Frauenquote fürs Cockpit
Die Fluggesellschaften reagierten schnell: Ab sofort soll auch bei uns die "Zwei-Personen-„ bzw. „Vier-Augen-Regel“ für das Cockpit gelten. Im Gespräch sind auch regelmäßige psychologische Tests für Piloten. Das meldeten heute die Nachrichten. Gleichzeitig meldeten sie: „Der Bundesrat verabschiedete am Freitag in Berlin das Gesetz, nach dem in Zukunft knapp ein Drittel der Plätze in den Aufsichtsräten von Großkonzernen von Frauen besetzt werden müssen.“ (Handelsblatt). Zu den Großkonzernen gehört auch die Lufthansa.
Ich möchte einen Vorschlag machen. Die Lufthansa sollte sich nicht nur für ihren Aufsichtsrat, sondern auch für ihre Cockpits eine Frauenquote verordnen. Höchste Zeit ist es allemal, denn zur Zeit gibt es bei der Lufthansa nur 6 Prozent Pilotinnen.
Die Selbstmordquote, so hörte ich bei meinem Radio- und TV-Marathon seit der Katastrophe in den französischen Alpen, ist bei Männern viermal so hoch wie bei Frauen. Die Lufthansa könnte also das Risiko, dass ihre Piloten das Flugzeug zu Selbstmord und vielfachem Mord missbrauchen, mit jeder Frau, die sie zur Pilotin ausbilden, ganz erheblich reduzieren.
Amokläufe und sog. Familienauslöschungen, die gern zu „erweitertem Selbstmord“ und „Mitnahme-Selbstmord“ verharmlost werden, sind Verbrechen, die nahezu ausschließlich von Männern begangen werden. Für Amokflüge, die offenbar häufiger vorkommen, als der Öffentlichkeit bewusst ist, gilt dasselbe.
Die Lufthansa sucht verzweifelt nach Massnahmen, um Katastrophen wie die mutmaßlich durch ihren Germanwings-Co-Piloten verursachte in Zukunft auszuschließen oder wenigstens unwahrscheinlicher zu machen. Auf das Nächstliegende - Frauenquote im Cockpit erhöhen - kommt niemand. Wieso nicht? Es wird derselbe blinde Fleck sein, der aus den beiden getöteten Lehrerinnen aus Haltern „Lehrer“ und aus den 14 getöteten Mädchen und zwei Jungen „16 Schüler“ macht.
Auch ganz unabhängig von Vorbeugungsmaßnahmen gegen weitere Katastrophen in der Luftfahrt ist die Erhöhung der Frauenquote im Cockpit richtig und längst überfällig. Die Lufthansa mit ihren 6% Frauen ist ja fast so schlimm wie die katholische Kirche.
Nachtrag am 30.3.2015, 20:58 Uhr Die FemBio-Redaktion hat zunächst versucht, die Kommentare zu filtern, sich dann aber aus aufklärerischen und dokumentarischen Gründen dagegen entschieden und dafür beschlossen, die Kommentarfunktion am 1. April 2015 abzuschalten, um nicht vom Unflat gänzlich erdrückt zu werden. Der bis dahin angefallene Unflat wird dann auch wieder entfernt. Luise F. Pusch behält sich vor, sich in späteren Glossen aus diesem reichen Belegmaterial für männliches Denken zu bedienen.
•••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••
Mehr Glossen von Luise F. Pusch gibt es hier. Jeder Band enthält rund 50 Glossen und kostet 9,90 EUR:
Kommentieren für diesen Channel-Eintrag nicht möglich
156 Kommentare
Nächster Eintrag: Aufräumen nach dem Shitstorm, 1. Teil
Vorheriger Eintrag: Der Stinkephallus
29.03.2015 um 13:14 Uhr Stefan Rühle
Einfach nur beschämend, wie hier eine große Tragödie für eigene Zwecke instrumentalisiert wird, um auf der Welle der Aufmerksamkeit für das Unglück mit zu schwimmen.
