Merkel bekennt Ostereierfarbe und mehr
Vor zwei Wochen saßen wir zu sechst gemütlich beim Wein - und landeten schnell bei der Mutter aller Frauenthemen: dem Outfit.
Mechthild war früher Lehrerin in einer Realschule in Hamburg-Barmbek und unterrichtete in diesem “sozialen Brennpunkt” überwiegend SchülerInnen “mit Migrationshintergrund”. Ihre krankheitsbedingte Frühpensionierung brach ihr fast das Herz. Was sie aber jeden Tag aufs Neue genießt, ist die Freiheit von der Kleiderfrage. Stunden hätte sie während ihrer Berufszeit vor dem Spiegel ihres Kleiderschranks verbracht, um sich für die Schularena und die kritischen Blicke ihrer SchülerInnen angemessen auszustaffieren.
Wir alle nickten voller Einverständnis - wie wir das Elend doch kennen! Ich selbst habe den Kampf schon lange aufgegeben und trage die Sachen, die sich einmal bei öffentlichen Auftritten bewährt haben, wieder und wieder. Die anderen in der Runde sind nicht so faul oder resigniert, aber bis auf Iris, die noch voll im Beruf ist, konzentrieren sie sich in Sachen Kleidung hauptsächlich auf das eigene Vergnügen.
Männer haben ihr Outfit-Problem schon lange gelöst. Der - meist dunkle - Anzug ist ihre Berufsuniform, damit sehen sie immer korrekt aus. Ein paar geschickt ausgewählte Accessoires, vor allem die Krawatte, setzen die Glanzlichter.
Schon lange bewundere ich unsere Kanzlerin dafür, wie sie ihr Klamotten-Problem gelöst hat. Diejenigen Frauen, die ebenfalls an Wichtigeres zu denken haben als an ihr Outfit, sollten es ihr nachmachen - und tun es auch mehr und mehr.
Die Kanzlerin trägt immer dasselbe: einen Hosenanzug, das Jackett geschlossen durch drei bis vier große Knöpfe. Da, wo die Männer ihre Krawatte hängen haben, hat sie ihre drei, vier Knöpfe sitzen.
Vermutlich hat sie von diesem Outfit 50-100 Stück im Schrank, in vielen frohen Farben, wie hier dokumentiert. Sie greift in den Schrank hinein, angelt sich irgendein Teil, und schon ist sie korrekt angezogen für die Gespräche mit den Mächtigen dieser Welt.
Die frohen Farben unterstreichen dabei ihre Weiblichkeit; nie könnte ein Sarkozy oder Obama sich in sowas Buntem sehen lassen.
Raffiniert schlägt sie zwei Fliegen mit einer Klappe: Die Uniform, der immergleiche Schnitt, spart Zeit und Energie für die eigentlichen Aufgaben. Die Ostereierfarben künden von ihrer Weiblichkeit, zerstreuen jeglichen Verdacht, dass die mächtigste Frau der Welt ein Kerl ist wie einst Maggie Thatcher.
Für diejenigen, die trotzdem noch skeptisch sind, hat sie zwei weitere Beweise parat. Einmal das große Dekolleté für die große Oper mit dem Gatten. Zum anderen diese subversive Merkelgeste, die Ihnen außer den Ostereierfarben in der obigen Collage bestimmt sofort aufgefallen ist. Die zart einander berührenden Hände suggerieren weibliche Behutsamkeit und Feinsinnigkeit - und noch viel mehr: Frauenkundige erkennen darin das Frauenzeichen, Insiderinnen das Lesbenzeichen, passend zu den Regenbogenfarben der Garderobe.
Die Merkelsche Körpersprache der sanften Macht findet Anklang und wird gern - bewusst oder unbewusst - nachgeahmt. Jüngstes Beispiel: der britische Premier Gordon Brown beim gestrigen deutsch-britischen Gipfeltreffen zur Bankenregulierung.
[Dank an Sabine Pinkepank für die Zusendung der wunderbaren Merkel-Collage].
