Fembio Specials Pionierinnen der Frauenbewegung Adelheid Popp
Fembio Special: Pionierinnen der Frauenbewegung
Adelheid Popp
(Adelheid Popp, geb. Dworschak)
geboren am 11. Februar 1869 in Inzersdorf bei Wien
gestorben am 7. März 1939 in Wien
Begründerin der proletarischen Frauenbewegung in Österreich
85. Todestag am 7. März 2024
Biografie • Literatur & Quellen
Biografie
Adelheid Popp stammte aus einer sehr armen Arbeiterfamilie und musste, nach nur drei Schuljahren, schon als Zehnjährige schwer arbeiten. Ihre Kindheit und Jugend sind gekennzeichnet von Elend, Hunger, Ausbeutung, Demütigung und Verzweiflung. „Kein Lichtstrahl, ... nichts vom behaglichen Heim, wo mütterliche Liebe und Sorgfalt meine Kindheit geleitet hätte, ist mir bewusst“, schreibt sie 1909 in ihrer Autobiographie. Einer ihrer Brüder nimmt sie öfter zu Arbeiterversammlungen mit, und einmal meldet sie sich spontan zu Wort, um über die Situation der Arbeiterinnen zu sprechen. „Als ich die Stufen zum Rednerpult hinaufging, flimmerte es mir vor den Augen und ich spürte es würgend im Halse. Aber ich überwand diesen Zustand und hielt meine erste Rede. Ich sprach von den Leiden, von der Ausbeutung und von der geistigen Vernachlässigung der Arbeiterinnen. Auf letztere wies ich besonders hin, denn sie schien mir die Grundlage aller anderen rückständigen Eigenschaften zu sein ... Aufklärung, Bildung und Wissen forderte ich für mein Geschlecht.“
Ihre Rede erregt großes Aufsehen. Man bittet sie, Artikel zu schreiben, was ihr sehr schwer fällt, denn sie beherrscht weder Orthographie noch Grammatik. Mit eiserner Disziplin holt sie alles nach. Ihr Arbeitspensum ist enorm: Täglich arbeitet sie zwölf Stunden in der Fabrik, liest über den Sozialismus, abends und an den Wochenenden besucht sie Parteiversammlungen und geht of stundenlang zu Fuß, um das Fahrgeld zu sparen. Sie beteiligt sich an der Organisation eines Frauenstreiks: 600 Appreturarbeiterinnen fordern den Zehnstundentag. Daraufhin wird sie von der Geheimpolizei bespitzelt und kommt mehrmals ins Gefängnis. Engels und Bebel schätzen sie sehr, beide besuchen Popp in ihrer ärmlichen Vorstadtwohnung. Sie ist Mitbegründerin und verantwortliche Redakteurin der Arbeiterinnen-Zeitung. 1902 gründet sie den Verein sozialdemokratischer Frauen und Mädchen; 1909 erscheinen – zunächst anonym - ihre Kindheitserinnerungen Die Jugendgeschichte einer Arbeiterin. Schon im Erscheinungsjahr wird das Buch dreimal aufgelegt, es folgen zahlreiche weitere Auflagen und Übersetzungen in viele europäische Sprachen.
1918 wird Adelheid Popp in den Parteivorstand der SPÖ und in den Wiener Gemeinderat gewählt; von 1919 bis 1934 ist sie Abgeordnete im österreichischen Parlament und übernimmt als Nachfolgerin von Clara Zetkin den Vorsitz im „Internationalen Frauenkomitee“. Adelheid Popp hat ihr Leben lang für die Gleichberechtigung der Frauen gekämpft. Ihre eigene Sehnsucht nach einem menschlicheren Leben hat sie in politisches Handeln umgesetzt.
(Text von 1988)
Verfasserin: Sibylle Duda
Literatur & Quellen
Brinker-Gabler, Gisela, Karola Ludwig & Angela Wöffen. 1986. Lexikon deutschsprachiger Schriftstellerinnen 1800-1945. München. dtv TB 3282.
Frauenbilder aus Österreich: Eine Sammlung von zwölf Essays. Hg. vom Bund österr. Frauenvereine. Wien. Obelisk. 1955.
Goodman, Katherine R. 1986. Dis/Closures: Women's autobiography in Germany between 1790 and 1914. New York; Bern; Frankfurt/M. Peter Lang.
Leitner, Thea. 1994 [1991]. Fürstin, Dame, Armes Weib: Ungewöhnliche Frauen im Wien der Jahrhundertwende. München. Serie Piper 1864.
Popp, Adelheid. 1980 (3. Aufl.). Jugend einer Arbeiterin. Hg. und eingel. von Hans J. Schütz. (Neudruck). Berlin, Bonn, Bad Godesberg. J.H.W. Dietz Nachf.
Weiland, Daniela. 1983. Geschichte der Frauenemanzipation in Deutschland und Österreich. Biographien, Progamme, Organisationen. Hermes Handlexikon. Düsseldorf. Econ TB.
Universität Wien (Kurzbiografie und ausführliche Bibliographie)
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