Wikimedia Commons
(geborene Ella Jurjewna Kagan)
geboren am 25. September 1896 in Moskau
gestorben am 16. Juni 1970 in St. Arnould-en-Yelines
russisch-französische Schriftstellerin
125. Geburtstag am 25. September 2021
Biografie • Literatur & Quellen
Biografie
Es herrschte ein Klima der Aufklärung im Hause der jüdischen Familie Kagan in Moskau, wo man sich gegenüber revolutionären Ideen aufgeschlossen zeigte. Die Mutter war Pianistin, der Vater ein Rechtsanwalt, spezialisiert auf Verträge mit Künstlern. Einer von ihnen war Wladimir Majakowski, mit dem die 16-jährige Elsa Jurjewnaja eine kurze Liebesaffäre hat, bis er dem Charme ihrer fünf Jahre älteren Schwester Lilja erliegt, die damals bereits mit Ossip Brik verheiratet ist.
„Keiner will mich haben, und selbst in großer Gesellschaft bin ich immer allein“, klagte sie ihrem Tagebuch. Schließlich lernt die von vielen umschwärmte Frau den konservativen französischen Offizier André Triolet kennen, den sie 1919, nach Abschluss ihres Architekturstudiums 1918, heiratet. Das Paar lebt auf Tahiti, aber 1921 bereits kehrt Elsa nach Europa zurück, ernüchtert durch die Ehe und enttäuscht von dem treulosen Mann.
Sie arbeitet in einem Konstruktionsbüro in London und zieht schließlich nach Berlin; in der großen russischen KünstlerInnenkolonie findet sie die künstlerische und intellektuelle Anregung wieder, die sie so lange vermisst hat. Maxim Gorki ist es, der sie zum Schreiben ermuntert, und zwischen 1925 und 1927 erscheinen die ersten drei von fast zwanzig Romanen.
Seit 1924 pendelt Elsa ruhelos zwischen Moskau und Paris, wo sie in einem tristen Hotel am Montparnasse wohnt.
Mit einem Mann muss einen mehr verbinden als die Liebe,
sagte sie nach dem Scheitern ihrer Ehe. Im November 1928 trifft sie in der Bar „La Coupole“ den Surrealisten Louis Aragon. Das Paar zielt bald in eine kleine Atelierwohnung in der rue Campagne-Première. „Immer zu zweit, immer Glück. Mit oder ohne Geld, gesund oder krank, das beständige Glück. Er liebt mich, was will ich mehr? Keine Fremden, weder Männer noch Frauen.“
Zum Gelderwerb übernimmt sie Schreibarbeiten, übersetzt aus dem Russischen – u.a. Majakowski und Tschechow – und für Pariser Couturiers stellt sie eigenwilligen Schmuck her, den Aragon verkauft. Von den Surrealisten, die Triolet und Aragon stalinistische Verblendung vorwarfen, hatte sich der 1927 der KP beigetretene Aragon inzwischen gelöst.
Ab 1938 beginnt Triolet wieder zu schreiben, jetzt in französischer Sprache. Seit 1940 arbeitete das Paar im Untergrund für die Résistance, lebte mit falschen Pässen in Lyon und später in der Provence. 1945 erhielt Triolet für ihre Novellensammlung Das Ende hat seinen Preis den Prix Goncourt, eine Würdigung ihrer literarischen Résistance.
In 42 Bänden erscheinen zwischen 1964 und 1974 die Prosawerke von Triolet und Aragon, die 1939 geheiratet haben. Die gemeinsame Werkausgabe als Dokument ihrer Liebe. „Wenn wir schließlich wie Grabstatuen nebeneinander liegen, wird uns die Heirat unserer Brüder in Freud und Leid vereinen, hinein in die Zukunft, die unser Traum war und unser größtes Anliegen, deines und meines“, prophezeit Elsa Triolet, die am 16. Juni 1970 einem Herzleiden erlag.
(Text von 1999)
Verfasserin: Susanne Gretter
Literatur & Quellen
Hörner, Unda. 1993. Das Romanwerk Elsa Triolets: Im Spannungsfeld von Avantgarde und sozialistischem Realismus. Essen. Blaue Eule.
Hörner, Unda. 1998 [1996]. Die realen Frauen der Surrealisten: Simone Breton, Gala Eluard, Elsa Triolet. Frankfurt/M. Suhrkamp TB.
Hörner, Unda. 1998. Elsa Triolet und Louis Aragon: “Die Liebenden des Jahrhunderts”. Berlin. Rowohlt.
Mackinnon, Lachlan. 1992. The Lives of Elsa Triolet. London. Chatto & Windus.
Marko, Gerda. 1998 [1995]. Schreibende Paare: Liebe, Freundschaft, Konkurrenz. Frankfurt /M. Suhrkamp TB 2805.
Nestmeyer, Ralf. 2005. Französische Dichter und ihre Häuser. Insel Verlag, Frankfurt am Main.
Sollten Sie RechteinhaberIn eines Bildes und mit der Verwendung auf dieser Seite nicht einverstanden sein, setzen Sie sich bitte mit Fembio in Verbindung.