Fembio Specials Pionierinnen der Frauenbewegung Louise Otto-Peters
Fembio Special: Pionierinnen der Frauenbewegung
Louise Otto-Peters
(Pseudonym: Otto Stern)
geboren am 26. März 1819 in Meißen
gestorben am 13. März 1895 in Leipzig
Gründerin der deutschen Frauenbewegung; Schriftstellerin und Journalistin
Biografie • Literatur & Quellen
Biografie
In der Frauenbewegung des 19. Jahrhunderts, mit dem Eintreten für Frauenrechte und für die Mitwirkung von Frauen in der Gesellschaft und den politischen Willensbildungs-Prozessen, steht der Name von Louise Otto in der ersten Reihe, wenn nicht an erster Stelle.
Sie stammt aus guter Meißner Familie, der Vater Fürchtegott Wilhelm Otto ist Gerichtsdirektor und die Mutter Christiane Charlotte ist Tochter des Porzellanmalers Matthäi. Mit ihren drei Schwestern genießt sie eine entsprechende Erziehung und Bildung, die im Schulbesuch bis zur Konfirmation mit 14 Jahren reicht; danach bildet sie sich autodidaktisch weiter. Mit 16 verliert sie beide Eltern, die an Tuberkulose sterben, und wird von einer Tante im Haus der Eltern gemeinsam mit den Schwestern betreut.
Sie schreibt erste Gedichte und tritt mit „Einst und jetzt“ anlässlich der Eröffnung der Eisenbahnverbindung Leipzig-Dresden an die Öffentlichkeit, darin mündet die Ambivalenz zwischen guter alter Zeit und industriellem Fortschritt im Ruf nach Verbindung der Völker in Freiheit: „Erwacht! Erwacht!“.
Als sie 1840 anlässlich eines Besuches bei ihrer Schwester in Oederan die Arbeitsbedingungen der Heimarbeiterinnen im Erzgebirge kennenlernt und darüber ein sozialkritisches Gedicht „Die Klöpplerinnen“ im „Oederaner Stadtanzeiger“ veröffentlicht, das nachdrücklich die Not und das Elend der Frauen und Kinder beklagt, die durch die repressiven Produktions- und Vermarktungsweisen des Frühkapitalismus und der neuen Industrie hervorgerufen werden, ist sie im Fokus der reaktionären Obrigkeit. 1841 stirbt ihr Verlobter, der Dresdner Publizist und Jurist Gustav Müller, und Louise Otto beginnt ihre breiten publizistischen – auch unter dem Pseudonym Otto Stern – und frauen-politischen Aktivitäten.
Das Genre der sog. Frauenromane, von ihr geschickt mit sozialkritischen Themen rund um die Schwerpunkte Frauenrechte, Frauenarbeit, kapitalistische Ausbeutung von Frauen, Zugang zur Bildung für Frauen etc. verknüpft, bringt große Erfolge, Verbote durch die Zensur und noch größeren Erfolg. Ihre ersten Romane sind „Ludwig der Kellner“ (1843) und „Schloss und Fabrik“ (1846). Daneben tritt sie mit einem Opernlibretto „Die Nibelungen“ (1845) sowie einer Sammlung politischer Gedichte „Lieder eines deutschen Mädchens“ (1847) an die Öffentlichkeit; die Gedichte bringen ihr den Beinamen „Lerche des Völkerfrühlings“ ein. All dies wird begleitet durch Essays und Reden zur Stellung der arbeitenden Frauen, zu den Rechten und Pflichten der Frauen in Politik und Gesellschaft, z.B. in der „Adresse eines Mädchens an den hochverehrten Minister Oberländer, an die von ihm berufene Arbeiterkommission und an alle Arbeiter“ in der „Leipziger Arbeiter-Zeitung“ vom 20. Mai 1848. Sie wird zum Sprachrohr der Frauen des Vormärz. Ihr aktives Eintreten für die März-Revolution und für die Aktivitäten von Robert Blum, in dessen „Sächsischen Vaterlandsblättern“ sie seit 1843 publiziert – die Zeitung wird 1845 verboten – und mit dem sie brieflich und persönlich in Kontakt steht, führt sie ins Umfeld der Revolution. Als Blum im Herbst 1848 in Wien standrechtlich erschossen wird, ist sie entsetzt und verstärkt in der Zeit nach dem Scheitern der Paulskirche ihre Aktivitäten, den Frauen in der Demokratiebewegung eine eigenständige und geeinte Stimme zu verschaffen. Ihrer „Frauen-Zeitung“ ist erst in Leipzig, dann in Gera durch zunächst sächsisches, dann preußisches Verbot für Frauen, eine Zeitung zu führen, schnell das Aus beschieden.
