Fembio Specials Frauenbeziehungen Sophie Höchstetter
Fembio Special: Frauenbeziehungen
Sophie Höchstetter
geb. 15. August 1873 in Pappenheim, Franken
gest. 4. April 1943 in Dachau
deutsche Schriftstellerin
150. Geburtstag am 15. August 2023
Biografie • Zitate • Literatur & Quellen
Biografie
»Bücher, die Zeugen der verschollenen Leidenschaften«, wie eine ihrer Romanfiguren sagt, waren für Sophie Höchstetter wichtig. Fast fünfzig Bücher (Romane und Novellen) hat sie zwischen 1896 und 1941 publiziert: historische Romane, Romane aus ihrer fränkischen Heimat und Liebesgeschichten. Allerdings erscheint diese Aufteilung willkürlich, verband Höchstetter doch alle drei gekonnt. Heute noch bieten sie unterhaltsame Lektüre, da präzise Beobachtung und spannende Handlung in einer Sprache zum Ausdruck kommt, die bisweilen spielerisch, witzig und selbstironisch ist.
Ihre Heimatstadt Pappenheim in Franken ernannte Sophie Höchstetter zur Ehrenbürgerin und benannte eine Straße nach ihr, obwohl sie sich nicht gescheut hatte, den ersten Roman ihrer Freundin zu widmen und in der äußeren Erscheinung »männlich« aufzutreten mit kurzgeschnittenem Lockenkopf und steifen Kragen mit Schleifen unter dem Kinn.
Zusammen mit ihrer Freundin, der Schriftstellerin Toni Schwabe (1877-1951) saß sie zudem 1916 im erweiterten Vorstand des Wissenschaftlich-humanitären Komitees (WHK), das sich für die Interessen der Homosexuellen einsetzte. 1908 veröffentlichte sie im Jahrbuch für sexuelle Zwischenstufen, das vom WHK herausgegeben wurde, ein Porträt der Königin Christine von Schweden, in dem Zeitgenossen zitiert wurden, die von Christines Androgynität und ihrer Liebe zur Hofdame Ebba Sparre berichteten.
Später schrieb sie auch Biographien der Schriftstellerin Frieda von Bülow und der preußischen Königin Luise. Sophie Höchstetter lebte mit Toni Schwabe und in späteren Jahren mit der Schriftstellerin Carola von Crailsheim (1895-1984) zusammen, sommers in Pappenheim, winters in Berlin und im Frühling und Herbst in Dornburg.
Liebe, Arbeit und soziales Engagement durch Schreiben sind die zentralen Themen der Werke Sophie Höchstetters. Liebe, die durch Schranken des Standes (Die Verstoßenen), der Religionszugehörigkeit (Max Mühlen) und durch Sitten (Das Krongut) begrenzt wird - oder auch erfüllte Liebe, die bis zur Selbstaufgabe führt. Wichtig ist die Freundschaft, die mit Geschwisterliebe verglichen wird. Dargestellt wird, wie die Ehe als Institution die Liebe der einzelnen überformt und dem Mann das Recht des Herrschers gibt. In Sehnsucht, Schönheit, Dämmerung (1898/1909) wird die künstlerische Produktion von Frauen mit der Liebe zwischen Frauen verbunden, während die erfüllte Liebe zu einem Mann zur Hingabe der Frau führt, die dafür ihr Werk vernichtet und schließlich sich selbst umbringt.
Sie fühlte ihre Liebe wie ein Versinken – wie wenn alle Lebenskraft in ihr zu ihm überginge – wie wenn ihr heißes rotes Blut sich in glühendem Strome in sein Herz ergösse. Ein Wahnsinn von Hingabe – ein Wahnsinn von Selbstauflösung.
(Text von 1992)
Verfasserin: Madeleine Marti
Zitate
Ich habe einem Menschen mein ganzes Herz geschenkt. Dieser Mensch ist eine – Freundin. Sie werden nicht lächeln darüber, sonst würde ich ja nicht sprechen. Aber verstehen Sie mich? Es ist in mir kein heißeres Gefühl, das ich einem anderen Menschen geben könnte – gleichgültig, ob es nun Mann oder Frau wäre.
(Aus: Sehnsucht, Schönheit, Dämmerung, 1898/1909)
Literatur & Quellen
Werke von Sophie Höchstetter (Auswahl)
1911. Passion. Berlin, S. Fischer.
1913. Das Herz. Arabesken um die Existenz des Georg Rosenkreutz. Dresden, Leipzig, C. Reissner
1917. Die Freiheit. Berlin. A. Scherl
1921. Frau Hüttenrauchs Witwenzeit. Berlin, A. Scherl
1924. Das Kind von Europa: Die Geschichte des Kaspar Hauser. Nürnberg, J.L. Schrag
1926. Königin Luise. Historischer Roman. Berlin. R. Bong
1928. Königskinder. Leipzig, K.F. Koehler
1930. Die wunderliche Erbschaft. Roman. Berlin. Volksverband der Bücherfreunde. Wegweiser-Verlag.
1930. Louis Ferdinand. Leipzig. Koehler & Amelang
1937. Caroline und Lotte: Roman um Friedrich Schiller. Leipzig. Koehler & Amelang
1941. Im Tauwind, Roman aus dem Bayreuth um 1813. Leipzig. O. Beyer
Sekundärliteratur
Brinker-Gabler, Gisela, Karola Ludwig & Angela Wöffen. 1986. Lexikon deutschsprachiger Schriftstellerinnen 1800-1945. München. dtv TB 3282.
Budke, Petra & Jutta Schulze. 1995. Schriftstellerinnen in Berlin 1871 bis 1945: Ein Lexikon zu Leben und Werk. Berlin. Orlanda.
Große Frauen der Weltgeschichte: Tausend berühmte Frauen in Wort und Bild. o.J. Wiesbaden. R. Löwit.
Kokula, Ilse. 1989. “Sophie Höchstetter (1873-1943)”, Ariadne 14 (1989), S. 16-21.
Meidinger-Geise, Inge. Hg. 1985. Frauengestalten in Franken. Weidlich. Würzburg.
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