Biographien Catharina Elisabeth Velten
Catharina Elisabeth Velten
geboren zwischen 1646 und 1650
gestorben zwischen 1712 und 1715
deutsche Schauspielerin; Prinzipalin der Theatertruppe „Die Hofcomödianten“
Biografie • Literatur & Quellen
Biografie
Zu einer Zeit ,in der Frauen auf der Bühne als unmoralisch galten und von Vertretern der Kirche heftig angegriffen wurden, übernahm Catharina Elisabeth Velten als Prinzipalin die Theatertruppe der Hofcomödianten, eine Rolle, die sie 19 Jahre lang innehatte. Sie gehört zu den wenigen Frauen im deutschsprachigen Raum, die zur damaligen Zeit eine Schauspielgruppe leiteten. Damit war sie eine Vorläuferin der bekanntesten unter ihnen, der Prinzipalin Friederike Caroline Neuber, die knapp 30 Jahre später das deutsche Theater von Grund auf reformierte.
Das Leben als Schauspieler:in im ausgehenden 17. Jahrhundert war hart. Der Verdienst mit der Schauspielerei war gering; die Ausstattung auf der Bühne sowie die Kostüme verursachten hohe Kosten. Die meisten Truppen waren Wanderbühnen, die zusätzlich für ihre Reisen aufkommen mussten. Gespielt wurde überwiegend eine Mischung aus bühnenwirksamen Abenteuern, meist ohne inneren Zusammenhang, und Komödien mit mehr oder weniger deutlichem Stegreif-Charakter im Sinne der Commedia dell‘arte. Sehr begehrt war ein höfisches Privileg, das zum Auftritt im Fürstentum berechtigte. Als eine der besten Schauspieltruppen im deutschsprachigen Raum besaßen die Hofcomödianten zeitweilig das Theaterprivileg im Kurfürstentum Sachsen und durften auch am Hoftheater auftreten. Aufgrund ihrer Bildung und ihrer Theatererfahrung hatte Catharina einen wesentlichen Anteil an diesem Erfolg.
Geboren wurde sie als Catharina Elisabeth Paulsen, um 1646/50, ihr genaues Geburtsjahr ist nicht bekannt. Ihr Vater war der Theaterprinzipal Carl Andreas Paulsen (1620–1679). Catharina stand schon seit Kindesbeinen auf der Bühne und erhielt nebenbei eine gute Allgemeinbildung. In der Theatertruppe ihres Vaters lernte sie Johannes Velten kennen, der in Wittenberg und Leipzig Theologie und Philosophie studiert hatte und nach dem Tod ihres Vaters die Leitung der Gruppe übernahm. Um 1671 heirateten sie, vier Jahre später wurde ihre Tochter, Catharina Lydia, geboren, die ebenfalls Schauspielerin wurde.
Über 20 Jahre lang leitete und professionalisierte das Ehepaar Velten die Truppe und führte viele Reformen ein, u. a. durch die zunehmende Abkehr von der Stegreifkomödie zu anspruchsvolleren Stücken nach deutschen, englischen, italienischen und französischen Vorlagen. Dazu gehörten auch eine Bearbeitung von Shakespeare's Hamlet sowie Tragödien von Corneille und Komödien von Molière. Als Johannes Velten 1693 mit nur 51 Jahren starb, übernahm Catharina die Leitung der Truppe und setzte die ambitionierte Theaterarbeit fort.
Die in pietistischen Kreisen weit verbreitete Theaterfeindlichkeit hatte das Ehepaar bereits zu spüren bekommen: ihnen wurde das Abendmahl verweigert. Die Anfeindungen durch die Kirche gipfelten darin, dass der Magdeburger Diakon und Prediger Johann Joseph Winckler Schauspieler:innen in einer Streitschrift als „Erzsünder“ von Eucharistie und Beichte ausschließen wollte. Daraufhin verfasste Catharina Velten um 1701 eine für die damalige Zeit außerordentlich mutige Streitschrift („Zeugnis der Wahrheit Vor die Schau-Spiele“) gegen die lutherisch-orthodoxe Geistlichkeit.
Velten zitierte aus wissenschaftlichen Werken und der Bibel und verwendete griechische und lateinische Redewendungen. Sie verglich die Aneinanderreihung von Darstellungen im Theater mit der in der Bibel verwendeten Rhetorik und hob den Nutzen und die belehrende Wirkung des Schauspiels hervor:
„So schöpfen auch diese daraus ihren großen Nutzen, indem ihr Verstand durch Erkäntniß vieler Denkwürdigkeiten (...) geschärft und ein Haß gegen die Laster und hingegen ein Verlangen zu den Tugenden erwecket“ würde. (1)
Die Verteidigungsschrift wurde auch nach Catharinas Tod weiterhin gedruckt und von Schauspieler:innen zur Rechtfertigung gegen die Geistlichkeit verwendet.
Nach dem Tod des Kurfürsten Johann Georg III verlor die Truppe 1691 ihr Theaterprivileg für Kursachsen und war gezwungen, als Wanderbühne von einem Ort zum anderen zu reisen, um einigermaßen über die Runden zu kommen, u. a. nach Danzig, Königsberg, Riga, Kopenhagen und Stockholm. Der permanente Konkurrenzdruck unter den damaligen Wanderbühnen und die Schulden der Schauspieltruppe wurden schließlich zu hoch. Gesundheitliche Probleme kamen hinzu, sodass Catharina Velten 1712 ihre Truppe in Wien auflösen musste. Sie wurde dort bis zu ihrem Tod, vermutlich wenige Jahre später, von ihrer Kollegin Elisabeth Spiegelberg gepflegt.
(1) Zitiert nach Eva Maria Hanser: Komödianten und Ordnungsmächte, Frühes deutschsprachiges Berufstheater, S. 101)
Verfasserin: Martina Jalloh
Literatur & Quellen
Biografie von Catharina Velten (gest. nach 1712) - Sächsische Biografie | ISGV e.V.
Deutsche Biographie - Velten, Johannes (deutsche-biographie.de)
Eva Maria Hanser: Komödianten und Ordnungsmächte, Frühes deutschsprachiges Berufstheater (1650 – 1730) im Kontext von Kirche, Staat und Stadt, unipress, 2020
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