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25 Kommentare
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03.04.2010 um 16:59 Uhr Evelyn
@ Papierschiff
Das höre ich immer wieder mal, dass Angela Merkel “machtgeil” sein soll, ohne dass jemals nachvollziehbare Argumente geliefert werden. Es ist doch selbstverständlich, dass eine Position wie “Kanzlerin” mit Machtfragen zu tun hat - entscheidend ist für mich, dass sie m.W. nie Machtmissbrauch betrieben hat, während ihrer Amtszeit, ganz im Gegensatz zu Ex-Bundeskanzler Schröder und seinen Mannen, die mit der Agenda 2010 sowohl Machtmissbrauch gegenüber der Bevölkerung betrieben haben als auch Verrat an ihrer eigenen WählerInnenschaft. Ich sehe da doch einen sehr großen Unterschied. Und ich kann sogar festhalten, dass Merkel sogar eine moralische Leitfigur ist und das hat nichts mit der CDU oder deren Programm zu tun: Sie hat den Papst zurecht gewiesen und jetzt die türkischstämmige Bevölkerung mit Nachdruck zum Deutschlernen ermuntert (wer in einer Demokratie lebt, hat auch Verantwortung im Gemeinwesen und dazu gehören Deutschkenntnisse in unserem Land wie Fremdspachenkenntnisse in anderen Ländern). Dass sie bei dem Streitgewusel der Männer um sie herum nicht immer eingreift (außer bei Westerwelle) empfinde ich als eher wohltuend - die Hahnenkämpfe gehen der Bevölkerung mächtig auf die Nerven, was sich jetzt in den Umfragewerten zur Koalition klar niederschlägt.
03.04.2010 um 16:43 Uhr Papierschiff
natürlich kann frau nicht sofort alles verändern. jedoch gibt es -vielleicht sogar besonders in der politik- auch viele frauen, die wirklich mist gemacht haben. das weibliche geschlecht macht aus jedem politischen menschen nicht automatisch einen bessern, auch wenn tendenziell frauen wohl die bessere politik machen würden. (was aber eher darin liegt, dass es nicht viel schlimmer als die der männer werden kann)
gibt es nicht sogar eine feministische partei, nur wählt sie halt keiner…
viele frauen können manche forderungen des feminismus nichts abgewinnen (warum jetzt auch immer), und solange wird auch eine feministische partei nicht gewählt.
03.04.2010 um 13:59 Uhr Anne
@ papierschiff - eine schwalbe macht noch keinen sommer - was die herren mächtigen und ihre mitstreitenden vollstrecker in diversen seilschaften i.d. politik, gesellschaft alles versaut haben, wird auch keine frau an oberster spitze mit einem handstreich `wegräumen` können; zumal die lieben parteibrüder frau auf schritt und tritt misstrauisch beäugen und verfolgen. :-(
deshalb bräuchten wir eine feministische partei der frauen, ein starkes gegengewicht zu den Herrkömmlichen parteien, zumal in der gesamtbevölkerung weibl. menschen in der überzahl sind.
auch in zeiten von Helmut Schmidt pflegten die konservativen zu sagen, er sei der rechte kanzler i.d. falschen partei.
sieht optisch doch ganz gut aus, wie Gordon Brown schon mal das symbol des frauen-lesben-zeichens annimmt; und so schwer kann es doch nicht sein, sich von all den `betenden` händen zu verabschieden. wie sagte Joachim Meisner, kath. theologe, ” in betenden händen ist die waffe vor missbrauch sicher”; nur was diese waffentragenden, betenden männer-hände so alles auf dem kerbholz haben, zeigt uns der verlauf der geschichte bis in die gegenwart, gruselig…
03.04.2010 um 12:57 Uhr Ricky D.
Für mich ist Merkel der erste Kanzler dieser Bundesrepublik, der in seiner Amtszeit schöner geworden ist (*_*)
an @papierschiff> es sei dahingestellt, ob diese kluge Frau in der falschen Partei ist - schlimmer finde ich die falschen Herren in der “richtigen” Partei s.h. Schröder ! ein trauriges Beispiel für den Wolf im Schafpelz(°/°)
mögen die “dummen Hühner” viele regenbogenfarbene Eier legen, damit den Herren im dunklem (Hirn-) gedönse Angst wird*** befruchtende Ostertage für alle***und danke für die tollen Beiträge…l.g. Ricky D.
