Biographien Luise Großherzogin von Baden
(vor der Heirat: Luise (Marie Elisabeth) Prinzessin von Preußen )
geboren am 3. Dezember 1838 in Berlin
gestorben am 23. April 1923 in Baden-Baden
deutsche Sozialpolitikerin und Wohltäterin
185. Geburtstag am 3. Dezember 2023
Biografie • Zitate • Weblinks • Literatur & Quellen
Biografie
Die preußische Prinzessin Marie Elisabeth war die einzige Tochter der Bismarck-Gegnerin Kaiserin Augusta Augusta von Sachsen-Weimar und des (ab 1871) ersten deutschen Kaisers Wilhelm I. Der unglückliche “100-Tage-Kaiser” Friedrich III., war ihr Bruder, dessen Sohn, Kaiser Wilhelm II., ihr Neffe, Königin Luise von Preußen ihre Großmutter (väterlicherseits).
Luise muss eine Art ruhender Pol in dieser Familie eigenwilliger Persönlichkeiten gewesen sein. Von ihr berichtet jeder nur Gutes. Ihre Popularität bis in ihr Alter und bis in die zwanziger Jahre dieses [des 20.] Jahrhunderts hinein ist legendär. Ja, man hat den Eindruck, als ob die zweifellos profiliertere Persönlichkeit der Kaiserin Augusta noch von der schattenlosen Beliebtheit ihrer Tochter mit angestrahlt werde.
(Fiedler-Winter, S. 89)
Die kleine Luise wuchs in Berlin auf, bis ihr Vater zum Generalgouverneur des Rheinlandes und Westfalens ernannt wurde und die Familie 1852 ins kurfürstliche Schloss nach Koblenz umzog.
Augusta achtete auf eine umfassende Erziehung ihrer Tochter, zu welcher neben dem üblichen Privatunterricht die Ausbildung von sozialen Tugenden gehörte. Besuche von Krankenhäusern, Waisenhäusern und die Teilnahme an Wohltätigkeitsveranstaltungen standen mit auf dem Programm. Den Sommer verbrachte die königliche Familie in Baden-Baden, wo Luise den Prinzregenten Friedrich von Baden kennen lernte. 1856, nach seiner Proklamation zum Großherzog von Baden, heirateten sie. Auch als Großherzogin widmete sich Luise weiterhin sozialen Aufgaben.
1859 drohte ein Konflikt zwischen Preußen, Österreich und Italien militärisch zu eskalieren. Ein Übergriff auf Südwestdeutschland wurde befürchtet. Zahlreiche Frauen aus Karlsruhe und Freiburg reagierten darauf mit der Gründung patriotischer Hilfsorganisationen. Die 21jährige Luise unterstützte sie und wandte sich an den Innenminister, der einen Organisationsplan zur Erfassung dieser Initiativen entwickelte. Luise berief eine Versammlung der engagierten Bürgerinnen ein und gründete mit ihnen ihr „Lebenswerk“, den Badischen Frauenverein, „der bis ins zwanzigste Jahrhundert hinein als der am besten organisierte Verband der Kranken- und Wohlfahrtspflege galt“. (Fiedler-Winter, S. 92) Unter Luises Protektorat entwickelte sich ein Netz von Hilfseinrichtungen über ganz Baden. In Kriegszeiten sollten diese sich um die Pflege der Verwundeten und die Versorgung der Witwen und Kinder kümmern. Der Krieg konnte abgewendet werden, und so widmeten sich die Vereine der Kinder- und Armenpflege, der Förderung berufstätiger Frauen und der Mädchenbildung. Später kam der Kampf gegen die Tuberkulose hinzu. „Das Engagement der ‚Allerhöchsten Protektorin’ ermöglichte, dass sich aus einzelnen Vereinsgruppen ein flächendeckendes Netz entwickelte, dessen Einrichtungen und Angebote ... zum gesellschaftlichen ‚Muss‘ für die Damen (und Herren) der Gesellschaft wurden - laut einer Reichsstatistik zum Frauenvereinswesen aus dem Jahre 1908 waren 90 % aller Frauen im Großherzogtum Vereinsmitfrau.“ (Weidle)
1864 wurde die erste Genfer Konvention „betreffend die Linderung des Loses der im Felddienst verwundeten Militärpersonen“ von zwölf Staaten angenommen, darunter auch Baden. Die Großherzogin nahm die Idee einer Schwesternschaft für alle, ob Freund oder Feind, auf und propagierte das Tragen der Rot-Kreuz-Binde als Ausdruck gemeinschaftlicher Aktivität. So entwickelte sich der Badische Frauenverein zu einer von der Genfer Konvention anerkannten Hilfsorganisation, aus der später das Deutsche Rote Kreuz hervorging. 1867 erhielt Luise dafür auf der ersten Internationalen Konferenz des Roten Kreuzes in Paris die goldene Ehrenmedaille.