Ihr Briefkontakt ab den frühen 40ern mit dem Revolutionär, Erzähler und Redakteur August Peters, der ab 1848 in Leipzig das revolutionär-demokratische Wochenblatt „Die Barrikade“ herausgibt, vertieft sich, und als dieser wegen seiner Beteiligung an den revolutionären Kämpfen 1848/49 zu sechs Jahren Einzelhaft verurteilt wird, verlobt sie sich im Bruchsaler Gefängnis 1849 mit ihm. Nach seiner Überstellung zur Reststrafe nach Sachsen und Begnadigung 1856 heiraten die beiden am 24. November 1858 im Meißener Dom. Sie gibt in der Folge mit ihm die „Mitteldeutsche Volkszeitung“ heraus, verantwortet dort das Feuilleton, und schreibt weiter Essays, Rezensionen und Romane. Mitte 1864 stirbt August, und Louise stürzt sich in die Organisation Deutscher Frauenvereine, deren Begründung, Aufbau und Festigung die restlichen 30 Jahre ihres Lebens gewidmet sind. Sie ist bis ins hohe Alter mit Romanen, historischen Abhandlungen, einer autobiografischen Lyriksammlung „Mein Lebensgang. Gedichte aus fünf Jahrzehnten“ und Veröffentlichungen zur Stellung der Frauen schriftstellerisch tätig.
An der Gründung des „Leipziger Frauenbildungsvereins“, der Einberufung der ersten „Deutschen Frauenkonferenz“ 1865 nach Leipzig und des daraus entstehenden „Allgemeinen Deutschen Frauenvereins (ADF)“, dessen erste Vorsitzende sie fast bis zum Lebensende sein wird, ist sie maßgeblich beteiligt. 1890 initiiert sie den „Leipziger Schriftstellerinnen Verband“, die erste Vereinigung schreibender Frauen, bevor sie fünf Jahre später hochverehrt kurz vor ihrem 76. Geburtstag in Leipzig stirbt.
Ihre kompromisslose, klare Haltung mag ein Zitat aus einer ihrer populärsten frauenpolitischen Schriften verdeutlichen: „Unter den Proletariern muß Jeder arbeiten, der nicht verhungern will. Es heißt zwar immer und überall: der Mann ist der Ernährer der Familie, der Erwerber, die Frau hat nur zu erhalten; – aber wo, wie in den untersten Ständen, der Mann oft kaum genug verdienen kann, das eigne Leben zu fristen, da muß die Frau auch für das ihrige selbst sorgen und die Kinder, Knaben und Mädchen, auch wieder, wenn sie groß genug sind um etwas verdienen zu können. Die Frauen, welche für den Tagelohn die gröbsten Arbeiten verrichten, bekommen einen geringeren Tagelohn als Männer, welche ebenfalls auf Tagelohn arbeiten.“ Das Recht der Frauen auf Erwerb. Hamburg (Hoffmann und Campe) 1866.
(Text von 2024 aus dem Buch “...immer Luise” von Siegfried Carl; mit freundlicher Genehmigung des Verfassers).
Verfasserin: Siegfried Carl
Louise Otto-Peters, von Ruth-Ellen Boetcher Joeres (1993)
Literatur & Quellen
Joeres, Ruth-Ellen Boetcher. 1983. Die Anfänge der deutschen Frauenbewegung: Louise Otto-Peters. Frankfurt/M. Fischer TB 3729.
Koepcke, Cordula. 1981. Louise Otto-Peters: Die rote Demokratin. Freiburg i. Br. Herderbücherei 855.
Louise Otto-Peters: Ihr literarisches und publizistisches Werk. Katalog zur Ausstellung, hg. im Auftrag der Louise-Otto-Peters-Gesellschaft e.V. von Johanna Ludwig & Rita Jorek. Leipzig 1995. Leipziger Universitätsverlag.
Metzler Autorinnen Lexikon. Hg. Hechtfischer, Ute, Renate Hof, Inge Stephan & Flora Veit–Wild. 1998. Stuttgart; Weimar. Metzler. 1998.
Otto, Christine. 1995. Variationen des “poetischen Tendenzromans”: Das Erzählwerk von Louise Otto-Peters. Pfaffenweiler. Centaurus.
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