Fembio Specials Berühmte Schweizerinnen Lisa Della Casa
Fembio Special: Berühmte Schweizerinnen
Lisa Della Casa
(Lisa Elsa Della Casa; Lisa Debeljevic [Ehename])
geboren am 2. Februar 1919 in Burgdorf, Schweiz
gestorben am 10. Dezember 2012 in Münsterlingen, Schweiz
Schweizer Opernsängerin (Sopran)
105. Geburtstag am 2. Februar 2024
Biografie • Zitate • Weblinks • Literatur & Quellen • Bildquellen
Biografie
Lisa Della Casa – ihr Name klingt wie die Synthese von Poesie und Musik. »Sie ist eine Poetin auf der Bühne«, schwärmte Jean Cocteau, und Richard Strauss entdeckte sie schon früh als seine »Arabellissima«. Als sie 1974 im Alter von 55 Jahren überraschend ihre Karriere beendete, reagierte die Opernwelt mit Fassungslosigkeit. Heute, mehr als drei Jahrzehnte nach ihrem letzten glanzvollen Auftritt, ist sie unvergessen und zählt nach wie vor zu den bedeutendsten Sopranistinnen aller Zeiten.
Lisa Della Casa wurde am 2. Februar 1919 in Burgdorf in der Schweiz geboren. Im Alter von fünf Jahren stand sie zum ersten Mal auf der Bühne des Casino-Theaters in Burgdorf – zusammen mit ihrem Vater, einem Augenarzt mit großer Leidenschaft für Oper und Theater. Als junges Mädchen besuchte sie eine »Salome«-Aufführung und war tief beeindruckt. Sie erzählt: »Die Oper hat mich einfach umgehauen – aber in erster Linie wegen des Schleiertanzes. Nur um ihn einmal tanzen zu können, wünschte ich mir sehnlichst, singen zu lernen.« In diesem Wunsch wurde sie von ihrem Vater aktiv unterstützt.
1941 debütierte sie als Cio-Cio-San in »Madama Butterfly« am »Städtetheater Solothurn-Biel«. 1943 erhielt sie ein Engagement an der Züricher Oper, wo sie bis 1950 auftrat. 1947 sang sie bei den »Salzburger Festspielen« die Zdenka in Richard Strauss' Oper »Arabella« – ein Meilenstein ihrer Karriere, durch den sie international bekannt wurde. Schon nach den ersten Proben prophezeite Richard Strauss: »Die Kleine wird eines Tages meine Arabella sein.«
Und tatsächlich sollte Lisa Della Casa zur Idealbesetzung der Arabella, der »Arabellissima« avancieren, von der es 1958 in der Neuen Zürcher Zeitung hieß: »In Lisa Della Casa besitzen wir, besitzt die Welt eine unübertreffliche Arabella. Von allen ihren Rollen ist diese der klugen, schönen und stimmlich so begnadeten Sängerin an den Leib gewachsen. Zudem bewegt sie sich im Element der Oper auf natürlichste Weise, schafft die Illusion, dass der Gesang das eigentliche Verständigungsmittel der Menschen sei, kurz, meistert ein Medium, das in solcher Vollkommenheit nur die Callas beherrschte, wäre die Callas je so mühelos bei der Stimme wie die Della Casa.«
Auch ihre Kollegin Anneliese Rothenberger schwärmt: »Lisa Della Casa ist die Arabella aller Zeiten und sie wird es bleiben. Da kam alles zusammen: ihr Auftreten war genauso, wie man sich die Arabella vorstellt. Alles hat gestimmt. Wunderschön, fantastisch gesungen, hochmusikalisch, eine gute Schauspielerin – was wollen Sie noch? Sie war geboren, um Arabella zu sein.«
In dieser Auffassung findet sie Unterstützung von Renée Fleming. Die amerikanische Sopranistin singt heute viele der Partien, mit denen Lisa Della Casa ihren Ruhm begründet hat, allen voran die Figaro-Gräfin und Arabella. Sie bekennt: »Lisa Della Casa ist mein Vorbild für Arabella: ich höre ihr seit langem immer wieder zu. Momentan habe ich sie sogar auf meinem iPod. Ich finde, die Rolle entspricht ihr vollkommen. Ihr Timbre ist einfach so schön, aber es ist auch vor allem die Art und Weise, wie sie die Rolle spielt, die ich so bewundere. Es ist kein Zufall, dass die Arabella ihre Paraderolle war. Es ist die wichtigste Rolle für Lisa Della Casa, weil sie sie wahrscheinlich am besten gesungen und am besten gespielt hat, so dass man noch Jahrzehnte später gesagt hat und sagen wird: Schade, dass wir nicht mehr Lisa Della Casa als Arabella haben können.«
In nur wenigen Jahren eroberte Lisa Della Casa als gefeierte Primadonna die großen Opernhäuser der Welt: die Mailänder Scala, die New Yorker Metropolitan Opera, das Teatro Colon von Buenos Aires, die Oper in London Covent Garden, die Grand Opera Paris sowie die Opernhäuser von Wien, München, Rom, San Francisco und Chicago. Ihr Repertoire umfasste etwa 60 verschiedene Rollen – neben ihrer Glanzrolle der Arabella. Nacheinander sang sie alle weiblichen Rollen im »Rosenkavalier«.
