Moralschaden (Moral Injury)
In der vergangenen Woche brachte der Bostoner Sender WBUR eine fünfteilige Serie zum Thema „moral injury“, einem Leiden, das immer mehr Soldaten (eine Soldatin war auch unter den Betroffenen) zu schaffen macht, ja sie quält bis zum Selbstmord. Es ist nicht dasselbe wie PTSD (Post Traumatic Stress Disorder). Bei der Frage, wie denn der neue Begriff zu übersetzen wäre, kam ich durch die detaillierten Beschreibungen auf Wörter wie „Schuldgefühl“, „Gewissensnot“, „Gewissensqual“. Die Betroffenen leiden unter Gewissensqualen wegen der Taten, zu denen sie im Krieg gezwungen wurden - aber nicht…
Das Wort “bemannen” ist männerfeindlich
Heute vor 50 Jahren flog die erste Frau ins All, die 26jährige sowjetische Kosmonautin Walentina Tereschkowa. Die Neue Zürcher Zeitung gedenkt des epochemachenden Ereignisses mit einem lesenswerten Artikel von Julia Richers, Professorin für osteuropäische Geschichte an der Uni Bern. So weit, so gut. Aber was soll frau sich denken bei dem Titel, der der NZZ dazu eingefallen ist: „Mit Frau bemannt“?
Eine Schweizer Leserin meiner Glossen machte mich auf diesen Affront aufmerksam: Sie schrieb mir:
Inzwischen bin ich an meinem Arbeitsplatz und in meiner Umgebung vielleicht nicht gerade…
Nachdenken über unsere Männersprache: Zum generischen Femininum der Uni Leipzig
Professorin, Studentin, Mitarbeiterin: Weibliche Bezeichnungen sollen an der Uni Leipzig künftig auch für Männer gelten. Doch führt das auch zu mehr Gleichberechtigung? Ein Interview der Deutschen Welle mit der Linguistin Luise Pusch.
(Die leicht gekürzte Fassung des Interviews findet sich hier bei der Deutschen Welle).
In der deutschen Öffentlichkeit wird seit 30 Jahren über das Thema Geschlecht und Sprachgerechtigkeit gestritten. In den 1980er Jahren wurden deshalb Doppelformen wie "Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen" in Deutschland eingeführt. Die Uni Leipzig geht mit der geplanten…
Das Weib schweige in der deutschen Literatur!
Frauenbild
Aus der Stadtbibliothek brachte ich mir Heinz Ludwig Arnolds „Gespräche mit Schriftstellern“ mit - die beiden ersten von insgesamt drei MP3-CDs. Auf einem Cover ist Arnold im Gespräch mit Böll, auf dem andern mit Rühmkorf zu sehen. 40 Stunden Gespräche aus den Jahren 1970 bis 1979. Damals lebten Ingeborg Bachmann, Ingeborg Drewitz, Marieluise Fleißer, Christa Reinig, Mascha Kaleko und Marie Luise Kaschnitz noch - wie gerne hätte ich ein dreistündiges Gespräch mit ihnen gehört, wie wir es in Arnolds Sammlung etwa mit Frisch oder Dürrenmatt serviert bekommen. Aber Fehlanzeige. Mit…
“Homo-Ehe”, “Verpartnerung” und andere Unwörter
Aus Wir machen uns unsere Sprache selber: Ein Feminar. Neunundfünfzigste Lektion.
Vorbemerkung: Das Unwort "Homo-Ehe" geistert in letzter Zeit derart häufig unwidersprochen durch alle medialen Kanäle, dass mir die Ohren wehtun. Ich plädiere dafür, es als Unwort des Jahrzehnts zu brandmarken. Würden die Medien plötzlich das alte Wort "Mischehe" für Ehen zwischen jüdischen und nichtjüdischen Menschen oder zwischen Schwarzen und Weißen wieder aufwärmen - der Aufschrei "Unwort" würde auf dem Fuße folgen, zu Recht.
Alternativen zu "Homo-Ehe" habe ich vor bald 12 Jahren in meiner Glosse…