Fembio Specials Frauen aus Hannover Doris Dörrie
Fembio Special: Frauen aus Hannover
Doris Dörrie
geboren am 26. Mai 1955 in Hannover
deutsche Regisseurin, Produzentin und Schriftstellerin
65. Geburtstag am 26. Mai 2020
Biografie • Literatur & Quellen
Biografie
“Der blaue Rock ist zu blau und der rote Pullover ist zu rot”, sagt Lotta, “ich will das Prinzessinnenkleid anziehen.” In ihrem ersten Kinderbuch (1998) – übrigens zauberhaft bebildert von Julia Kaergel – läßt Doris Dörrie Mutter und Tochter in prächtigen Kleidern mit einer Krone auf dem Kopf mit der Straßenbahn zur Arbeit und in den Kindergarten fahren. Diese Szene kann als exemplarisch für Dörries Philosophie gelten: spielen, sich verkleiden, querdenken, Grenzen überschreiten, Ernstes in Leichtfüßiges verwandeln, eigenwillige Wege suchen, unterwegs sein …
Doris Dörrie trampte in der Sowjetunion, fuhr durch Südamerika, war häufig in Asien unterwegs (“Rucksack habe ich immer abgelehnt”). Es sind auch Reisen zu sich selbst, die dann in ihren Filmen und Büchern wiederkehren.
Sie wuchs in Hannover als Tochter einer Arztfamilie auf und studierte nach dem Abitur von 1973 -1975 Theaterwissenschaft und Schauspiel in Kalifornien und New York. Von 1975 bis 1978 studierte sie an der Hochschule für Film und Fernsehen in München.Der erste Walzer heißt ihr erfolgreicher Abschlußfilm dort. Doris Dörrie dreht Kinderfilme (z.B. Paula aus Portugal) und Dokumentarfilme, u.a. das Porträt einer jungen Schäferin: Von Romantik keine Spur. Ihr dritter Kinofilm, die Komödie Männer (1985), wird im In- und Ausland ein überragender Publikumserfolg und macht Doris Dörrie weltweit bekannt.
1989 gründet Dörrie mit FreundInnen die Cobra Filmproduktions GmbH, die ihre nächsten Filme herstellt. Seit 1987 schreibt sie auch, unter anderem Kurzgeschichten, die mehrfach ausgezeichnet werden. Filme und Bücher ergänzen sich nun. So wird aus dem Drama Happy der Film Nackt ( 2002), aus den Kurzgeschichten Für immer und ewig der Film Keiner liebt mich (1993).
Während der Dreharbeiten zu Bin ich schön? (1996) stirbt ihr Mann, der Kameramann Helge Weindler. Erst sechs Jahre später ist Doris Dörrie in der Lage, diesen Verlust in ihrem Roman Das blaue Kleid zu formulieren. Es ist kein Trauer-, sondern ein Trostbuch geworden: Witz und Fantasie führen aus dem Labyrinth. Die Trauerzeremonie auf Bali geht trotz Platzregen unbeirrt weiter … Dieser Blick auf fremde Rituale gibt dem Tod sein Gesicht zurück, durchbricht ein Tabu unserer Gesellschaft.
Mit der Inszenierung der Mozart-Oper Cosi fan tutte in Berlin (2001) wagt sich Doris Dörrie auf fremdes Terrain. Maestro Daniel Barenboim ist begeistert von der Präzision ihrer Arbeit; auch er liebt es, ausgetretene Pfade zu verlassen. Im Januar 2003 nimmt Doris Dörrie den Kulturellen Ehrenpreis der Stadt München entgegen. Es ist ihre neunte Auszeichnung. Sie erhält sie für ihr filmisches Schaffen, ihren Erfolgs-Film Nackt, der bei den Internationalen Filmfestspielen in Venedig zu sehen war. Gleich darauf folgt im März der Deutsche Bücherpreis für Das blaue Kleid.
Doris Dörrie lebt mit ihrer 1989 geborenen Tochter Carla in München. Humor und Selbstironie”, sagt sie, “sind absolut notwendig, um zu überleben.”
Verfasserin: Birgit-E. Rühe-Freist
Literatur & Quellen
Dörrie, Doris. 1995. Bin ich schön?. Zürich. Diogenes.
Dörrie, Doris. 1998. Lotte will Prinzessin sein. Ravensburger Buchverlag.
Dörrie, Doris. 1998. Samsara: Erzählungen. Zürich. Diogenes.
Dörrie, Doris. 2001. Was machen wir jetzt? Zürich. Diogenes.
Dörrie, Doris. 2002. Das blaue Kleid. Zürich. Diogenes.
Dörrie, Doris. 2002. Happy. Zürich. Diogenes.
Pressedossier Doris Dörrie. 2003. Zürich. Diogenes Verlag. Presseabteilung.
Spiegel Online Kultur vom 13.02. 2003
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