Lisa Della Casa erhielt zahlreiche Auszeichnungen. Unter anderem wurde sie Kammersängerin der Staatsoper München sowie Kammersängerin und Ehrenmitglied der Staatsoper Wien. 1959 ehrte man sie in Paris als beste Sängerin des Jahres. 1967 empfing sie den »Reinhardt-Ring« der »Schweizerischen Gesellschaft für Theaterkultur« und 1969 das »Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst erster Klasse«. 1949 heiratete Lisa Della Casa den jugoslawischen Journalisten, Kunsthistoriker und Musikwissenschaftler Dragan Debeljevic, der ihre Karriere unterstützte und in seinem Buch »Ein Leben mit Lisa Della Casa« (1975) auf sehr persönliche Weise eindrucksvoll dokumentierte.
1951 wurde ihre Tochter Vesna-Rajka geboren. 1960 erlitt Lisa Della Casa eine Fehlgeburt. Sie selbst bezeichnete es als ein Opfer für die Kunst, das zu groß war. Ihre Konsequenz: In dem Moment, in dem Kunst und Leben für sie zu einem unauflösbaren Gegensatzpaar wurden, entschied sie sich für das Leben. 1974 verließ sie die Opernbühne endgültig. Es hieß, sie habe sich zurückgezogen, um sich ganz ihrer Familie widmen zu können. Sie selbst sagte dazu: »Ich bin nie Sängerin aus Leidenschaft gewesen. Ich vermisse meinen Beruf nicht«. Ihr Mann berichtet, er habe danach nie mehr – live - ihre Singstimme zu hören bekommen. Mehr noch, Lisa Della Casa habe danach nie wieder ein Opernhaus betreten.
Lisa Della Casa sprach selbstbewusst und ohne Sentimentalität über ihre Karriere. Was sie über die Oper und das Singen zu sagen hatte, war klug und poetisch zugleich. Stets hat sie den Verlockungen des Ruhmes widerstanden und ist daher auch nicht seinen Gefährdungen erlegen. Sie war eine Frau mit Würde, Wärme und dem notwendigen Maß an Eigensinn, das jung hält.
(Text von 2014)
Verfasserin: Gunna Wendt
Lexikoneintrag Lisa Della Casa im »Großen Sängerlexikon«
Zitate
Wir waren alle verliebt in sie, aber sie war halt unerreichbar.
(Christian Strauss, gefunden hier)
Sie ist keine Intellektuelle, sie ist nicht allzu belesen. Bei ihr hat alles eine normale gesunde Basis. […] Sie war eine Mimose und eine wuchtige Eiche zugleich.
(Dragan Debeljevic, gefunden hier)
Links
Lisa Della Casa – Ausstellung. Seite des Freundeskreises Lisa Della Casa.
Online verfügbar unter http://www.lisadellacasa.ch, zuletzt geprüft am 03.12.2017.
Internet Movie Database: Lisa della Casa. Filme.
Online verfügbar unter http://www.imdb.com/name/nm0142665/, zuletzt geprüft am 03.12.2017.
Katalog des Deutschen Musikarchivs: Della Casa, Lisa; 1919-. Tonträger.
Online verfügbar unter http://dispatch.opac.d-nb.de/DB=2.1/REL?PPN=118679333, zuletzt geprüft am 03.12.2017.
Suhm-Binder, Andrea (2004): Della Casa, Lisa. Biografie (engl.), Auswahldiskografie, Fotos, Hörbeispiel.
Online verfügbar unter http://www.cantabile-subito.de/Sopranos/Della_Casa__Lisa/della_casa__lisa.html, zuletzt geprüft am 03.12.2017.
Tamino Klassikforum: Lisa della Casa – die Grande Dame der Opernbühne! Forumthread mit Hinweis auf zahlreiche Tonträger.
Online verfügbar unter http://www.tamino-klassikforum.at/thread.php?threadid=8720, zuletzt geprüft am 03.12.2017.
Literatur & Quellen
Zum Weiterlesen: Wendt, Gunna; Faltermeier-Prestl, Monika (2008): Lisa Della Casa. Von der Arabella zur Arabellissima. Frauenfeld, Stuttgart, Wien: Huber.
Debeljevic, Dragan (1975): Ein Leben mit Lisa Della Casa oder »In dem Schatten ihrer Locken«. 2., korrigierte und ergänzte Auflage. Zürich, Freiburg im Breisgau. Atlantis-Musikbuch-Verlag. 1990. ISBN 3-254-00164-8. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Wendt, Gunna; Faltermeier-Prestl, Monika (2008): Lisa Della Casa. Von der Arabella zur Arabellissima. Frauenfeld, Stuttgart, Wien. Huber. ISBN 978-3-7193-1484-2. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Bildquellen
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