhindern wir die nachfrage - mütter, erziehet eure söhne besser - bekämpfen wir die staatliche reklame für die prostitution. Prostituierte werden zur kaste gestempelt, behandelt wie eine ware, die untersucht wird, ehe der käufer den kaufpreis zahlt. Meine erfahrungen während sieben jahren sozialertätigkeit haben mich gelehrt, dass die brutale verachtung der männer für das weibliche geschlecht eine ihrer hauptwurzeln in der reglementierung der prostitution hat.” (L.G.H.)
http://www.fembio.org/biographie.php/frau/biographie/lida-gustava-heymann/
14.07.2009 um 15:59 Uhr Paula Schramm
Ich habe mich auch damit auseinander gesetzt warum ich so heftig reagiere auf diese Flatrate. Klar hab ich das auch gebloggt (http://blog.hdreioplus.de/der-pussy-club/). Ich finds gut, dass es inzwischen aus der Blogosphäre Reaktionen gibt und nicht nur in Zeitungen.
Zu den PolitikerInnen; ja bitte wir brauchen die Briefe und meine prominenten KollegInnen besonders.
11.07.2009 um 20:54 Uhr lfp
Der Slogan “Leistung muss sich wieder lohnen” kommt in Deutschland anscheinend so gut an, dass fast ALLE Parteien ihn auf ihre Fahnen schreiben:
http://www.nachdenkseiten.de/upload/pdf/beck_wams_060820.pdf
Irgendwo las ich, Helmut Kohl habe den Spruch 1982 geprägt, dann habe ihn die FDP adoptiert, schließlich passte er auch der SPD.
Also: Beschwerde einreichen bei ALLEN PolitikerInnen! Und für SOLWODI spenden!
11.07.2009 um 19:54 Uhr Gudrun Nositschka
“Leistung muss sich wieder lohnen” ist ein Slogan der FDP. Den Schutz für Prostituierte, den Grüne und SPD per Gesetz erreichen wollten, sollte darin bestehen, dass diese vom Frauenbenutzer (das Wort ist noch besser als Sexkäufer!)nicht mehr um die vereinbarte Summe betrogen werden können und im Bordell Beschäftigte Anspruch auf Krankenversicherung hätten. Wie ich meine, lieb, aber unwahrscheinlich kurz gedacht, da das Gesetz höchstens die “legale” Prostitution erfasst. Die Flatrate gaukelt übrigens Männer vor, sie seien so tolle Böcke, die ständig könnten, vermutlich wird ihnen am Eingang Viagra verkauft. Jeder Stadt empfehle ich die Möglichkeit, diese Pussy-Clubs still zu legen, indem sie mehrere Wochen nacheinander Razzien durchführt. Das würde sogar hartgesottene Frauenbenutzer stören.
LG, Gudrun