Im Landesarchiv Karlsruhe lagern Briefe und Akten, die die Arbeitsgebiete der Großherzogin dokumentieren. 1870 richtete sie ein Privatsekretariat ein, das sogenannte Geheime Kabinett, dessen Aufgaben laut ihrem Ehemann darin bestanden „sämtliche Petitionsangelegenheiten zu behandeln, den Verkehr mit den Ministerien zu vermitteln und einen Fonds zur Bewilligung der Unterstützungsgesuche zu verwalten“. Für das Privatsekretariat der Großherzogin wurde ein eigener Privatsekretär eingestellt. Luises Engagement ging also über ein mildtätiges Ehrenamt weit hinaus – sie machte Politik, und zwar eigenständig und selbstbewusst, ganz wie ihre Mutter. Dass Friedrich I. die Aktivitäten seiner Frau gestattete und guthieß, deutet auf ein harmonisches und respektvolles Verhältnis des Ehepaars hin.
Die beiden verbrachten gern Zeit auf ihrem Sommersitz, der Insel Mainau. Nach Friedrichs Tod im Jahre 1907 unterhielt Luise dort eine Art Mausoleum für ihren verstorbenen Mann.
Luise und Friedrich hatten drei Kinder: Friedrich II. (1857-1928), Sophie Marie Viktoria (1862-1930) und Ludwig Wilhelm (1865-1888). Ludwig Wilhelm heiratete die russische Großfürstin Maria Pawlowna Romanowa. Aus dieser Ehe ging Lennart Bernadotte hervor, der nach der Scheidung seiner Eltern von seiner Großmutter Viktoria erzogen wurde. Lennart verzichtete für seine Ehe mit einer bürgerlichen Frau auf die Thronfolge und ließ sich 1932 auf der Mainau nieder, die er von seinem Urgroßvater geerbt hatte und baute die Insel zu einer Touristenattraktion aus. Sophie Maria Viktoria heiratete König Gustav V. von Schweden und wurde so schwedische Königin. Ihr ältester Sohn Gustav VI. ist der Großvater des aktuellen schwedischen Königs Carl Gustav XVI. und die Großherzogin Luise eine direkte Vorfahrin der schwedischen Kronprinzessin Victoria. Hätte es die weibliche Thronfolge für Deutschland im Jahre 1888 gegeben, so hätte das Land statt des komplexbeladenen, säbelrasselnden Wilhelm II. die mildtätige Luise als Kaiserin bekommen. Die Geschichte des 20. Jahrhunderts wäre wahrscheinlich entsprechend anders verlaufen.
(Text von 2022)
Verfasserin: Karin Müller
Zitate
Nicht wahr, wenn Sie noch jemanden wissen, dem ich helfen kann, so sagen Sie es mir.
(Äußerung von Großherzogin Luise von Baden zu ihrem Arzt an ihrem Todestag)
Links
https://de.wikipedia.org/wiki/Luise_von_Preußen_(1838–1923)
Literatur & Quellen
Fiedler-Winter, Rosemarie. 1967. Engel brauchen harte Hände: Vom Wirken bedeutender Frauen. Düsseldorf; Wien. Econ.
Morgenstern, Lina. Hg. 1888-91. Die Frauen des 19. Jahrhunderts: Biographische und culturhistorische Zeit- und Charactergemälde. Mit Illustrationen. Berlin. Verlag der deutschen Hausfrauenzeitung.
Scheidle, Ilona: “Großherzogin Luise von Baden – eine politische Biographie”. In Positionen 24. Hrsg. vom Verband Württembergischer Wissenschaftlerinnen, Seiten 29-34. Online: https://archiv.ub.uni-heidelberg.de/volltextserver/3759/1/scheidle.pdf
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