03.04.2010 um 12:06 Uhr papierschiff
@evelyn leider kann ich ihnen dabei ganz und gar nicht zustimmen. weder im inland noch auf internationaler bühne kann ich ihr inhaltlich folgen, geschweige sie unterstützen.
für mich ist aie ebenso ein machtgeiler mensch wie die männer auf ihrer ebene. anerkennen kann ich jedoch ihr kraft es als frau so weit geschafft zu haben,sich gegen die wiederlichsten kerle durchsetzen konnte,dafür bekommt sie meine unterstützung. aber nicht für ihre politik (vielleicht ist sie ja ach einfach in der falschen partei…)
03.04.2010 um 11:29 Uhr Evelyn
@Papierschiff
Angela Merkel macht auf dem internationalen Parkett eine sehr gute Figur - sowohl inhaltlich als auch kommunikativ. Das verdient Respekt. Sie würde kaum in den USA und jetzt in Großbritannien von der Royal Society Auszeichnungen erhalten, wenn das alles nur plumpe Schauspielerei und Taktik wäre. Ihr so Anerkennung zollend schließt eine Kritik an der Innenpolitik der CDU keinewegs aus!
02.04.2010 um 19:24 Uhr Anne
wusste ich doch immer schon, dass Angela Merkel regenbogenfarben mag - die zeiten sind vorbei, weg vom autoritären schwarz, verbunden mit männlich geprägter ordnung und dominanzbestreben, hin zu einer lebendigen farbigkeit.
“so kann frau ihren machtGewinn in allen nuancen des regenbogens demonstrieren” (lt. Braem, farbpsychologe). “männer haben angst vor einer frau in rot”, habe ich kürzlich in einem bericht über das farbenspiel gelesen. “sie zieht zwar alle blicke auf sich, aber niemand wagt es , sie anzusprechen. das liegt an der tief im mann verwurzelten angst, dass eine rot gekleidete frau zu mächtig ist und ihn unterbuttert ” ( Braem, farbpsychologe), grusel, grusel ...
eine frau, die das farbenspiel liebt (erhoffe ich mal), wird sicherlich ihren machthungrigen männl. mitstreitern einiges kopfzerbrechen bereiten, aus dem `dominanten` einheits/rhythmus bringen.
ein bunter regenbogen-modetrend, der es bis in die parlamente geschafft hat?
” Braem, farbpsychologe meint, dass mehr dahinter steckt .” wir sind, auch was das farbsprektrum angeht, mitten in einem paradigmenwechsel- vorreiter und trendsetter seien die frauen. das sei insbesondere i.d. politik zu beobachten, wo weibliche abgeordnete allein durch ihre bunte kleidung aus der schar der dunkel gekleideten politiker herausragen. selbst als einzelne farbtupfer beleben sie das gesamtbild enorm und bringen bewegung auf das von aussen starr und unzugänglich wahrgenommene politische parkett.” (auszüge a.d. stuttgarter nachrichten v. 19.08.09)
da wünsche ich mir nun wesentlich mehr weibliche abgeordnete, politikerinnen, die mut zur `verwandlung` haben und unser `fähnchen` samt frauenzeichen selbstbewusst hoch halten; hundertprozentigen einsatz für die frauenbewegung, feminismus, und zwar gut sichtbar für all die anderen in schwarz gekleideten…
tolle Merkel-collage, habe ich gleich abgespeichert.
feministische grüsse von Anne
02.04.2010 um 17:46 Uhr Evelyn
Die merkelsche “Ostereierpalette” zeigt, was mir immer sofort auffällt, wenn ich die Mächtigenriege im Fernsehen zusammenstehen sehe: ein auffallend bunter Punkt inmitten von schwarz und dunkelblau: Angela Merkel. Aber damit zieht sie nicht nur alle Blicke auf sich, ihre zurückhaltenden Machtgesten und ein gewisser kommunikativer Anspruch, den sie immer mehr und mehr auf die politische Bühne trägt, gerade auf dem internationalen Parkett, unterstreicht auch zu zeigen, wer hier eigentlich das Sagen hat. Darin hat sie, gerade in letzter Zeit, wieder einiges Geschick bewiesen (siehe Euro-Kampf-Debatte). Ungewöhnlich weiblich im internationalen Staatsgeschehen: Ihre Friedensgeste gegenüber dem hochgekochten Erdogan bei ihrem Türkei-Besuch, dem sie eine weiße Friedenstaube als Geschenk überreichte, passend zum Outfit - hergestellt von einem Kind!