Wer sich in dem Moment des Geschehens einer solchen Katastrophe keiner anderen Regung und Empathie hingeben kann, der sollte doch wenigstens den Anstand haben, mit seinen unqualifizierten Bemerkung zu warten, bis die Zeit wenigstens die gröbsten Wunden geheilt hat.
Jetzt unter dem Mantel der Betroffenheit und des Mitgefühls seine politische Genderagenda anzubringen, ist einfach nur schändlich und widerlich.
29.03.2015 um 13:00 Uhr Bassa
Sie benutzen ja gerne die Wikipedia als Quelle, z.B. um herauszufinden, dass der “Stinkefinger” den Beledigten “zur Frau macht”. Vielleicht sollten Sie auch mal zur Kindstötung bei Wikipedia nachlesen:
“Zwischen zwei Drittel und drei Viertel der Kindstötungen werden durch die leiblichen Mütter verübt. Laut einer Studie von Raič war in 18 % der Fälle der Vater der Täter.”
18% gegen 66% bis 75%. Aber klar, diese Taten werden hauptsächlich von Männern begangen.
29.03.2015 um 12:44 Uhr Man´s World
Ihr Kommentar zeigt den übelsten Feminismus seit Erfindung des Schmierblattes Emma. Einen Feminismus, der sogar nicht davor zurückschreckt das Schicksal von 150 Toten für die eigene Sache einzuspannen. Fremdschämen ist hier angesagt.
29.03.2015 um 12:42 Uhr FL
Komisch, von “frauenfeindlichen Bedingungen” in Flight Decks (so heißt das schon seit langer Zeit offiziell, nicht mehr “Cockpit”) der Lufthansa hat mir bisher noch keine Kollegin berichtet - ganz im Gegenteil. Ich habe irgendwie den Eindruck, dass Sie hier immer noch die Verhältnisse des “finsteren Mittelalters” der 80er Jahre im Kopf haben. Heute sind Frauen im Cockpit bei uns eine alltägliche Normalität, über die sich keiner mehr große Gedanken macht - weder im positiven noch im negativen Sinn. Die erwähnten sechs Prozent muss man übrigens ins rechte Licht rücken: da Frauen erst seit gut 25 Jahren bei uns fliegen und sich gerade in der Anfangszeit nur sehr vereinzelt bewarben (was DAMALS sicher noch im Image begründet war), gibt es logischerweise keine “alten” Pilotinnen und insgesamt eben nur sechs Prozent. Schon seit vielen Jahren stellen Frauen jedoch 20-25 % der Bewerber/innen und - da die Durchfallquote bei den Eignungstests und in der Ausbildung selbst etwa die gleiche ist wie bei Männern - finden sie auch in diesem Maße den Weg “nach vorne rechts”. Auf diese Quote würde es sich also langfristig stabilisieren, wenn das Bewerberverhalten gleich bleibt - und somit sollte auch das die Zahl sein, die man seriöserweise angibt.
Die unbelegte Unterstellung, LH würde Frauen bei der Berwerbung benachteiligen oder Zahlen beschönigen, empfinde ich als eine bodenlose Frechheit.
LH lädt grundsätzlich JEDE Person, die die formalen Kriterien erfüllt, zu den Eignungstests nach Hamburg ein. Diese Kriterien sind z. B. bestandenes Abitur (Note egal), europäische Staatsangehörigkeit, Mindestalter und Körpergröße im Rahmen der gesetzliche Vorschriften (hier fallen prozentual übrigens sehr viel mehr Männer heraus, die zu GROSS sind, als zu kleine Frauen), oder ein sauberes polizeiliches Führungszeugnis. Eine weitere Vorauswahl oder gar Kriterien, die Frauen benachteiligen könnten, gibt es nicht.
Der erste Eignungstest besteht ausschließlich aus rein computergesteuerten und objektiven Überprüfungen aus den Bereichen Englisch, Kopfrechnen, Mathematik, Physik, Merkfähigkeit, Konzentrationsfähigkeit, Mehrfachbelastbarkeit, Hand-Augen-Koordination und räumlichem Vorstellungsvermögen. Nach Bestehen dieser Tests werden an weiteren Tagen die “Human Factors” beurteilt. Hierbei ist die Auswahlkommission sogar mehrheitlich mit Frauen besetzt.
