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(Gertrude Franklin Horn Atherton )
geboren am 30. Oktober 1857 in San Francisco
gestorben am 14. Juni 1948 in San Francisco
US-amerikanische Schriftstellerin und Journalistin
75. Todestag am 14. Juni 2023
Biografie • Zitate • Literatur & Quellen
Biografie
Gertrude Atherton war zu Lebzeiten eine ausgesprochen populäre Schriftstellerin, deren Werk heute primär aus sozialhistorischer Perspektive rezipiert wird. Sie veröffentlichte zwischen 1883 und 1946 weit über 30 Romane, zahlreiche Kurzgeschichten, Essays und Artikel, eine Biographie, eine Briefsammlung, eine Autobiographie und drei Sachbücher.
Leider wurde ihre schon früh erwachte Kreativität bis zum Alter von 30 Jahren massiv behindert. Den plötzlichen Tod ihres dominanten Ehemanns erlebte sie als Befreiung. Überzeugt davon, daß sie die Mutterrolle genauso wenig ausfüllen würde wie die der Ehefrau, betraute sie die Schwiegermutter mit der Erziehung ihrer Tochter und widmete sich ganz ihrer literarischen Karriere. In England wurde sie bald als kundige Interpretin des amerikanischen Westens angesehen; dagegen ließ der Erfolg in den USA zunächst auf sich warten. Kritiker bemängelten vor allem die “moralische Fragwürdigkeit” der weiblichen Figuren, was Athertons Bücher für Leserinnen allerdings umso spannender machte. Meistens aus der Ferne - sie lebte lange in New York und Europa - wählte sie als bevorzugten Schauplatz ihrer Werke die amerikanische Westküste und deren pulsierendes Zentrum San Francisco. Ihr erster bedeutender Roman, Patience Spearhawk and Her Times (1897), verbindet bereits das Thema des rasanten politischen und gesellschaftlichen Wandels und der daraus resultierenden Konflikte mit einer dramatischen Lebensgeschichte: es geht um das physische Überleben der Protagonistin Patience, um ihre Emanzipation und ihr sexuelles “Erwachen” (zwei Jahre vor Kate Chopin). In nur einem einzigen ihrer vielen Bücher spielt ein Mann die Hauptrolle: die fiktionalisierte Biographie Alexander Hamilton, The Conqueror (1902) wird von den Kritikern prompt als literarische Innovation gefeiert. Ihren Stil bezeichnete Gertrude Atherton in bewusster Abgrenzung zur damaligen Tradition als “romantischen Realismus”. Die typische Heldin eines Atherton–Romans erkennt den Zwangscharakter konventioneller Weiblichkeitsnormen und rebelliert dagegen: Sie verweigert die Fixierung auf Haus, Familie und Kirche und sucht sich einen Beruf, sie ist intelligent, eigenwillig bis arrogant, leidenschaftlich und fordert Eigenständigkeit als Voraussetzung für eine Liebesbeziehung. Gleichzeitig legt sie großen Wert auf körperliche Attraktivität, eine Obsession der Autorin selbst: deutliche Hinweise sind zahlreiche Porträts makelloser Schönheiten wie auch Athertons zumindest kommerziell lohnender Versuch, durch eine Reaktivierungskur den natürlichen Alterungsprozeß zu stoppen (beschrieben im Bestseller des Jahres 1923, Black Oxen). Immerhin wird sie 90 Jahre alt.
Zu den explizit feministischen Themen in ihren Romanen gehörten z.B. das Frauenwahlrecht in Großbritannien (Julia France and Her Times, 1912), die Arbeit französischer Frauen im ersten Weltkrieg (The Living Present, 1917) und eine Frauenrevolte in Deutschland (The White Morning, 1918). Ihre wohl scharfsinnigsten wie auch unterhaltsamen Betrachtungen zum Verhältnis von Geschlecht und Macht finden sich jedoch in der Essaysammlung mit dem ironischen Titel Can Women Be Gentlemen? (1938), deren Kühnheit und Spott auch heute noch beeindrucken.
Gertrud Atherton entsprach in vieler Hinsicht ihrem idealisierten Entwurf der “Neuen Frau”. Der schriftstellerische Erfolg bescherte ihr 60 Jahre materielle und persönliche Unabhängigkeit und viele öffentliche Ehrungen. Ihr letzter gedruckter Beitrag war ein Brief an die San Francisco News, in dem sie Eleanor Roosevelt als Präsidentschaftskandidatin vorschlug: “Es ist höchste Zeit, dass eine Frau Präsidentin der Vereinigten Staaten wird.” Das war 1948.
(Text von 1997)
Verfasserin: Marion Kremer
Zitate
Ich hasse jede Art von Beschränkung und muss jederzeit die Freiheit besitzen, meine Sachen zu packen und irgendwohin zu ziehen, einfach so oder um mich auf mein nächstes Buch vorzubereiten.
(Gertrude Atherton, Adventures of a Novelist)
Bei einem Dinner fragte mich ein junger Mann: “Wie stellen Sie sich den idealen Ehemann vor?” Nach kurzer Überlegung antwortete ich: “Am besten gar nicht.”
(Gertrude Atherton, Can Women Be Gentlemen?)
Literatur & Quellen
Atherton, Gertrude Franklin Horn. 1932. Adventures of a novelist. New York. Liveright.
Atherton, Gertrude Franklin Horn. 1946. My San Francisco: A Wayward Biography. Indianapolis; New York. The Bobbs-Merrill company .
Forrey, Carolyn. 1976. “Gertrude Atherton and the New Woman”, California Historical Quarterly 15 (3). 195-209.
Leider, Emily Wortis. 1991. California's Daughter: Gertrude Atherton and Her Times. Stanford, CA. Stanford UP.
McClure, Charlotte S. 1979. Gertrude Atherton. Boston. Twayne.
Notable American Women: A Biographical Dictionary. 1971. Hg. Edward T. James, Janet Wilson James & Paul S. Boyer. 3 Bde. Cambridge, MA. The Belknap Press of Harvard UP.
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