Fembio Specials FemBiografien von Swantje Koch-Kanz (1939-2022) Kathleen Ferrier Eintrag im Großen Sängerlexikon
Fembio Special: FemBiografien von Swantje Koch-Kanz (1939-2022)
Eintrag im Großen Sängerlexikon
Ferrier, Kathleen, Alt, * 22.4.1912 Higher Walton (Lancashire), † 8.10.1953 London; sie verlebte ihre Jugend in Blackburn, wollte ursprünglich Pianistin werden, mußte dann aber doch den praktischen Beruf einer Telefonistin ergreifen, den sie lange Jahre ausübte. Man entdeckte ihre Stimme, als sie im Zweiten Weltkrieg vor englischen Soldaten Volkslieder sang. Der Dirigent Sir Malcolm Sargent ermutigte sie, noch mit dreißig Jahren das Gesangstudium zu beginnen. So studierte sie zuerst bei J.H. Hutchinson in Blackburn, dann bei Roy Henderson in London. Sie debütierte 1942 in Newcastle, wo sie das Alt-Solo in der Matthäuspassion von J.S. Bach sang. Seit 1944 hatte sie in England große Erfolge als Oratorien-Altistin. 1946 betrat sie erstmals die Bühne; sie sang bei den Festspielen von Glyndebourne in der Uraufführung der Oper »The Rape of Lucretia« von Benjamin Britten die Titelrolle. 1947 bewunderte man in Glyndebourne ihre erschütternde Darstellung der Titelrolle in Glucks »Orpheus«. Diese beiden Rollen blieben ihre einzigen Opern-Partien. Bald wurde die Künstlerin weltbekannt. Sie sang – hauptsächlich im Konzertsaal – in Wien und Mailand, bei den Festspielen von Salzburg (1949 »Lied von der Erde« von G. Mahler), in Amsterdam und Brüssel, in New York und San Francisco, in Stockholm und Oslo und galt als führende Altistin ihrer Epoche. 1947 sang sie das Alt-Solo in der englischen Erstaufführung der 3. Sinfonie von Gustav Mahler. Altpartien in Werken von Benjamin Britten (»Deuxième Cantique«) und Arthur Bliss (»The Enchantress«) wurden für sie geschrieben und von ihr in den Uraufführungen gesungen. 1949 kreierte sie in Amsterdam B. Brittens »A Spring Symphony«, 1951 seine Kantate »Abraham and Isaac« zusammen mit dem Tenor Peter Pears, ein Werk, das der Komponist eigens für die beiden von ihm hoch geschätzten Sänger geschrieben hatte. Sie wurde mit dem Titel eines Commander of the British Empire ausgezeichnet. Die Karriere der Sängerin wurde durch eine unheilbare Krankheit zu früh unterbrochen. Im Februar 1953 sang sie mit übermenschlicher Anstrengung nochmals an der Covent Garden Oper von London den Orpheus von Gluck. Im Oktober des gleichen Jahres ist sie verstorben. – Altstimme von warmem, samtigem Wohllaut, deren Vortrag eine fast suggestiv zu nennende Wirkung besaß, so daß jede ihrer Interpretationen zu einem unvergeßlichen Erlebnis wurde. Als Bach- und Händel-Sängerin, aber auch im Liedgesang, entwickelte sie Leistungen von größter Eindringlichkeit.
Ihre Schwester Winifred Ferrier beschrieb ihr Leben in »The Life of Kathleen Ferrier« (London, 1955; Neu-Ausgabe als »Kathleen Ferrier, a Memoir«, 1971). Weitere Lit.: Ch. Rigby: »Kathleen Ferrier« (London, 1956); P. Lethbridge: »Kathleen Ferrier« (London, 1959); M.L. Hutchinson: »The Life of Kathleen Ferrier« (London, 1988); M Leonard: »Kathleen« (London, 1988).
Schallplatten: Columbia (hier u.a. Solo in der Matthäuspassion und »Orpheus« von Gluck), Decca (»Lied von der Erde«, »Kindertotenlieder« und 2. Sinfonie von Gustav Mahler, Stabat mater von Pergolesi, Liebesliederwalzer von Johannes Brahms; zahlreiche Lieder von Schubert, R. Schumann, Brahms, Gustav Mahler, Benjamin Britten und englische Volkslieder); 1978 wurde auf HMV eine Aufnahme des »Orpheus« von Gluck vom Holland Festival 1951 herausgebracht mit Kathleen Ferrier in der Titelrolle und den beiden holländischen Sopranistinnen Greet Koeman und Nel Duval.
(Kutsch und Riemens (2004): Großes Sängerlexikon, Bd. 2, S. 1122 ff., (c) Verlag K.G. Saur)
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