Die Tatsache, dass die Durchfallquoten bei weiblichen und männlichen Bewerbern gleich hoch sind, dürfte hier wohl dem Vorwurf der Diskriminierung entgegenstehen. Es gibt übrigens nirgendwo im ganzen System eine Möglichkeit der individuellen Bevorzugung oder Benachteiligung im Sinne von missbräuchlicher Beschleunigung oder Verzögerung von Ausbildung oder Karriere: Das genaue Leistungsniveau wird nicht berücksichtigt, es zählt nur “bestanden/nicht bestanden” oder “geeignet/nicht geeignet”. Alles weitere basiert ausschließlich auf der Reihenfolge des Bewerbungseingangs, nach Abschluss der Ausbildung auf dem Alter und später auf dem Einstellungsdatum. Für die Einstellung als First Officer oder später für die Schulung zum Captain beispielsweise ist man dran, wenn man eben dran ist, streng nach “Seniorität” (was ein essentieller Baustein einer guten Sicherheitskultur ist).
In den Lehrgängen in Bremen sitzen daher im Schnitt diese 20-25 % Frauen, wobei die Quote sehr stark schwankt: es hat sich in den letzten gut 15 Jahren nämlich eine deutliche Abhängigkeit von der aktuellen wirtschaftlichen Lage abgezeichnet. In Krisenzeiten, in denen man damit rechnen musste, nach der Ausbildung etliche Jahre ohne Job und mit einem Haufen Schulden auf der Straße zu stehen (wie es z. B. derzeit der Fall ist), blieb die Zahl der männlichen Bewerber fast gleich, während die der weiblichen dramatisch zurückging. Ich hoffe doch, dass man der Firma dieses eigentlich ziemlich irrationale Verhalten der Männer nicht zur Last legen möchte… ;-)
Daher noch einmal die Frage: wie soll man gezielt mehr Frauen auf den Pilotensitz bekommen? Eine Absenkung der Auswahlbedingungen steht außer Frage. Wie könnte man Ihrer Meinung nach die Attraktivität des Berufs für Frauen erhöhen, oder wo sehen Sie “frauenfeindliche Bedingungen”, die man beheben müsste?
29.03.2015 um 12:27 Uhr Luisa
Gratuliere, Luise, du hast es in die ntv-online-Nachrichten geschafft. Gratuliere auch zu der Idee!
erschreckend nur, mit welcher geradezu sprachlichen Gewalt so eine einfache, objektive, Prozentzahl dort wieder versucht wird in den Tabubereich zu drängen.
Gefühle und Innenschau sind verboten, wahrscheinlich auch in den Tests. und genau da liegt das Problem, und nicht nur in diesem Fall.
29.03.2015 um 12:13 Uhr Dagmar
Ich finde, Luise P. macht einen guten Vorschlag, wenn sie mehr Pilotinnen für die Lufthansa fordert. Ich kann in keinem Satz ihrer Glosse etwas Geschmackloses/ Beschämendes finden.
Immer, wenn Frauen in der Vergangenheit neue Wege beschritten, z.B. das Autofahren erlernten, gab es zunächst auch riesige Proteste und später stellte sich heraus, dass ihre Fahrweise durchaus verantwortungsvoll war.
29.03.2015 um 11:57 Uhr Michael Morgenstern
Da Männer, liebe Frau Pusch, Flugzeuge erfunden und mit vielen Opfern auf den heutigen Stand der ausgereiften und sicheren Technik gebracht haben, wäre es Ihren gedanklichen Strukturen nach, wohl logischer, wenn nur eine bestimmte, quotenmässig angepasste Zahl von Frauen Flugzeuge überhaupt benutzen dürften!
29.03.2015 um 11:51 Uhr Rowie
Natürlich ist es wichtig zu wissen, dass zwei Lehrerinnen und 14 Schülerinnen und zwei Schüler zu den Opfern gehören. Gerade darin, in der Präzisierung, zeigt sich der Respekt vor ihnen.
Warum sonst will man wissen, welcher Nationalität sie angehören ?